Zum Tod von Wolfgang Schäuble

Ein Leben für die Politik

Wolfgang Schäuble war Parlamentarier mit Leib und Seele. Selbst nach einem Attentat machte er weiter. Die Stationen einer einzigartigen Karriere in Bildern.

27. Dezember 2023 - 3 Min. Lesezeit

Wolfgang Schäuble war gerade 30 geworden, als er 1972 zum ersten Mal für die CDU in den Deutschen Bundestag einzog. Ein Jahr zuvor hatte er zum Dr. jur. promoviert. Doch seine Zukunft galt der Politik. Sein Direktmandat im Wahlkreis Offenburg sollte er die nächsten fünfzig Jahre verteidigen. 

In seiner Freizeit spielte Schäuble Tennis und fuhr Ski (das Bild zeigt ihn bei Lech am Arlberg), er leitete auch für einige Jahre den CDU-Bundesfachausschuss Sport. Im Bundestag gehörte er dem Finanzausschuss an, ehe sein steiler Aufstieg so richtig begann.

1984 wurde er Minister für besondere Aufgaben im Kanzleramt unter Helmut Kohl. In dieser Funktion bereitete er 1987 den ersten offiziellen Besuch des DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker in der Bundesrepublik vor. 

Nach dem Mauerfall galt Schäuble als einer der "Architekten der Deutschen Einheit". Als Bundesinnenminister (von 1989 bis 1991) und Verhandlungsführer der Bundesrepublik handelte er den deutsch-deutschen Einigungsvertrag aus.

Am 12. Oktober 1990 erfuhr Schäubles Leben eine jähe Zäsur, als ein psychisch Kranker ihn niederschoss und am Rückenmark verletzte. Von da an war der früher so sportliche CDU-Politiker auf den Rollstuhl angewiesen. Doch seine Karriere wollte er deshalb nicht beenden. Noch im Reha-Zentrum gab Schäuble eine Pressekonferenz, seine politische Arbeit nahm er bereits Ende November wieder auf.

Ein Jahr später wurde Schäuble als Nachfolger von Alfred Dregger an die Spitze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewählt. Er führte die schwierigen Verhandlungen mit der SPD über den sogenannten Asylkompromiss, eine Einschränkung des Grundrechts auf Asyl, die eine Zweidrittelmehrheit erforderte und 1993 verabschiedet wurde.

Nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 übernahm Schäuble den Vorsitz der CDU. Zusammen mit der neuen Generalsekretärin Angela Merkel leitete er eine sanfte programmatische Weiterentwicklung der Partei in Sozial-, Familien- und Bildungsfragen ein. Doch bald darauf erfasste eine Spendenaffäre die Partei. (Das Bild zeigt Schäuble und Merkel zusammen mit Friedrich Merz auf dem Parteitag der CDU im Jahr 2000.)

Nach Enthüllungen über geheime Konten und illegale Parteispenden weigerte sich Altkanzler Helmut Kohl, Namen von Spendern offenzulegen, und stellte sein "Ehrenwort" über das Gesetz. 

Schäuble bemühte sich als Krisenmanager um Schadensbegrenzung - und fiel der Affäre doch zum Opfer, weil auch er gestehen musste, vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber 1994 eine Barspende über 100 000 DM für die CDU entgegengenommen zu haben. Schäuble trat vom Partei- und Fraktionsvorsitz zurück.

Mit Beginn der Ära Merkel im Jahr 2005 feierte Schäuble sein Comeback als Bundesinnenminister. Er geriet als Hardliner bisweilen mit Justizministerin Brigitte Zypries in Konflikt. Als progressiv wahrgenommen wurde hingegen die Islamkonferenz, die er 2006 ins Leben rief. Von 2009 bis 2017 arbeitete Schäuble schließlich als Finanzminister, wo er es vor allen Dingen mit der Bekämpfung der Eurokrise zu tun hatte.

2017 zum Bundestagspräsidenten gewählt, fand Schäuble schließlich in seine Altersrolle als über Parteigrenzen hinweg angesehener Politiker, der im Parlament die AfD in Schach hielt und in seiner CDU noch immer großen Einfluss ausübte - zuletzt etwa 2021, als es für ihn und Armin Laschet darum ging, CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidaten für die Union zu verhindern.

Mehr als 50 Jahre saß Wolfgang Schäuble im Deutschen Bundestag, so lange wie niemand sonst. Ob es ihm gefallen hat? Im August 2022 sagte er im Gespräch mit der SZ: "Wenn Sie’s nicht gern machen, dürfen Sie’s nicht machen. Wenn Sie Politik nicht als Berufung empfinden, sondern als Job, ist es schon falsch."

Wolfgang Schäuble war zur Politik berufen. Im Alter von 81 Jahren ist er nun gestorben. 

