Süddeutsche Zeitung

Mourinho nach dem Supercup-Finale:José, der Trotzkopf

Lesezeit: 3 min

Trainer José Mourinho hat das nächste Duell gegen seinen ungeliebten Kollegen Pep Guardiola verloren - diesmal besonders dramatisch mit dem FC Chelsea gegen den FC Bayern. Mourinho fühlt sich um den Sieg betrogen. Denn natürlich war der Schiedsrichter schuld - und die unfairen Bayern-Spieler.

Von Thomas Hummel, Prag

Wenn jemand anderer Meinung als José Mourinho ist, dann wirkt dieser 50-jährige Mann immer noch wie ein trotziger Bub, dem die Eltern sagen, er dürfe heute Abend das Fußballspiel im Fernsehen nicht anschauen, sondern müsse vorher ins Bett gehen. Seine Brauen ziehen sich tief in die Augen, die Gesichtsmuskeln spannen sich an, der Blick fällt auf den Boden und er sagt Dinge wie: "Ich habe meine Meinung, ich darf meine Meinung haben, auch wenn ich weiß, dass sie einigen nicht gefallen wird, dennoch werde ich meine Meinung äußern."

Nach dem Uefa-Supercup-Endspiel saß José Mourinho auf dem Podium des Eden Stadions in Prag und sah bisweilen aus wie ein trotziger Bub. Sein FC Chelsea hatte gegen den FC Bayern gerade im Elfmeterschießen 6:7 verloren. Die Niederlage war schmerzlich, weil Javier Martínez für die Münchner erst in der 121. Minute ausgeglichen hatte zum 2:2, und weil eine Niederlage im Elfmeterschießen immer schmerzlich ist. Doch Mourinho wollte überhaupt nicht einsehen, dass der FC Bayern über die gesamte Spielzeit schlicht besser war.

Die Meinung des José Mourinho lautete: "Das bessere Team hat verloren. Als Martínez das Tor schoss, fühlte ich, dass es nicht verdient war." Immerhin gab er sich zunächst noch abgeklärt: "Aber das ist Fußball."

Umso länger die Runde dauerte, umso verbitterter wurde Mourinho. Es musste ja die Sprache auf die Hinausstellung seines Mittelfeldspielers Ramires kommen. Nach allgemeinem Befinden war diese nach einem Foul gegen Mario Götze (85.) sehr berechtigt, doch Mourinho hat eben seine ganz eigenen Meinungen.

"Die Leute, die für den Fußball leben, fühlen, dass es eine sehr wichtige Regel gibt: Du tötest kein Finale mit einer zweiten gelben Karte wie dieser", schimpfte der Trainer. In England, wo die Leute das Spiel liebten, da wäre einem solchen Foul keine gelbe Karte gefolgt. Da gehe man hin zu den Spielern des FC Bayern und erkläre ihnen: "Don't dive, play fair" - macht keine Schwalben, spielt fair.

Doch damit nicht genug. Jetzt kam alles raus aus diesem Mourinho, der sich jahrelang abgearbeitet hat am FC Barcelona und dessen Trainer Pep Guardiola. Der dem Konkurrenten Guardiola zumeist die großen Siege überlassen musste und dabei immer wieder sah, wie seine Teams wegen Fouls dezimiert wurden. Mourinho kennt sie noch alle, diese Duelle. Er kann sie aus dem Stegreif aufzählen.

Mit Inter Mailand überstand er 2010 noch das Champions-League-Halbfinale in Unterzahl in Barcelona. Mit Real Madrid verlor er gegen die Katalanen viele Partien, oft flogen Madrider Spieler dabei wegen überhartem Einsatz vom Platz. Nie sah Mourinho die Richtigkeit der Entscheidungen der Schiedsrichter ein, immer kolportierte er eine Bevorzugung des FC Barcelona und des Pep Guardiola.

Auch diesmal monierte er schon während des Spiels, wie ungerechtfertigt er Ramires' gelb-rote Karte befand. Er sprach in der Pause vor der Verlängerung minutenlang auf Schiedsrichter Jonas Eriksson und dessen Assistenten ein. Später sollte er sich zuerst selbst loben, weil er mit seiner großen Erfahrung als Trainer sein Team auch mit zehn Mann gut einstellen konnte. "Auch wenn meine Spieler müde waren, konnten sie gut dagegen halten und sogar ein Tor schießen."

Doch dann eben wieder dieser Schiedsrichter, der nichts richtig machen kann - so Mourinhos Eindruck. Jonas Eriksson "zeigte sich sehr enthusiastisch, in beiden Halbzeiten noch eine Minute nachspielen zu lassen", erklärte Mourinho sarkastisch. In der letzten Nachspielminute der Verlängerung fiel das 2:2. "Ich bin eben ein unglücklicher Mann. Aber zieht selbst eure Schlüsse draus", sagte er zum Abschluss in die Runde. Der Schluss kann selbstredend nur sein: Wenn ein Mourinho verliert, dann nur, weil eine böse Macht ihn nicht gewinnen lässt. Und nicht, weil der Gegner besser Fußball spielt und sich seine Spieler bisweilen nur mit Fouls zu helfen wissen.

Mourinho hat also wieder einmal gegen Guardiola verloren. Die beiden verbindet seit ihren gemeinsamen Jahren als Trainer von Real Madrid und Barcelona eine innige Fehde.

Was sagt also der Bayern-Trainer dazu, dass Mourinho in Chelsea den verdienten Sieger sah? "Ah. Das ist wohl seine Meinung. Er kann das sagen." Er selbst meinte: "Ja, die bessere Mannschaft hat gewonnen." Also sein FC Bayern.

Es war Guardiola merklich unangenehm über den Kollegen oder dessen Aussagen zu sprechen. Es wiederholte sich in Prag, was Guardiola-Biograph Guillem Balagué einmal so beschrieb: "Wenn Pep über Mourinho spricht, ragt plötzlich eine unsichtbare Mauer auf. Seine Nackenmuskeln straffen sich, die Schultern werden hochgezogen und er sieht dem Gesprächspartner nicht mehr in die Augen." Genauso präsentierte sich Pep Guardiola nun auf dem Podium vor der internationalen Presse.

Er versuchte, die Beherrschung nicht zu verlieren, sprach von Respekt für Mourinho als Trainer. Doch auf den Schiedsrichter angesprochen, wurde er ein wenig lauter. "Es ist immer das gleiche, es ist eine Frage an den Schiedsrichter, nicht an mich. Ich bin ein Trainer."

Mehr Widerworte gegen José Mourinho konnten ihm selbst die subtilsten Fragesteller nicht entlocken. Und so gab Franck Ribéry den hellsten Einblick in die Seele des Pep Guardiola, als der Franzose nach dem Spiel sagte: "Wir sind glücklich für den Trainer. Das war wichtig für ihn, es gibt da eine große Konkurrenz mit Mourinho."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1759348
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.