Süddeutsche Zeitung

Frankreich:Spitzenwein mit rauchiger Note

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Nach den Waldbränden im Südwesten Frankreichs fürchteten Winzer, dass der Bordeaux in diesem Jahr gelitten haben könnte. Experten geben nun Entwarnung - vorerst.

Von Kathrin Müller-Lancé, Paris

Die Löscharbeiten dauerten noch an, da stellten die ersten französischen Medien schon die Frage nach dem Wein. Im Sommer brannte mit dem Südwesten Frankreichs schließlich nicht nur eine wichtige Tourismusregion, sondern auch eines der bedeutendsten Weinanbaugebiete der Welt. Bereits Ende Juli fürchtete die Lokalzeitung Sud-Ouest, der von den Waldbränden verursachte Rauch könne eine "Zeitbombe" für das Anbaugebiet sein. Auch nationale Blätter und Fernsehsender griffen das Thema auf: Wird der Bordeaux in diesem Jahr nach Rauch schmecken?

Nun gibt es Entwarnung für alle haupt- und nebenberuflichen Sommeliers: Französische Experten gehen davon aus, dass die große Katastrophe ausbleibt. "Die ersten Analysen in diesem Jahr haben nichts Beunruhigendes gezeigt", sagt der Präsident der französischen Önologen-Vereinigung, Didier Fages. "Selbst in den wenigen Fällen, in denen es Veränderungen bei den Trauben gab, waren die geschmacklich unterhalb der Wahrnehmungsgrenze." Und das, obwohl im Juli und August mehr als 28 000 Hektar Wald im Département Gironde brannten, zum Teil nur unweit der Gebiete, in denen zum Beispiel Appellationen wie Pessac-Léognan oder Sauternes wachsen.

Vor Kurzem hat Fages eine Konferenz zu der Problematik einberufen, eingeladen waren Kollegen aus Häusern mit so klingenden Namen wie "Institut für Reben- und Weinwissenschaft" und "Recherchezentrum für Roséwein". Die Experten machten vor allem zwei Faktoren dafür verantwortlich, dass der Bordeaux in diesem Jahr höchstwahrscheinlich verschont bleiben wird: die günstige Windrichtung, die den Rauch eher von den Reben weg als zu ihnen hin blies, und der Zeitpunkt der Brände. Weil das Feuer lange vor der Ernte ausbrach, waren die Trauben noch nicht reif und enthielten noch nicht viel Zucker. Der aber ist die Voraussetzung dafür, dass die Moleküle aus dem Rauch in die Trauben eindringen können.

Bei den großen Waldbränden in Kalifornien 2020 hatten viele Winzer weniger Glück. Im Napa Valley vernichteten die Feuer damals nicht nur hektarweise Reben, sondern verdarben auch Jahrgangsweine mit dem Geschmack von Asche und Rauch. Als Reaktion auf das Feuer etablierten die amerikanischen Winzer eine Art Brandschutzsystem und ließen zum Beispiel analysieren, zu welchem Zeitpunkt am besten mit der Weinlese begonnen werden soll und wie die Weinkeller am besten vor Rauch geschützt werden können. Auch in Australien sorgten Waldbrände schon vor Jahren für einen rauchigen Geschmack im Wein. Sind die unangenehmen Aromen einmal drin, kriegt man sie nicht mehr so leicht weg. Bisherige Versuche von Fachleuten, den Rauchgeschmack nachträglich aus Weinen herauszufiltern, erwiesen sich als schwierig.

Dass ausgerechnet Weinbaugebiete immer wieder von Bränden betroffen sind, ist kein Zufall. Die Trauben wachsen in warmen und sonnigen Regionen besonders gut - also in ebenjenen, in denen die trockene Vegetation im Herbst und Sommer leicht Feuer fängt. Der Klimawandel verstärkt das Risiko noch. "Diesmal haben wir Glück gehabt", sagt Önologenverbandschef Didier Fages. "Aber wir werden auch in Zukunft wachsam sein müssen."

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