Guardiola vs. Mourinho beim Supercup:Endspiel für Pep und Mou

Das Supercup-Duell zwischen dem FC Bayern und dem FC Chelsea erfährt durch die Begegnung der Trainer besondere Würze. In Spanien haben Pep Guardiola und José Mourinho hitzige Duelle ausgetragen. Insbesondere Mourinho ließ keine Gelegenheit ungenutzt, Guardiola anzugreifen. Die Geschichte einer Fehde.

Von Thomas Hummel, Prag

Es spricht für die Hinterhältigkeit des Schicksals, dass Pep Guardiola und José Mourinho nun ein Endspiel austragen: das Finale um den Uefa Supercup in Prag (Freitag, 20.45 Uhr, Liveticker bei SZ.de). Keiner von beiden hat dafür etwas geleistet, weder hat der eine den FC Bayern zum Champions-League-Sieg geführt, noch der andere den FC Chelsea zum Erfolg in der Europa League. Aber so ist das eben, wenn man die allerbesten Klubs trainiert - irgendwann läuft man sich über den Weg. Ob man will oder nicht.

Mindestens für Pep Guardiola ist das ein zweifelhaftes Vergnügen. In seiner Zeit beim FC Barcelona hat er gelitten wie selten ein Trainer unter dem Konkurrenzkampf mit dem härtesten Mitbewerber. Guillem Balagué hat das als Autor der im Frühjahr erschienenen Guardiola-Biografie "Another way of winning" in einem 50-seitigen Kapitel ausführlich dargelegt. Doch dazu später.

José Mourinho hat sich vor dem Supercup-Spiel der alten Taktik hingegeben und lustvoll gegen den empfindsamen Guardiola gestichelt. "Der FC Bayern des Jupp Heynckes war das beste Team Europas. Jetzt haben sie einen neuen Trainer und neue Spieler - und ich bin nicht mehr sicher, ob sie immer noch so gut sind", zeigte er am Wochenende sicheres Gespür für die wunde Stelle des Gegners. Denn das ist ja die entscheidende Frage: Kann Guardiola an die Erfolge von Jupp Heynckes anschließen? Oder scheitert er daran, einen Triple-Sieger zu übernehmen?

Am Tag vor dem Spiel in Prag wirkte Mourinho genervt. "Es geht nicht um mich gegen Pep. Es geht um Chelsea und um Bayern München und um den Gewinn des Supercups", erklärte er. Auf die Frage, ob er seine Bilanz von 4:8 (bei fünf Unentschieden) gegen Guardiola aufbessern könne, wurde er regelrecht ungehalten. "Ihre Statistiken sind falsch", giftete er den Reporter an, "sehr falsch, sehr falsch, aber ich will das nicht diskutieren, weil es nicht wichtig ist. Ich sage nur, dass sie falsch sind. Aber vielleicht haben Sie ja auch recht und ich liege falsch, aber das ist mir auch egal."

Pep Guardiola ging wie (fast) immer in seiner Laufbahn nicht öffentlich auf das Duell mit Mourinho ein. "Chelsea hat einen super Trainer - und Bayern auch", sagte er. Für ihn musste jemand anderes beim FC Bayern die Abteilung Gegenattacke übernehmen. Dafür gibt es Uli Hoeneß. Der Präsident äußert sich seit dem Beginn seiner Steueraffäre kaum noch öffentlich, auf der Reise nach Prag eröffnete er indes: "Es geht ums Prestige. Unser Trainer wird ziemlich heiß sein."

Pep Guardiola haben die Duelle mit José Mourinho schon mal in den überhitzten Bereich getrieben. Das war während der legendären Clásico-Serie im April 2011 mit vier Partien zwischen Barcelona und Real binnen 18 Tagen. Da entsponn sich eine turbulente Feindschaft zwischen den Trainern. Dabei hatten sich die beiden einmal richtig gern.

Der Lebensweg von Guardiola und Mourinho kreuzte sich zum ersten Mal 1996. Zusammen mit seinem damaligen Cheftrainer Bobby Robson wechselte der als Dolmetscher angestellte Mourinho von Porto nach Barcelona, wo Guardiola eine zentrale Figur auf dem Platz war. Mourinho wirkte aber eher als Ko-Trainer des Briten. Biografie-Autor Balagué beschreibt, dass sich in dieser Zeit zwei Seelenverwandte trafen. In ihrer Obsession um das Spiel hätten sie nach dem Training immer wieder stundenlang zusammengesessen. Guardiola erzählt im Buch, dass sie sich besprachen, wenn sie Zweifel hatten und Ideen austauschten. Mourinho blieb vier Jahre Ko-Trainer in Barcelona.

Doch der Portugiese ist kein Freund der Harmonie. Das mussten viele Beteiligte des Fußballgeschäfts erfahren. Mourinho teilte gegen Trainerkollegen, Schiedsrichter, Fans oder die Verbände aus. Sein Hang zum Verfolgungswahn und eine bissige "Wir-gegen-die Welt"-Psychologie begleiten den 50-Jährigen durch seine Karriere. Weil ihm der FC Barcelona damals die Beförderung zum Chef verweigerte und der Klub Anfang des neuen Jahrtausends der sportlich größte vorstellbare Feind war, den er sich aussuchen konnte, arbeitete er sich förmlich an den Katalanen und dessen bewunderten Trainer Guardiola ab.

