Süddeutsche Zeitung

Whistleblower:Offenbar geheime Anklage gegen Wikileaks-Gründer Assange

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Gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange ist offenbar schon vor längerer Zeit eine bisher geheim gehaltene Anklage in den USA erhoben worden. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf versehentlich veröffentlichte Gerichtsunterlagen, die demnach in keinem Zusammenhang mit dem Gründer der Enthüllungs-Plattform selbst stehen. Nähere Angaben zu der Anklage wurden nicht gemacht.

Dem Justizministerium zufolge handelt es sich um eine Verwechslung. Offensichtlich hatte ein stellvertretender Bundesanwalt des Justizministeriums zwei Verfahren durcheinander gebracht. Er erwähnte die Anklage gegen Assange in einem Dokument für einen Richter - im Rahmen eines Verfahrens gegen eine völlig andere Person. Die andere Person ist dem Bericht zufolge angeklagt, weil sie ein 15-jähriges Mädchen dazu überredet haben soll, ihm pornographische Bilder von sich zu schicken. Zudem habe dieser Angeklagte "Interesse an terroristischen Taten". Mit Assange hat er demnach aber nichts zu tun.

Assange hält sich seit mehr als sechs Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London auf. Er war dorthin geflüchtet, um sich einer Auslieferung nach Schweden zu entziehen. Wegen Vergewaltigungsvorwürfen zweier Frauen war dort ein europäischer Haftbefehl gegen Assange erlassen worden.

Assange hingegen fürchtete, dies sei nur ein Vorwand, um ihn von Schweden aus in die USA auszuliefern und ihn dort wegen Geheimnisverrats vor Gericht zu stellen. Über die von ihm gegründete Enthüllungsplattform Wikileaks waren 2010 brisante US-Dokumente aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak veröffentlicht worden.

Washington hat nie einen Auslieferungsantrag gestellt

US-Behörden hatten allerdings nie dazu Stellung genommen, ob sie Assange tatsächlich vor Gericht stellen würden, einen Auslieferungsantrag stellten sie ebenfalls nicht. Die Vergewaltigungsvorwürfe aus Schweden wurden inzwischen fallengelassen.

Im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 erregte Wikileaks erneut Aufmerksamkeit, als die Plattform vermutlich von russischen Hackern gestohlene E-Mails der Demokratischen Partei veröffentlichte. Nach Ansicht von Experten könnten die Whistleblower damit der später gegen Donald Trump unterlegenen Hillary Clinton geschadet haben. Im Zuge der Ermittlungen rund um mögliche Wahlkampfmanipulationen ist auch Wikileaks wieder in den Fokus der Strafverfolger gerückt. In den USA fürchten manche Beobachter, dass eine Anklage gegen Assange negative Auswirkungen auf Whistleblower und Journalisten haben könnte, die geheime Informationen im öffentlichen Interese veröffentlichen wollen.

Zwischen Assange und der ecuadorianischen Regierung, die ihm in der Botschaft in London Asyl gewährt, hatten die Spannungen zuletzt zugenommen. Dem Whistleblower wurden Internet und Telefon abgestellt, besucht werden darf er nur noch von seinen Anwälten. Darüber hinaus soll er sich an zahlreiche strenge Regeln halten, ansonsten will ihn Ecuadors Regierung dazu auffordern, die Botschaft zu verlassen. Im Oktober berichtete Wikileaks, Assange werde angesichts dessen die ecuadorianische Regierung verklagen. Schon im Sommer wurde darüber spekuliert, dass Ecuador ihm den Asylstatus entziehen könnte.

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