Süddeutsche Zeitung

Krieg in der Ukraine:Xi telefoniert mit Selenskij

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Zum ersten Mal seit dem russischen Überfall redet Chinas Präsident ausführlich mit seinem ukrainischen Amtskollegen. Der stuft die Gespräche als "bedeutungsvoll" ein.

Von Florian Hassel, Belgrad

Chinas Präsident Xi Jinping hat zum ersten Mal seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine mit Präsident Wolodimir Selenskij telefoniert. Der ukrainische Präsident bezeichnete das Telefonat, das seinem Sprecher zufolge knapp eine Stunde dauerte, als "bedeutungsvoll". Das Gespräch und die Ernennung eines neuen ukrainischen Botschafters in Peking würden einen "machtvollen Anschub" zur Entwicklung der gegenseitigen Beziehungen geben.

Der ukrainische Präsident erwähnte freilich nicht das Thema, über das im Zusammenhang mit China international spekuliert wird: dass China eine Vermittlerrolle spielen könne, um eine politische Lösung des Konfliktes zu finden. Chinesische Staatsmedien berichteten, Xi zufolge werde dafür ein chinesischer Sonderbotschafter nach Kiew kommen.

Chinas Präsident reiste nach Moskau, aber nicht nach Kiew

Freilich stehen die Chancen für eine erfolgreiche Vermittlung schlecht. Westliche Regierungen sehen derzeit keinerlei Bereitschaft bei Russlands Präsident Wladimir Putin, auf die Unterjochung der Ukraine zu verzichten und den Krieg zu beenden. China behauptet zwar, ein neutraler Vermittler zu sein, unterstützt faktisch aber Russland. Präsident Selenskij hat Xi erfolglos nach Kiew eingeladen, dagegen reiste der chinesische Führer erst im März zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Russland und lobte die Beziehungen zu Putin.

In einem am 24. Februar veröffentlichten Positionspapier für eine "politische Lösung" des Ukrainekonflikts bekräftigte China von Moskau behauptete Propagandapositionen: etwa, dass eine "Kalte-Kriegs-Mentalität" und die Ausweitung der Nato für den Konflikt mitverantwortlich seien. Demgegenüber erwähnte China mit keinem Wort Moskaus schon 2014 begonnenen Krieg in der Ostukraine oder seine völkerrechtswidrigen Annexionen der Krim oder der Gebiete Donezk und Luhansk. Peking fordert auch keinerlei russischen Rückzug aus besetzten ukrainischen Gebieten.

Das offizielle Kiew hat indes bisher darauf verzichtet, China direkt zu kritisieren. Peking liefert Russland bisher keine Waffen für den Ukrainekrieg. Bis zum Beginn der russischen Aggression hatte sich China zu einem der wichtigsten Handelspartner der Ukraine entwickelt. China investierte in ukrainische Solarfirmen und modernisierte ukrainische Häfen; ukrainische Unternehmen verkauften über diese Stahl, Eisenerz und Getreide nach China. Bei Mais löste die Ukraine die USA gar als größten Exporteur nach China ab. China ist auch der mit Abstand größte Nutznießer der Schwarzmeerinitiative, mit der ukrainisches Getreide trotz Krieg weiterexportiert wird: Von knapp 29 Millionen Tonnen gingen fast sieben Millionen Tonnen nach China, so die Vereinten Nationen.

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