Süddeutsche Zeitung

Leipzigs Emil Forsberg:Der beste Foppa

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Emil Forsberg greift mit RB Leipzig nach zwei Titeln und könnte damit auch eine besondere Familiensaga schmücken: Sein Opa und sein Vater werden im schwedischen Sundsvall verehrt.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Emil Forsberg hat schon häufiger betont, dass Leipzig für ihn zu einem Idyll geworden ist, selten aber so eindeutig wie in den vergangenen Tagen. Und was man ebenfalls sagen kann: dass diese Zuneigung längst auf Gegenseitigkeit beruht. Zu Beginn des Jahres wurde die Liste jener Namen bekannt, die allen Neugeborenen in Leipzig im Jahr 2021 verpasst wurden. Und siehe, ganz an der Spitze steht: Emil.

Die Vermutung, dass das mit Forsberg, dem Spielmacher von RB Leipzig, in Verbindung steht, liegt auf der Hand. Denn der Namensforscher Knud Bielefeld stellte für 2021 fest, dass "Emil" es bundesweit nur knapp unter die Top 10 geschafft hatte. Verbürgt ist, dass Forsberg die Popularität seines Namens schmeichelt. Anzunehmen ist, dass sie kaum abnehmen wird - nicht in diesem Jahr.

RB Leipzig darf sich im Moment ja gleich zwei Titeln nahe fühlen, und das hat auch mit Emil Forsberg zu tun. In der vergangenen Woche erzielte Schwedens Fußballer des Jahres 2021 in der Nachspielzeit des DFB-Pokal-Halbfinales gegen Union Berlin das 2:1-Siegtor. Leipzig wird daher mit dem SC Freiburg das Endspiel um den Goldpott in Berlin (21. Mai) austragen. Am Donnerstag empfängt RB nun zudem die Glasgow Rangers zum Hinspiel im Semifinale der Europa League, und auch wenn die Schotten Borussia Dortmund aus dem Wettbewerb warfen: Leipzigs Chancen auf die Endspielreise nach Sevilla (18.Mai) könnten schlechter stehen.

"Wir haben was vor. Wir wollen hier was Großes gewinnen", sagte Forsberg dieser Tage - und bezog sich mit "wir" speziell auf die anderen Dienstältesten im Leipziger Kader. Auf Spieler wie Peter Gulacsi, Yussuf Poulsen oder Willi Orban, mit denen Forsberg nach vielen gemeinsamen Jahren den Senat bei RB bildet. Aber vor allem meinte der 30-Jährige: sich selbst. Denn ein Titel mit Leipzig, egal welcher, wäre zugleich der erste Titel, der eine besondere Familiensaga schmücken würde.

In dieser Saison ist Forsberg häufig von der Bank gekommen - in der Bundesliga bei zehn von 18 Einsätzen

Forsberg ist direkter Abkömmling einer Fußballerfamilie, er ist der Jüngste der "Foppas". In seiner Heimat Schweden wird Emil "Mini-Foppa" genannt, weil er der Sohn des "Lill-Foppa" und der Enkel des echten "Foppa" ist. Der Spitzname "Foppa" ist eine bedeutungslose Verballhornung des Nachnamens Forsberg. Der ursprüngliche "Foppa", Emils Großvater Lennart, debütierte 1945 für GIF Sundsvall, im Alter von 17 Jahren. Schon der "Lill-Foppa" tat es ihm 1980 nach, auch er debütierte bei Sundsvall mit 17. Und das tat dann auch Emil "Mini-Foppa" Forsberg - im Jahr 2009.

"Natürlich habe ich ihm den gleichen Rat gegeben, den mir auch mein Vater gegeben hatte. Er lautete: Hab' Spaß!", erzählt Leif Forsberg, 58, am Telefon; "Ich finde, man sieht seinem Spiel an, dass er das beherzigt."

