Abschied von Wolfgang Schäuble

„Was für ein politisches Leben!“

Wolfgang Schäuble hat Deutschland geprägt, nun ist er beigesetzt worden. Bei der Trauerfeier wird er mit großen Worten gewürdigt, CDU-Chef Merz verneigt sich vor einem Vorbild. Die Bilder aus der Stadtkirche in Offenburg.

5. Januar 2024 - 3 Min. Lesezeit

An Heiligabend hat Wolfgang Schäuble hier noch einmal das Krippenspiel besucht – an diesem Freitag ist die evangelische Stadtkirche von Offenburg der Ort, an dem sich Familie, Freunde und Weggefährten für immer von Schäuble verabschieden. Von einem der wichtigsten Politiker Deutschlands der vergangenen Jahrzehnte, einst CDU-Vorsitzender, Bundesinnen- und -finanzminister, Bundestagspräsident und Unterzeichner des Vertrags zur deutschen Einheit.

Offenburg war Schäubles Heimat, er war Ehrenbürger der Stadt am Rande des Schwarzwalds. An Weihnachten habe sich Schäuble hier bewusst, den Tod vor Augen, von der Kirche verabschiedet, berichtet die badische Landesbischöfin Heike Springhart, die den Gottesdienst leitet. Am ersten Weihnachtsfeiertag sei er noch einmal mit der Familie Rehrücken essen gewesen – und so konnte er anderntags „gelassen und weise sterben, ohne Angst“.

Vorn in der neugotischen Stadtkirche steht der Sarg, vor dem Gottesdienst flankiert von einer sechsköpfigen Totenwache der Bundespolizei, der Schäuble einst als Bundesinnenminister vorstand. Eine Bundesflagge bedeckt den Sarg, davor ist ein Herz aus roten Rosen aufgestellt. „Deine Ingeborg“ steht mit Hand geschrieben darin. Schäuble und seine Frau hatten 1969 geheiratet, vor bald 55 Jahren.

Das Paar hat vier Kinder bekommen – das älteste ist Christine Strobl (links). Sie arbeitet als ARD-Programmdirektorin und ist mit Thomas Strobl (rechts) verheiratet, dem Innenminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Baden-Württembergs.

In einer sehr persönlichen Ansprache erinnert Strobl an den schweren Weg ihres Vaters nach dem Attentat auf ihn im Jahr 1990, seit dem er im Rollstuhl saß. Sie spricht über die vielen gesundheitlichen Probleme, deren Ausmaß öffentlich nicht bekannt gewesen sei. Und darüber, wie Schäuble „mit unglaublicher Kraftanstrengung den Weg aus scheinbar ausweglosen Situationen gefunden“ habe. Und sie erinnert an seine letzten Tage: „Papa, du hast uns gezeigt, wie man mit sich im Reinen und würdevoll sterben kann.“

Zahlreiche Trauerkränze säumen die Kirche, von Verbänden, Parteigliederungen, politischen Institutionen in Bund und im Land Baden-Württemberg. Dessen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) würdigt den Verstorbenen als „ganz große politische Persönlichkeit“. Als engagierter Abgeordneter sei er schließlich zu Deutschlands dienstältestem Parlamentarier geworden, ein „Gestalter Europas und leidenschaftlicher Demokrat“.

„Was für eine Lebensleistung, was für ein politisches Leben!“ Mit diesen Worten verneigt sich Friedrich Merz, der aktuelle CDU-Vorsitzende, vor dem Verstorbenen. 

Fünf Jahrzehnte Parlamentarier, fast zwei Jahrzehnte Bundesminister, zehn Jahre Fraktionschef der CDU im Bundestag, für kurze Zeit auch CDU-Vorsitzender – in all diesen Ämtern habe Schäuble Generationen von Politikern geprägt, sagt Merz, auch ihn selbst. „Ohne ihn stände ich heute nicht hier.“ Und Merz erinnert daran, dass es nur zwei hohe Ämter gibt, die Schäuble verwehrt blieben: Bundeskanzler und Bundespräsident. „Er hätte sie ohne Zweifel ausgefüllt.“

Neben Merz kommt zur Trauerfeier eine ganze Reihe bekannter CDU-Politiker, unter anderem der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn mit seinem Mann Daniel Funke.

Oder auch Franz Josef Jung, der von 2005 bis 2009 Verteidigungsminister war und in dieser Zeit zusammen mit Schäuble am Kabinettstisch saß – als Teil der ersten Regierung der damals neu gewählten Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die würdigte Schäuble zu dessen Tod als ihren „politischen Lehrmeister“ und als „Anker“ ihrer ersten drei Kabinette.

Merkel erscheint am Freitag im Übrigen nicht zur Trauerfeier, genauso wenig wie die Spitzen des Staates, also der Bundespräsident oder der Bundeskanzler. Sie werden zum offiziellen Staatsakt am 22. Februar in Berlin erwartet. Daran werde auch Merkel teilnehmen, teilt ihr Büro mit.

Nach dem Gottesdienst gibt es in Offenburg ein großes militärisches Ehrengeleit, ein besonderes Zeremoniell der Bundeswehr, bei dem Soldaten den Sarg aus der Kirche tragen. Anschließend setzt sich der Trauerzug zum Waldbachfriedhof in Bewegung. Die Beisetzung dort ist für alle offen, wie die Stadt Offenburg zuvor mitgeteilt hat. „Das war der ausdrückliche Wunsch des verstorbenen Dr. Wolfgang Schäuble, und so will es auch die Familie.“

Abschied von Wolfgang Schäuble

„Was für ein politisches Leben!“

Wolfgang Schäuble hat Deutschland geprägt, nun ist er beigesetzt worden. Bei der Trauerfeier wird er mit großen Worten gewürdigt, CDU-Chef Merz verneigt sich vor einem Vorbild. Die Bilder aus der Stadtkirche in Offenburg.

