Süddeutsche Zeitung

Eishockey:Hungrig in Rapperswil

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Der EHC München hat in der Champions Hockey League eine schwere Vorrundengruppe erwischt, aber große Ziele. Die Straubing Tigers sind einfach stolz, erstmals in ihrer Klubgeschichte dabei zu sein.

Von Christian Bernhard

Es dauerte nicht einmal sieben Spielminuten, da wurde im Münchner Fanblock bereits erstmals lautstark dem neuen Hoffnungsträger gehuldigt. "Niederberger, Niederberger, hey", tönte es aus der Kurve im Eissportzentrum Garmisch-Partenkirchen, in dem der EHC Red Bull München am vergangenen Sonntag zu Gast war, um sein letztes Vorbereitungsspiel zu absolvieren. 0:2 verlor er gegen den HC Litvinov aus Tschechien, zahlreiche teils sehr gute Offensivchancen ließ er ungenutzt. Mathias Niederberger, der deutsche Nationaltorhüter, der im Sommer von Meister Eisbären Berlin an die Isar gewechselt ist, präsentierte sich bei seinem ersten Einsatz im EHC-Trikot aber schon in sehr guter Verfassung. Mit mehreren starken Paraden, darunter zwei vereitelten Alleingängen, verhinderte er mehr Gegentore.

In Garmisch-Partenkirchen ging es für die EHC-Spieler ungewohnt volksnah zu. Konrad Abeltshauser erfüllte wenige Sekunden vor Beginn des Schlussdrittels sogar noch einen Selfie-Wunsch einer Anhängerin, als er auf der Strafbank Platz nahm, die in Garmisch-Partenkirchen wirklich eine Holzbank ist - und nur einen Meter, ohne Plexiglas-Abgrenzung, neben der Tribüne positioniert und damit relativ frei zugänglich.

"In dieser Gruppe darfst du dir nichts erlauben", ahnt Münchens Manager Christian Winkler

Jetzt wird es für die Münchner aber wieder ernst. Am Donnerstag starten sie mit einem Auswärtsspiel bei den Rapperswil-Jona Lakers aus der Schweiz (20 Uhr) in die Gruppenphase der Champions Hockey League (CHL). Nur zwei Tage später sind sie dann zu Gast beim slowakischen Rekordmeister Slovan Bratislava. Dritter Gruppengegner ist Tappara Tampere, an den Finnen scheiterte der EHC im Februar im Halbfinale. "In dieser Gruppe darfst du dir nichts erlauben", ahnt Münchens Manager Christian Winkler.

Trotz der namhaften Gruppengegner geht der EHC mit breiter Brust in den Wettbewerb - er weiß, was es braucht, um auf der internationalen Bühne weit zu kommen. Denn er hat Spieler, denen die CHL besonders gut liegt. So wie Angreifer Trevor Parkes, der in den drei vergangenen CHL-Spielzeiten 18 Tore für die Münchner erzielt hat. Auch deshalb stand der EHC vor sieben Monaten im Halbfinale, 2019 hatte er es sogar ins Endspiel geschafft. "Je näher du an dein Ziel kommst, desto größer wird der Hunger - besonders, wenn du es nicht erreicht hast", betonte Kapitän Patrick Hager. Auch der finanzielle Hunger kann in der CHL gestillt werden: Auf den Sieger warten 500 000 Euro Preisgeld. Im Vergleich zur Champions League im Fußball ein mickriges Sümmchen, doch für Eishockeyverhältnisse eine nicht zu verachtende Belohnung.

Um daran schnuppern zu können, muss der EHC nun in den Pflichtspielmodus umschalten, denn seine drei Vorbereitungsspiele verlor er allesamt (1:7, 4:5, 0:2). Kein Grund zur Panik, findet Andreas Eder, die Ergebnisse in der Vorbereitung seien "grundsätzlich völlig egal", es gehe um die Art und Weise, wie man spiele. Und die gefiel dem 26-Jährigen, speziell gegen Litvinov. Eder ist ein weiterer Neuer, oder besser gesagt: ein Rückkehrer. Nach drei Jahren in Nürnberg und Straubing, wo er zum gestandenen DEL-Profi reifte, kehrte der Stürmer im Sommer nach München zurück.

Die CHL-Teilnahme habe sich Straubing "durch unsere Entwicklung in den vergangenen Jahren verdient", findet Kapitän Schönberger

Seine diesjährigen CHL-Einsätze hat sich Eder redlich verdient, denn in der vergangenen Saison half er im Trikot der Straubing Tigers mit, dass sich auch die Niederbayern dafür qualifizierten. Das war ihnen bereits in der Saison 2019/20 gelungen, doch die darauffolgende CHL-Spielzeit fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. Jetzt aber können die Niederbayern erstmals in ihrer Klubgeschichte durch Europa touren, in der Gruppe F treffen sie auf Färjestad BK (Schweden), den Villacher SV (Österreich) und den polnischen Klub Comarch Cracovia aus Krakau, bei dem sie am Freitag ihr Debüt feiern.

Kapitän Sandro Schönberger verspürt "puren Stolz", die Tigers-Farben nun auch international vertreten zu können. Der 35-Jährige ist seit 13 Jahren in Straubing, er hat noch die DEL-Anfangsjahre der Niederbayern miterlebt, als sie die Spielzeiten regelmäßig auf den letzten Plätzen beendeten. Mittlerweile gehören sie zur DEL-Spitzengruppe, keine der vergangenen drei Hauptrunden beendeten sie schlechter als auf Rang vier. Die CHL-Teilnahme habe sich die Mannschaft und der Verein "durch unsere Entwicklung in den vergangenen Jahren verdient", findet Schönberger. Das Ziel sei es, "auch international unseren Fußabdruck zu hinterlassen", dabei helfen soll, dass man befreit aufspielen könne.

Die Vorbereitung verlief vielversprechend, anders als die Münchner gewannen die Tigers all ihre vier Spiele. Gegen den ERC Ingolstadt und den HC Lugano aus der Schweiz blieben sie dabei sogar ohne Gegentor (jeweils 4:0), ein gutes Omen. Tigers-Trainer Tom Pokel, der Architekt des kontinuierlichen Straubinger Aufschwungs, geht die CHL-Premiere so an: "Wir haben nichts zu verlieren, aber wir wollen gewinnen."

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