Es habe im Fußballer-Leben von Emil Forsberg nur eine Phase gegeben, in der man den Eindruck bekommen hätte können, dass ihm der Spaß fehlte, berichtet der Vater. Als Emil zehn, elf Jahre alt war und noch zu schmächtig, um mitzuhalten, da sei es vorgekommen, dass er bei wichtigen Spielen nicht berücksichtigt wurde. Er habe geschmollt - ganz so wie im vergangenen Jahr, als der Offensivspieler mit einem kilometerlangen Gesicht auf der Tribüne im Berliner Olympiastadion saß: Leipzigs damaliger Trainer Julian Nagelsmann (heute FC Bayern) hatte Forsberg im Pokalfinale gegen Dortmund (1:4) nicht in die Startelf berufen. Das traf ihn hart.

"Ich liebe die großen Spiele", betonte Forsberg nach dem Pokalhalbfinale gegen Union. Wer wollte, konnte das als Bewerbung für die bevorstehenden Saisonhöhepunkte verstehen - zum Beispiel fürs Halbfinale gegen die Rangers. "Wir haben nur große Spiele", entgegnete RB-Trainer Domenico Tedesco am Mittwoch schmunzelnd auf die Frage, ob das Hinspiel gegen Glasgow in die Kategorie jener Partien falle, die Forsberg inspirieren und damit für die Startelf prädestinieren. In der laufenden Saison kam Forsberg häufig von der Bank - in der Bundesliga bei zehn von 18 Einsätzen.

Tedescos Sorgen kreisten vor der Partie gegen die Schotten allerdings um andere Dinge. Vor allem um den Umbau der Abwehr, denn Mohamed Simakan und Willi Orban fehlen gelbgesperrt. Und darum, dass das Hotel in Leipzig, in dem Tedesco noch immer logiert, von Rangers-Fans in Beschlag genommen worden ist: "Man hat mir gesagt, dass 200 Fans in dieses Hotel kommen. Ich bleibe dann in den nächsten zwei Tagen in unserer Akademie", sagte der Coach - und lächelte.

"Er ist der beste von uns allen", sagt Vater Leif Forsberg

Forsberg ist nur geringfügig länger in Leipzig als der Leitwolf Willi Orban - seit Januar 2015. Damals spielte RB noch in der zweiten Liga, der Schwede war heftig umworben, RB zahlte eine vergleichsweise hohe Ablöse an Malmö, angeblich 3,5 Millionen Euro. Die Leipziger sahen in Forsberg den Vertreter einer aussterbenden Spezies: einer "Nummer 10" fast schon alter Schule, gesegnet mit Dynamik, Tordrang, Übersicht. Leif Forsberg sagt: "Die, die sowohl meinen Vater als auch mich spielen sahen, sind sich sicher: Emil ähnelt mehr seinem Opa. Ich war eher ein Stürmer, mein Vater ein Regisseur. Und woran kein Zweifel besteht: Emil ist der beste von uns allen."

Emil Forsbergs Qualitäten auf dem Platz reiften bereits in der Zeit, als er ein kleiner Bub war, meint Vater Leif: "Fußball braucht auch Physis, und bei ihm entwickelte sie sich erst, als er 15, 16 Jahre alt war. Aber für ihn war das ein Segen. Vorher musste er lernen, sich durch Technik und Spielverständnis durchzusetzen." Den entscheidenden Reifeschub gab nach Ansicht von Leif Forsberg jedoch der Wechsel seines Sohnes nach Deutschland. Emil Forsbergs Vertrag bei RB gilt bis 2025; er hat bereits verkündet, zu bleiben. Im Sommer dürfte daher kaum Gerüchte über einen Forsberg-Weggang aus Leipzig aufkommen - im Gegensatz zu früheren Jahren.

Die spannendere Frage ist ohnehin, ob die dreijährige Tochter Florence die Familiensaga fortschreibt. Nicht nur ihr Uropa, ihr Großvater und ihr Vater waren im Berufsfußball tätig, sondern auch die Mutter, Shanga Hussain, die in Leipzig ihre Karriere als Fußballerin beendete.

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