An Heiligabend hat Wolfgang Schäuble hier noch einmal das Krippenspiel besucht – an diesem Freitag ist die evangelische Stadtkirche von Offenburg der Ort, an dem sich Familie, Freunde und Weggefährten für immer von Schäuble verabschieden. Von einem der wichtigsten Politiker Deutschlands der vergangenen Jahrzehnte, einst CDU-Vorsitzender, Bundesinnen- und -finanzminister, Bundestagspräsident und Unterzeichner des Vertrags zur deutschen Einheit.

Offenburg war Schäubles Heimat, er war Ehrenbürger der Stadt am Rande des Schwarzwalds. An Weihnachten habe sich Schäuble hier bewusst, den Tod vor Augen, von der Kirche verabschiedet, berichtet die badische Landesbischöfin Heike Springhart, die den Gottesdienst leitet. Am ersten Weihnachtsfeiertag sei er noch einmal mit der Familie Rehrücken essen gewesen – und so konnte er anderntags „gelassen und weise sterben, ohne Angst“.

Vorn in der neugotischen Stadtkirche steht der Sarg, vor dem Gottesdienst flankiert von einer sechsköpfigen Totenwache der Bundespolizei, der Schäuble einst als Bundesinnenminister vorstand. Eine Bundesflagge bedeckt den Sarg, davor ist ein Herz aus roten Rosen aufgestellt. „Deine Ingeborg“ steht mit Hand geschrieben darin. Schäuble und seine Frau hatten 1969 geheiratet, vor bald 55 Jahren.

Das Paar hat vier Kinder bekommen – das älteste ist Christine Strobl (links). Sie arbeitet als ARD-Programmdirektorin und ist mit Thomas Strobl (rechts) verheiratet, dem Innenminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Baden-Württembergs.

In einer sehr persönlichen Ansprache erinnert Strobl an den schweren Weg ihres Vaters nach dem Attentat auf ihn im Jahr 1990, seit dem er im Rollstuhl saß. Sie spricht über die vielen gesundheitlichen Probleme, deren Ausmaß öffentlich nicht bekannt gewesen sei. Und darüber, wie Schäuble „mit unglaublicher Kraftanstrengung den Weg aus scheinbar ausweglosen Situationen gefunden“ habe. Und sie erinnert an seine letzten Tage: „Papa, du hast uns gezeigt, wie man mit sich im Reinen und würdevoll sterben kann.“

Zahlreiche Trauerkränze säumen die Kirche, von Verbänden, Parteigliederungen, politischen Institutionen in Bund und im Land Baden-Württemberg. Dessen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) würdigt den Verstorbenen als „ganz große politische Persönlichkeit“. Als engagierter Abgeordneter sei er schließlich zu Deutschlands dienstältestem Parlamentarier geworden, ein „Gestalter Europas und leidenschaftlicher Demokrat“.

„Was für eine Lebensleistung, was für ein politisches Leben!“ Mit diesen Worten verneigt sich Friedrich Merz, der aktuelle CDU-Vorsitzende, vor dem Verstorbenen. 

Fünf Jahrzehnte Parlamentarier, fast zwei Jahrzehnte Bundesminister, zehn Jahre Fraktionschef der CDU im Bundestag, für kurze Zeit auch CDU-Vorsitzender – in all diesen Ämtern habe Schäuble Generationen von Politikern geprägt, sagt Merz, auch ihn selbst. „Ohne ihn stände ich heute nicht hier.“ Und Merz erinnert daran, dass es nur zwei hohe Ämter gibt, die Schäuble verwehrt blieben: Bundeskanzler und Bundespräsident. „Er hätte sie ohne Zweifel ausgefüllt.“

Neben Merz kommt zur Trauerfeier eine ganze Reihe bekannter CDU-Politiker, unter anderem der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn mit seinem Mann Daniel Funke.

Oder auch Franz Josef Jung, der von 2005 bis 2009 Verteidigungsminister war und in dieser Zeit zusammen mit Schäuble am Kabinettstisch saß – als Teil der ersten Regierung der damals neu gewählten Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die würdigte Schäuble zu dessen Tod als ihren „politischen Lehrmeister“ und als „Anker“ ihrer ersten drei Kabinette.

Merkel erscheint am Freitag im Übrigen nicht zur Trauerfeier, genauso wenig wie die Spitzen des Staates, also der Bundespräsident oder der Bundeskanzler. Sie werden zum offiziellen Staatsakt am 22. Februar in Berlin erwartet. Daran werde auch Merkel teilnehmen, teilt ihr Büro mit.

Nach dem Gottesdienst gibt es in Offenburg ein großes militärisches Ehrengeleit, ein besonderes Zeremoniell der Bundeswehr, bei dem Soldaten den Sarg aus der Kirche tragen. Anschließend setzt sich der Trauerzug zum Waldbachfriedhof in Bewegung. Die Beisetzung dort ist für alle offen, wie die Stadt Offenburg zuvor mitgeteilt hat. „Das war der ausdrückliche Wunsch des verstorbenen Dr. Wolfgang Schäuble, und so will es auch die Familie.“

Text: Kassian Stroh, Bildredaktion: Niklas Keller, Digitales Storytelling: Christian Helten