Am Ende stand Guardiolas Rücktritt

Die Fehde begann noch als Trainer von Inter Mailand. Zum Hinspiel im Champions-League-Halbfinale 2010 musste der FC Barcelona 14 Stunden mit dem Bus anreisen, weil wegen des Ausbruchs eines isländischen Vulkans in Europa kein Flugzeug starten durfte. Barcelona verlor 1:3 und Guardiola entschuldigte seine Mannschaft damit, dass sie aufgrund der langen Anreise müde gewesen sei. Für Mourinho eine Steilvorlage zum Gegenangriff: "Es ist immer schwer, wenn man verliert, vor allem für diejenigen, die nicht daran gewöhnt sind", giftete er. Dass Inter Mailand das Rückspiel trotz einer roten Karte gegen Thiago Motta überstand und ins Finale einzog, geriet für ihn zu einer großen Genugtuung.

Wenig später holte Real Madrid Mourinho, um endlich die Dominanz des FC Barcelona zu brechen. Und Mourinho wirkte mit allen Tricks und Machenschaften, auf und auch neben dem Platz. Für den empfindlichen Fußball-Philosophen Pep Guardiola begann eine schwierige Zeit. Als sie vorbei war, sollte Balagué die Wirkungen so beschreiben: "Wenn Pep über Mourinho spricht, ragt plötzlich eine unsichtbare Mauer auf. Seine Nackenmuskeln straffen sich, die Schultern werden hochgezogen und er sieht dem Gesprächspartner nicht mehr in die Augen. Er fühlt sich bei dieser Art von Unterhaltung sichtlich unwohl, und es wird deutlich, dass er gerne zu einem anderen Thema übergehen würde. Er hat das Gefühl, persönlich angegriffen worden zu sein."

Im ersten Spiel unter Mourinho hatte Real in Barcelona 0:5 verloren. Der Portugiese nannte es seine "größte Niederlage" und Guardiola sprach stolz von einem Sieg mit "weltweiter Ausstrahlung". Das konnte Mourinho nicht auf sich sitzen lassen. Als es dann im April 2011 zu vier Aufeinandertreffen (einmal Liga, einmal Pokal, zweimal Champions-League-Halbfinale) kam, spitzte sich das Duell zu.

Mourinho beschuldigte Barcelona und auch Guardiola persönlich ständig, Schiedsrichter und Verbände zu beeinflussen und auf ihre Seite zu ziehen. Beweise seien die aus seiner Sicht häufigen Fehlentscheidungen der Unparteiischen zugunsten Barcelonas. Dabei stachelte er seine Mannschaft etwa im Pokalfinale zu einer Spielweise am Rande der Körperverletzung an.

Guardiola soll in diesen Tagen bei Freunden geklagt haben, wie schwer das alles für ihn sei. Nachdem Real das Pokalfinale gewonnen hatte, platzte Guardiola vor dem dritten Clásico in dieser Serie der Kragen und er wehrte sich erstmals öffentlich. "Da Herr Mourinho meinen Namen erwähnt und mich Pep genannt hat, werde ich ihn José nennen", sagte er während einer Pressekonferenz: "Ich weiß nicht, welche Kamera die von Herrn José ist. Das müssen wohl die alle sein." Guardiola fuhr fort: "Außerhalb des Platzes hat er gewonnen, die ganze Saison und auch in Zukunft wird das so sein. Er kann seine persönliche Champions League jenseits des Platzes haben. Prima. Er soll seine Freude daran haben, ich gönne sie ihm." Und später verwies er auf die Hoheit in einem Presseraum: "In diesem Raum in er der beschissene Boss, der beschissene Chef."

Barcelona gewann das Hinspiel 2:0, und weil Real-Spieler Pepe Rot sah, sah sich Mourinho wieder beraubt. Er würde sich schämen, die Champions League so zu gewinnen wie Guardiola das tue, schimpfte er.

Die Auseinandersetzung erfuhr noch eine weitere Steigerung im Supercup-Duell der folgenden Saison. Wieder gewann Barcelona, wieder flog ein Real-Spieler vom Platz, die vergiftete Atmosphäre gipfelte in einer handfesten Keilerei nach dem Spiel. Als Mourinho plötzlich Guardiolas damaligem Ko-Trainer Tito Vilanova mit dem Zeigefinger ins Auge pikste.

Am Ende der Saison erklärte Guardiola erschöpft seinen Rücktritt in Barcelona und die ewigen Duelle mit dem aggressiven Kollegen in Madrid trugen ihren Teil dazu bei. Balagué zitiert ihn so: "Ich habe keine besonders glücklichen Erinnerungen an diese Barca-Madrid-Spiele. Ich habe diese Spiele nicht genossen, weder im Sieg noch in der Niederlage. Immer war etwas dabei, dass einen schlechten Nachgeschmack hinterließ."

Mourinho hingegen erklärte, dass die Fehde sich rein auf den beruflichen Bereich bezog und persönlich mit Guardiola alles in bester Ordnung sei. "Ich respektiere ihn so sehr, wie ich denke, dass er mich respektiert, und zwischen uns gibt es keine persönlichen Probleme, ganz im Gegenteil." Am Freitagabend im Prager Stadion Eden werden sich die beiden am Rande des Platzes wieder einmal begegnen.

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