Süddeutsche Zeitung

Hamburger SV in der Bundesliga-Relegation:Mit Herzrasen ins Endspiel

Lesezeit: 2 min

Dem HSV droht in der allerletzten Partie dieser Saison gegen Karlsruhe der Abstieg - gerade jetzt fehlen Trainer Bruno Labbadia entscheidende Profis. Stürmer Ivica Olic will trotz eines alarmierenden Zwischenfalls dabei sein.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Durch die Waschanlage hat Bruno Labbadia die Profis des Hamburger SV nicht geschickt wie kürzlich sein Trainer-Kollege Tomas Oral die Zweitligaspieler des FSV Frankfurt. Oral wollte symbolisch die zuvor gesammelten Negativ-Erlebnisse abspülen lassen, was tatsächlich mit dem Klassenverbleib belohnt wurde. Labbadias Ideen zur Stimmungsaufhellung waren bodenständiger. In den Kurz-Trainingslagern in Malente nahm er Luftgewehrschießen, Paddeln und ein Lagerfeuer ins Programm, bei der vorletzten Übungseinheit im Volkspark hat er ein Fußball-Tennis-Turnier angeordnet.

Die personellen Sorgen vor dem Relegations-Rückspiel am Montag um 19 Uhr beim Karlsruher SC (Hinspiel 1:1) hätte er allerdings auch nicht mit einem Vollwaschgang beseitigen können. Denn in Karlsruhe fehlen nicht nur die beiden kampfstärksten Profis der letzten Wochen, Heiko Westermann und Gojko Kacar, mit einer Gelbsperre. Labbadia erhielt am Freitagabend eine andere erschreckende Nachricht.

Stürmer Ivica Olic war mit einem allergischen Schock mit Blaulicht ins Altonaer Krankenhaus eingeliefert worden. Sein Körper hatte ein Medikament nicht vertragen, das ihm wegen seiner Rückenschmerzen verabreicht worden war. Herzrasen und Unwohlsein hatte ihn 20 Minuten in größte Unruhe versetzt. Er blieb über Nacht im Hospital, wurde erst am Morgen entlassen und sagte: "Ich möchte unbedingt dabei sein."

Am Sonntag trabte Olic, 35, beim Abschlusstraining tatsächlich über den Platz. Gleichwohl ist ungewiss, ob der erfahrenste HSV-Profi wirklich in der Start-Elf steht bei jenem Spiel, das über das Hamburger Bundesliga-Schicksal entscheidet. Immerhin wirkten auch die angeschlagenen Ivo Ilicevic (Adduktoren), Petr Jiracek (Knie) und Pierre-Michel Lasogga (Schulter) mit bei der letzten Übungseinheit, bevor die Chartermaschine um 17 Uhr abhob.

Profitieren von Kacars Ausfall könnte Rafael van der Vaart. Der Niederländer könnte ein letztes Mal zeigen, dass er für seinen Lieblingsklub mehr übrig hat als ein paar warme Worte, bevor er den Hamburger SV verlässt. Immerhin gewann der im Hinspiel gegen Karlsruhe nicht eingesetzte Kapitän zusammen mit Lewis Holtby und Dennis Diekmeier das Fußball-Tennis-Turnier. Zudem gilt er als sicherer Elfmeterschütze (hat in dieser Saison drei verwandelt), was ja durchaus am Montagabend noch wichtig werden könnte.

Klubmanager Bernd Wehmeyer hat am Sonntag vor Fernsehpublikum ein letztes Mal das Selbstbewusstsein eines Erstligisten zur Schau gestellt. Er hob die "Moral" der HSV-Mannschaft hervor, die Labbadia trotz aller fußballerischen Mängel geweckt habe. Der neue Coach setzt weiterhin auf intensiven Austausch mit den Profis. Besonders auf Lasogga, den Retter des vergangenen Jahres beim 1:1 im Relegationsspiel in Fürth, versucht er, stark zu machen.

Auf den sensiblen Torjäger (nur vier Treffer in dieser Saison) hat er minutenlang eingeredet. Schon einmal hat der frühere Stürmer Labbadia damit Erfolg gehabt. Gegen den FC Augsburg traf Lasogga gleich zweimal, nachdem sein Coach ihm den Rücken besonders gestärkt hatte.

Verteidiger Dennis Diekmeier, der seine sechste Relegationspartie spielt (bisher gingen die Endspielen für ihn stets gut aus) und damit den Rekord von Kurt Knoll (Homburg, Saarbrücken) aus den Achtzigerjahren einstellt, sagt: "Wir werden es auch diesmal schaffen, denn wir werden als Team alles geben." Am Montagabend weiß man, ob die Moral reichte, dieses Versprechen einzuhalten.

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SZ vom 01.06.2015
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