Süddeutsche Zeitung

Ungarn:Feindschaftserklärung an die EU

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Viktor Orbán versucht seine Anhänger für den Wahlkampf einzuschwören: Die Union wolle die Bürger zu "Europäern prügeln", sagt der Regierungschef in Budapest.

Mit dem organisierten Aufmarsch Zehntausender Anhänger aus dem ganzen Land und einer Brandrede gegen die EU hat der ungarische Regierungschef Viktor Orbán am Wochenende seine Kampagne für die Parlamentswahl im kommenden Frühjahr eröffnet. Die Institutionen der Europäischen Union würden den Bürgern Ungarns und Polens vorschreiben wollen, wie sie zu leben hätten, erklärte der rechtsnationale Politiker im Zentrum von Budapest.

"Die hohen europäischen Würdenträger wollen uns zu "Europäern", zu (gegenüber sexueller Diversität) "Sensibilisierten, zu Liberalen prügeln", sagte Orbán am Samstag. Doch wenn es darum gehe, "die Heimat, die Familie, die Kultur, die Freiheit des alltäglichen Lebens zu verteidigen", müsse jeder seinen Beitrag leisten. "Wenn die Zeit kommt, stellt euch vor eure Häuser und verteidigt sie!", fügte er hinzu.

Orbán regiert mit der Partei Fidesz seit fast zwölf Jahren in Ungarn. Kritiker werfen ihm den Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Korruption und Vetternwirtschaft vor. Seine Regierung ist in zahlreiche schwere Konflikte mit der EU verwickelt, so in Hinblick auf den Zustand des Rechtsstaats in Ungarn.

Fans kamen auch aus Rumänien, Polen und Italien

Die Kundgebungsteilnehmer waren in Bussen aus dem ganzen Land, aber auch aus Rumänien, Polen und Italien nach Budapest gebracht worden. Hunderte Busse parkten am Rand der wichtigsten Straßenzüge der Innenstadt. Ungarn beging am Samstag einen Nationalfeiertag. Am 23. Oktober 1956 war der Volksaufstand gegen die kommunistische Herrschaft ausgebrochen. Er wurde nach wenigen Tagen von sowjetischen Truppen blutig niedergeschlagen.

Etwa zwei Kilometer entfernt von Orbáns Kundgebung versammelten sich mehrere Tausend Anhänger der Opposition. Sechs Parteien von links-grün bis rechtskonservativ wollen bei der Wahl 2022 geschlossen antreten, um Orbán zu stürzen. In einer selbst organisierten Vorwahl war eine Woche zuvor der parteilose Bürgerliche Péter Márki-Zay zum gemeinsamen Spitzenkandidaten gewählt worden. Als Schlussredner der Kundgebung schwor Márki-Zay das Oppositionsbündnis darauf ein, weiterhin Geschlossenheit zu zeigen: "Alles läuft auf eine einzige Frage hinaus: Fidesz oder Nicht-Fidesz."

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