Süddeutsche Zeitung

Deutsche Eishockey Liga:Ein etwas anderer Beinschuss

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Der EHC München verschärft die Auswärtskrise der Augsburger Panther, die sich zu viele Strafzeiten leisten. Alle bayerischen Vereine der Deutschen Eishockey Liga müssen sich künftig mit 25 Prozent Auslastung begnügen - sie reagieren unterschiedlich.

Von Christian Bernhard

Daniel Fießinger verbindet einiges mit den Augsburger Panthern - was für einen Spieler des EHC Red Bull München bei der großen sportlichen Rivalität, die zwischen den beiden Klubs herrscht, eher eine Seltenheit ist. Der Münchner Torhüter debütierte im Dezember 2019 im Derby gegen Augsburg und bekam dabei gleich auf bittere Art und Weise mit, dass Spiele in der Deutsche Eishockey Liga (DEL) generell - und Derbys zwischen Augsburg und München im Speziellen - kein Zuckerschlecken sind. Fünf Tore kassierte er damals, vier davon alleine im Mitteldrittel. Auch in dieser Saison hütete er in Augsburg bereits das Münchner Tor - und musste abermals nach fünf Gegentreffern eine Niederlage einstecken.

Umso größer war seine Genugtuung am Sonntagabend, als er einen Tag nach seinem 25. Geburtstag mit seinen Teamkollegen und den EHC-Fans in der Münchner Olympia-Eishalle einen 4:3-Erfolg über die Augsburger feiern konnte - und danach auch explizit von seinem Trainer Don Jackson hervorgehoben wurde. Sein Torhüter habe stark gespielt, sagte Jackson auf der Pressekonferenz, "ich bin stolz auf Fießis Arbeit". Auf die Frage, ob Fießinger nun seine negativen Augsburg-Erfahrungen hinter sich gelassen habe, lächelte Jackson. Er erinnerte sich da wohl, so wie sicher auch Fießinger, an den Münchner 6:0-Sieg über die Panther kurz vor Weihnachten 2019, welcher Fießingers erster Zu-null-Sieg in der Liga war.

Beim Ertönen der Schlusssirene atmete Fießinger am Sonntag einmal kräftig durch, ehe er von Justin Schütz umarmt wurde. Die Augsburger hatten es ihm und dem EHC wieder einmal schwer gemacht, doch eine starke Anfangsphase im Schlussdrittel mit zwei Toren innerhalb von eineinhalb Minuten und Treffern von allen vier Angriffsreihen bescherten den Münchnern den dritten Ligasieg nacheinander und die Rückkehr an die Tabellenspitze. Verloren hatten sie Platz eins vor fünf Wochen, mit der angesprochenen 4:5-Niederlage in Augsburg.

Am Mittwoch geht es für den EHC ums Weiterkommen in der CHL - die Chancen stehen gut

"Im dritten Drittel hatten wir einfach mehr Power", sagte Schütz, der so wie Yasin Ehliz, Ben Smith und Trevor Parkes für den EHC getroffen hatte. Die verlässlich hitzige Atmosphäre in diesem Derby wurde diesmal durch eine Faustkampfeinlage von Andrew MacWilliam und Matt Puempel sowie einen Stockstich von Yannic Seidenberg an Bradley McClure, für den der EHC-Verteidiger eine Spieldauerdisziplinarstrafe aufgebrummt bekam, zusätzlich aufgeheizt. Für die Münchner steht am Mittwoch das nächste Heimspiel auf dem Programm (18 Uhr), dann empfangen sie den HC Fribourg-Gotteron zum Achtelfinal-Rückspiel in der Champions Hockey League (CHL). Nach dem 4:2-Auswärtssieg in der Schweiz stehen die Münchner Chancen auf ein Weiterkommen gut, doch die Eidgenossen haben sich am Wochenende durch einen 2:0-Sieg im Spitzenspiel gegen den HC Davos ebenfalls die Tabellenführung in der heimischen Liga und Selbstvertrauen geholt.

Augsburgs Doppeltorschütze Chad Nehring sagte, ihm habe über weite Strecken des Spiels gefallen, wie die Panther in München aufgetreten seien, zu viele Strafzeiten hätten ihnen aber das Spiel gekostet. "Damit haben wir uns selbst ins Bein geschossen", betonte er. Die Null-Punkte-Ausbeute passte ins schwache Bild, das die Panther in dieser Saison auswärts abgeben. Die Pleite in München war die achte Auswärtsniederlage in Serie, in elf Spielen fernab des heimischen Curt-Frenzel-Stadions gab es nur einen Sieg bei Aufsteiger Bietigheim. Kein DEL-Team hat so wenig Auswärtspunkte gesammelt wie die Schwaben. "Wir müssen auswärts selbst Energie kreieren", forderte Stürmer Vincent Saponari, zu Hause erfolge das durch den feurigen Panther-Anhang.

"Der Abstieg muss ausgesetzt werden. Punkt, aus die Maus", sagt Nürnbergs Geschäftsführer Gastner

Demnächst wird die Unterstützung von den Rängen allerdings nicht mehr so laut sein. Aufgrund der vom Freistaat Bayern verschärften Corona-Maßnahmen dürfen auch die bayerischen DEL-Klubs von Mittwoch an ihre Stadien nur noch zu maximal 25 Prozent auslasten. Jackson tut das "für die Fans leid", Augsburgs Trainer Mark Pederson nimmt es pragmatisch: "Es ist, wie es ist", sagte er. Nicht so gelassen nahm Wolfgang Gastner die Nachricht aus der bayerischen Staatskanzlei auf. Der Geschäftsführer der Nürnberg Ice Tigers sprach im Rahmen des Derbys gegen München am Freitagabend (2:4) von einem "völligen Wahnsinn", der da auf die Klubs einbreche. Den Ice Tigers werden pro Heimspiel rund 1000 Zuschauer fehlen, das seien etwa 20 000 Euro entgangene Einnahmen pro Heimspiel, rechnete er vor. "Wenn die bayerische Staatsregierung uns diese Zuschauer nicht erlaubt, muss ich auch fragen dürfen: Wer zahlt dann den Ausgleich?"

Gastner gefällt gar nicht, dass "wieder" die bayerischen Vereine betroffen seien. "Es kann ja nicht sein, dass in Köln 10 000 Leute in der Halle sind und hier nur 2000." Das sei eine Wettbewerbsverzerrung. Deshalb forderte er auch für diese Saison: "Der Abstieg muss ausgesetzt werden. Punkt, aus die Maus." Laut den aktuellen Regularien wird am Ende dieser Saison mindestens ein DEL-Klub absteigen - als Tabellenelfte und -zwölfte müssen die Nürnberger und Augsburger dieses Szenario notgedrungen im Blick haben.

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