Süddeutsche Zeitung

Champions League:Real frönt seinem Fetisch

Lesezeit: 3 min

Von Javier Cáceres, Madrid

Die Champions League bleibt der Fetisch-Wettbewerb Real Madrids. In einem vibrierenden Achtelfinal-Hinspiel gegen Paris St.-Germain gelang dem Titelverteidiger ein erst spät herausgeschossner 3:1 (1:1)-Sieg. Held des Spiels war Cristiano Ronaldo, der mit zwei Treffern einen 1:0-Rückstand umkehrte (82./85.) und seine Treffer 100 und 101 für Real Madrid in der Champions League erzielte. Den Treffer zum Endstand steuerte Linksverteidiger Marcelo bei (86.). Damit dürfte die Luft für Unai Emery, den Trainer von PSG, dünn werden. Ohne die Aussicht auf einen Sieg in der Champions League gilt sein Abschied als eine Frage der Zeit.

Beide Trainer warteten in ihren Aufstellungen mit Überraschungen auf. Real Madrids Coach Zinédine Zidane verzichtete auf Gareth Bale und stellte nicht den zuletzt wieder formstarken Marco Asensio ins Mittelfeld, sondern Isco Alarcón. Damit bot er fast genau die Elf auf, die im vergangenen Jahr in Cardiff den zwölften Titel gewonnen hatte. Anstelle des gesperrten Rechtsverteidigers Dani Carvajal spielte Nacho. Emery wiederum verzichtete auf den erfahrenen brasilianischen Innenverteidiger Thiago Silva und setzte auf den jungen Presnel Kimpembe. Das konnte man auch als eine Absichtserklärung deuten. Während Thiago Silva einen natürlichen Hang zur Rückwärtsbewegung hat, gilt Kimpembe als ein Verteidiger, der sich gern ums Aufbauspiel bemüht.

Genau das zu unterbinden, war das wichtigste Bestreben Reals. Von Beginn an setzten sie die Abwehrreihe der Pariser mit einem spektakulären Pressing unter Druck und erarbeiteten sich auf diese Weise ein Übergewicht, das aber erst nach geraumer Zeit zu Torchancen führte. Nach einem ersten Warnschuss des deutschen Nationalspielers Toni Kroos aus 18 Metern (5. Minute) vergingen mehr als 20 Minuten, ehe Real durch Cristiano Ronaldo zur besten Torchance kam: Nach einem Traumpass von Linksverteidiger Marcelo betrat Ronaldo über die rechte Seite den Strafraum - und schoss dem Torwart der Franzosen, Alphonse Areola, mitten ins Gesicht. Er wirkte K.o., doch wenige Minuten später war er wieder hellwach, als Sergio Ramos eine präzise Ecke von Toni Kroos in gewohnter Manier mit Wucht Richtung Tor wuchtete.

Durch die Dominanz der Madrilenen konnte PSG die Gefahr seiner Sturmreihe nur andeuten, bis die Gäste in der 34. Minute zu einem einigermaßen überraschenden, aber fein herausgespielten Tor kam. Rechtsaußen Kylian Mbappé nutzte die Freiheiten, die ihm Offensivgeist Marcelo ließ; er passte scharf in den Strafraum, wo Cavani den Ball mustergültig durchließ und so erlaubte, dass Neymar den aus der zweiten Reihe völlig allein heranstürzenden Adrien Rabiot mit der Hacke bediente. Der Franzose ließ Reals Torwart Keylor Navas keine Chance.

Asensio beschwört den Sieg herauf

Das Tor wirkte wie ein Nierenschlag für Real, das fast noch das zweite Tor fing. Doch nachdem Neymar im Strafraum von gleich vier Real-Spielern nicht angegriffen wurde und auf Cavani ablegen konnte, wurde der Schuss des Uruguayers von einem Abwehrbein der Madrilenen zur Ecke abgewehrt. Kurz vor der Pause ließ Benzema mit einem Schuss von der Strafraumgrenze aufhorchen. Der Ausgleich aber folgte erst, als Toni Kroos einen etwas schmeichelhaften Elfmeter herausholte: Lo Celso zupfte ihn an der Schulter, Kroos ging zu Boden, und Cristiano Ronaldo verwandelte den Strafstoß sicher. Es war das 100. Champions-League-Tor des Portugiesen.

Nach der Pause tat PSG einen Schritt nach vorn - und bekam das Spiel zunehmend unter Kontrolle. Die erste gute Gelegenheit gehörte Mbappé (49.), der Real-Keeper Navas nach Vorarbeit von Neymar zu einer Glanzparade zwang; fünf Minuten später blockte Real-Kapitän Sergio Ramos einen Schuss von Rabiot ab. Danach schlug die Stunde der Trainer: PSG-Coach Emery brachte Rechtsverteidiger Meunier für Mittelstürmer Cavani (67.); Zidane antwortete, indem er Bale für Benzema aufs Feld schickte.

Doch die Entscheidung fiel erst, als Zidane Mittelfeldspieler Marco Asensio aufs Feld schickte. Er beschwor die Szene herauf, die zu Ronaldos 2:1 führte: Asensios Hereingabe konnte PSG-Torwart Areola nur abklatschen, Cristiano Ronaldo bugsierte den Ball mit dem Knie über die Linie. Den Schlusspunkt aber setzte - ebenfalls nach vorbildlicher Asensio-Vorarbeit - der Brasilianer Marcelo, der neuerlich unterstrich, dass er zurzeit der wahrscheinlich beste Linksverteidiger der Welt ist.

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SZ vom 15.02.2018
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