Süddeutsche Zeitung

Fußballskandal:Der Strippenzieher in der DFB-Affäre packt ein bisschen aus

Lesezeit: 2 min

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Zwei Funktionäre unterschrieben am 2. Juli 2000 einen Vertrag: Franz Beckenbauer, damals Chef der deutschen WM-Bewerber, und Jack Warner, skandalumtoster Fifa-Wahlmann aus der Karibik. Vereinbart wurden attraktive Hilfsleistungen für Warners Verband, dazu ein dickes WM-Ticketpaket für Warner persönlich - nur vier Tage vor Vergabe der WM 2006. Bei der Bewertung der Frage, wie sauber Deutschland den Zuschlag erhielt, spielt dieser Kontrakt eine zentrale Rolle. Die Interims-Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wertet ihn zumindest als "Bestechungsversuch".

Nun meldete sich ein damals Beteiligter erstmals detaillierter zu Wort: Fedor Radmann, Beckenbauers enger Begleiter und angeblich Mitverfasser des Schriftstücks, spricht gegenüber diversen Medien von einem "Beruhigungsvertrag". Eine bemerkenswerte Formulierung. Radmann beteuert zwar erneut, es habe keine Bestechung gegeben, der Vertrag sei nie umgesetzt worden und Warner habe ein Ja für Deutschland damals immer ausgeschlossen. Aber er räumte ein, dass der Vertrag ein fragwürdiges Ziel gehabt habe: Warners Verhalten vor der Vergabe zu beeinflussen.

"Wir wollten ihn uns vom Hals halten"

"Wir wollten verhindern, dass er gegen uns arbeitet. Wir wollten verhindern, dass er andere Wahlmänner beeinflusst, auch noch gegen uns zu stimmen", sagte Radmann. "Wir wollten ihn uns quasi vom Hals halten." Zumindest ist nun zu klären, worin der Unterschied liegt zwischen einem Vertrag, der verhindern soll, dass als sicher geltende Voten verloren gehen, und einem, der eine Stimme sichern soll.

Indes ist unklar, ob Radmanns andere Behauptungen zutreffen. Ob der Beckenbauer-Vertrag umgesetzt wurde, prüft noch die Kanzlei Freshfields im DFB-Auftrag. Das dort avisierte Ticketgeschäft hätte Warner einen Profit im sechsstelligen Bereich beschert. Fakt ist, dass er rund um die WM 2006 absahnte - über ein Kartenkontingent, das seinem Heimatverband Trinidad zustand, der überraschend dabei war.

Ein Insider sagt: Warner habe für Deutschland gestimmt

Zu Warners Wahlverhalten gehen die Meinungen auseinander. Nach gängigem Erklärungsmuster kam beim 12:11 über Südafrika das Votum für Deutschland aus Europa (acht) und Asien (vier). Branchenkenner Elias Zaccour, lange Jahre enger Freund von Ex-Fifa-Präsident João Havelange, für die Deutschen im Umfeld der WM-Kür 2006 aktiv und auch ein Vertrauter Warners, sagte der SZ im Juni 2013 in Rio de Janeiro, ein Asiate sei ausgeschert - und Warner habe für Deutschland gestimmt.

Zudem ist der "Beruhigungsvertrag" nicht die einzige Spur in die Karibik. Schweizer Ermittler prüfen, ob die 6,7 Millionen Euro, die der damalige Adidas-Eigner Robert Louis-Dreyfus 2002 angeblich den Deutschen vorstreckte und 2005 auf verschleiertem Weg zurückerlangte, auf Konten in Warners Einflussbereich landeten.

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Quelle:
SZ vom 12.02.2016
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