 Zum Tod von Wolfgang Schäuble

Ein Leben für die Politik

Wolfgang Schäuble war Parlamentarier mit Leib und Seele. Selbst nach einem Attentat machte er weiter. Die Stationen einer einzigartigen Karriere in Bildern.

Wolfgang Schäuble war gerade 30 geworden, als er 1972 zum ersten Mal für die CDU in den Deutschen Bundestag einzog. Ein Jahr zuvor hatte er zum Dr. jur. promoviert. Doch seine Zukunft galt der Politik. Sein Direktmandat im Wahlkreis Offenburg sollte er die nächsten fünfzig Jahre verteidigen. 

In seiner Freizeit spielte Schäuble Tennis und fuhr Ski (das Bild zeigt ihn bei Lech am Arlberg), er leitete auch für einige Jahre den CDU-Bundesfachausschuss Sport. Im Bundestag gehörte er dem Finanzausschuss an, ehe sein steiler Aufstieg so richtig begann.

1984 wurde er Minister für besondere Aufgaben im Kanzleramt unter Helmut Kohl. In dieser Funktion bereitete er 1987 den ersten offiziellen Besuch des DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker in der Bundesrepublik vor. 

Nach dem Mauerfall galt Schäuble als einer der "Architekten der Deutschen Einheit". Als Bundesinnenminister (von 1989 bis 1991) und Verhandlungsführer der Bundesrepublik handelte er den deutsch-deutschen Einigungsvertrag aus.

Am 12. Oktober 1990 erfuhr Schäubles Leben eine jähe Zäsur, als ein psychisch Kranker ihn niederschoss und am Rückenmark verletzte. Von da an war der früher so sportliche CDU-Politiker auf den Rollstuhl angewiesen. Doch seine Karriere wollte er deshalb nicht beenden. Noch im Reha-Zentrum gab Schäuble eine Pressekonferenz, seine politische Arbeit nahm er bereits Ende November wieder auf.

Ein Jahr später wurde Schäuble als Nachfolger von Alfred Dregger an die Spitze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewählt. Er führte die schwierigen Verhandlungen mit der SPD über den sogenannten Asylkompromiss, eine Einschränkung des Grundrechts auf Asyl, die eine Zweidrittelmehrheit erforderte und 1993 verabschiedet wurde.

Nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 übernahm Schäuble den Vorsitz der CDU. Zusammen mit der neuen Generalsekretärin Angela Merkel leitete er eine sanfte programmatische Weiterentwicklung der Partei in Sozial-, Familien- und Bildungsfragen ein. Doch bald darauf erfasste eine Spendenaffäre die Partei. (Das Bild zeigt Schäuble und Merkel zusammen mit Friedrich Merz auf dem Parteitag der CDU im Jahr 2000.)

Nach Enthüllungen über geheime Konten und illegale Parteispenden weigerte sich Altkanzler Helmut Kohl, Namen von Spendern offenzulegen, und stellte sein "Ehrenwort" über das Gesetz. 

Schäuble bemühte sich als Krisenmanager um Schadensbegrenzung - und fiel der Affäre doch zum Opfer, weil auch er gestehen musste, vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber 1994 eine Barspende über 100 000 DM für die CDU entgegengenommen zu haben. Schäuble trat vom Partei- und Fraktionsvorsitz zurück.

Mit Beginn der Ära Merkel im Jahr 2005 feierte Schäuble sein Comeback als Bundesinnenminister. Er geriet als Hardliner bisweilen mit Justizministerin Brigitte Zypries in Konflikt. Als progressiv wahrgenommen wurde hingegen die Islamkonferenz, die er 2006 ins Leben rief. Von 2009 bis 2017 arbeitete Schäuble schließlich als Finanzminister, wo er es vor allen Dingen mit der Bekämpfung der Eurokrise zu tun hatte.

2017 zum Bundestagspräsidenten gewählt, fand Schäuble schließlich in seine Altersrolle als über Parteigrenzen hinweg angesehener Politiker, der im Parlament die AfD in Schach hielt und in seiner CDU noch immer großen Einfluss ausübte - zuletzt etwa 2021, als es für ihn und Armin Laschet darum ging, CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidaten für die Union zu verhindern.

Mehr als 50 Jahre saß Wolfgang Schäuble im Deutschen Bundestag, so lange wie niemand sonst. Ob es ihm gefallen hat? Im August 2022 sagte er im Gespräch mit der SZ: "Wenn Sie’s nicht gern machen, dürfen Sie’s nicht machen. Wenn Sie Politik nicht als Berufung empfinden, sondern als Job, ist es schon falsch."

Wolfgang Schäuble war zur Politik berufen. Im Alter von 81 Jahren ist er nun gestorben. 

Text: Dominik Fürst, Bildredaktion: Niklas Keller, Digitales Storytelling: Elisa von Grafenstein, Redaktion: Philipp Saul