Süddeutsche Zeitung

Djokovic gewinnt die Australian Open:Sein vielleicht bestes Match

Lesezeit: 3 min

Von Barbara Klimke, Melbourne

Bei Einbruch der Dunkelheit betraten zwei ältere Herren unter großem Applaus die Arena im Melbourne Park, die eine große Tennisrivalität verband. Weißhaarig inzwischen, aber immer noch von bewundernswert athletischer Statur, präsentierten Rod Laver, 80, und Roy Emerson, 82, Australiens Tennis-Idole, gemeinsam den Pokal der Australian Open. Emerson hob das Silberstück noch einmal in die Höhe, ehe er sich zu seinem Ehrenplatz begab. Als ahne er bereits, was sich zwei Stunden später ereignen sollte.

Kurz vor zehn Uhr abends stemmte Novak Djokovic unter dem Jubel der Zuschauer die Schüssel in die Höhe: Er bezwang im Finale den Spanier Rafael Nadal 6:3, 6:2, 6:3 und ist nun der Erste in der Geschichte der Australian Open, der diese Trophäe sieben Mal gewinnen konnte. Djokovic, 31, hat damit sowohl Roger Federer aus der Schweiz als auch Roy Emerson in der Bestenliste dieses Turniers übertroffen, die beide jeweils sechs Mal gesiegt hatten.

Insgesamt ist er jetzt bei 15 Titeln bei den Grand-Slam-Turnieren, den vier wichtigsten Championaten in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York angelangt, und dabei muss es nicht bleiben. Rod Laver jedenfalls stellte bereits eine gewagte Prognose auf: Der serbische Tennis-Dominator, so wird er von The Metro zitiert, habe "mit Sicherheit" das Potenzial, auch Federers historischen Rekord zu knacken.

Bis dahin wäre es allerdings noch ein Weilchen hin: Federer, 37 Jahre alt, steht bei 20 Grand-Slam-Siegen, der fünf Jahre jüngere Nadal bei 17. Aber zumindest hat Djokovic am Sonntag in einem Finale gegen seinen spanischen Dauerkonkurrenten, das viele Zuschauer in seiner Einseitigkeit erstaunte, eine Demonstration seiner derzeitigen Virtuosität gegeben. "Vor einem Jahr hatte ich eine Ellbogenoperation", sagte er bei der Siegerehrung: "Es ist wirklich wunderbar und kaum zu glauben, dass ich hier stehe und diesen Grand-Slam-Titel gewonnen habe."

Nadal, Nummer zwei der Weltrangliste, war ohne Satzverlust in dieses Endspiel gegen Djokovic, die Nummer eins, gegangen, das längst ein Klassiker ist. Zum 53. Mal standen sich beide am Sonntag seit 2006 gegenüber. Die Bilanz: 28:25 für den Serben. Nur einmal allerdings hatten sie zuvor ein Finale der Australian Open ausgespielt, ein denkwürdige Match 2012, das nach 5:53 Stunden mit Djokovic' Sieg als längstes in die Grand-Slam-Historie einging.

Dass es diesmal flotter ging, war auch Nadal zuzuschreiben, der bereits nach neun Minuten 0:3 zurücklag; nur ein Punkt war ihm zu diesem Zeitpunkt geglückt. Die Furche zwischen seinen Augenbrauen wurde immer tiefer. Djokovic agierte selbstbewusst, sicher, souverän: Im gesamten ersten Durchgang gestattete er dem Gegner bei eigenem Aufschlag nur einen Punkt. Nadal besiegelte den Satzverlust, seinen ersten in den vergangenen zwei Wochen, mit einem Vorhandschlag ins Netz. Es wurde fortan nicht viel besser, und nichts verdeutlichte Nadals Probleme besser als seine Vorhand, mit der er sich 15 seiner insgesamt 28 Fehler leistete. Djokovic habe "fantastisches Tennis" zelebriert, sagte Nadal danach. Das Fazit zur eigenen Leistung lautete schlicht: "Es war nicht mein Tag."

Tatsächlich war es eine bemerkenswert instabile Leistung, zumal Nadal im Halbfinale den 20-jährigen Griechen Stefanos Tsitsipas, den Bezwinger Roger Federers, noch in drei Sätzen vom Platz gefegt hatte. Gerade in seinen sechs unangefochtenen Matches in Melbourne aber sah der Weltranglisten-Zweite den Grund der Misere. Er habe kaum unter Druck gestanden und zwei Wochen lang jedem Gegnern offensiv das Spiel diktieren können, sagte er nach der Finalniederlage: "Ich musste so gut wie nie defensiv spielen - außer im Training." Gegen den Besten der Zunft, Novak Djokovic, könne er derart schlecht präpariert nicht bestehen, wenn ihm die Bälle um die Ohren fliegen.

Ohnehin glaubte Nadal, dass er nach seiner langen Verletzungszeit der größten Herausforderung seines hartnäckigsten Gegners noch nicht gewachsen war. Bei den US-Open vor fünf Monaten hatte er sein letztes Match unter Wettkampfbedingungen bestritten, dort musste er wegen seiner chronischen Knieverletzung im Halbfinale vorzeitig aufgeben. Danach ließ er sich am Sprunggelenk operieren. "Das superhohe Niveau, das ich hier brauchte, habe ich nicht", analysierte er nüchtern.

Der Aufstand der Jugend muss noch warten

Novak Djokovic hat nun drei Grand-Slam-Turniere in Serie gewonnen, in Wimbledon, New York und Melbourne. Und am Sonntag bei den Australian Open hat er auch den härtesten Rivalen in die Schranken gewiesen. Nichts verdeutlicht deshalb die aktuelle Situation im Tennissport besser als dieses Finale: Djokovic ist eine Klasse für sich, Nadal kann gegen ihn, außer auf Sandplätzen, nur in Bestform bestehen. Und um gesicherte Aussagen über das Leistungsvermögen von Federer zu treffen, der im Achtelfinale scheiterte, muss man wohl auf die Rasensaison warten.

Den Aufstand der Jugend, der seit Jahren beschworen wird, brauchte dieses Trio bis Sonntag nicht zu fürchten. Noch hatte keiner der Youngster die Kraft, diese Denkmäler vom Sockel zu stoßen; sieht man von Tsitsipas ab, der bei seinem Sieg gegen Federer zumindest am Podest gerüttelt hat.

Apropos Denkmal: Roy Emerson, der die Australian Open zwischen 1961 und 1967 sechsmal gewonnen hatte, war nicht begeistert, dass Djokovic ihm nun den Rekord wegschnappte: "Ich habe ja nicht mehr so viele davon", sagte er und lachte.

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SZ vom 28.01.2019
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