Süddeutsche Zeitung

US-Präsident:Trump feuert FBI-Chef Comey

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US-Präsident Donald Trump hat FBI-Chef James Comey entlassen. Das teilte der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, am frühen Dienstagabend mit (Ortszeit Washington). Trump sei mit seiner Entscheidung einer Empfehlung von Justizminister Jeff Sessions und dessen Stellvertreter Rod Rosenstein gefolgt.

In einem Brief, der unter anderem der New York Times vorliegt, wendet sich Trump direkt an den Geschassten: Comey habe ihm drei Mal persönlich gesagt, dass nicht gegen ihn ermittelt werde - wofür er dankbar sei. "Gleichwohl stimme ich völlig mit dem Justizministerium überein, dass Sie nicht in der Lage sind, das FBI zu führen", schreibt Trump. Es sei nun sehr wichtig, das Vertrauen in das FBI wiederherzustellen. "Das FBI ist eine der am meisten geschätzten und respektierten Einrichtungen unserer Nation und der heutige Tag markiert einen Neubeginn für das Kronjuwel unserer Strafverfolgung." Die Suche nach einem Nachfolger ist dem Weißen Haus zufolge bereits im Gange.

Die Entscheidung kommt völlig überraschend: Das FBI untersucht derzeit mögliche Absprachen zwischen Trumps Wahlkampfteam und der russischen Regierung während des Präsidentschaftswahlkampfs. Comey stand diesen Ermittlungen vor und galt deswegen als so gut wie unantastbar.

Führende US Demokraten zeigten sich dementsprechend entsetzt über die Kündigung. Der Schritt "riecht nach einer Vertuschung" und sei Teil eines Versuches, die Untersuchung zu behindern, sagte der ranghöchste Demokrat im Justizausschuss des Repräsentantenhauses, John Conyers. Die USA stünden damit am Rande einer Verfassungskrise. Mehrere Demokraten zogen Parallelen zum "Saturday Night Massacre" 1973, als der damalige Präsident Richard Nixon in der Watergate-Affäre einen unabhängigen Sonderermittler entließ. Gegen Nixon wurde später ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Das Präsidialamt unter Trump wies die Vorwürfe in der Nacht zum Mittwoch zurück.

Comeys unvermittelte Kündigung geht offenbar auf eine Initiative von Justizminister Sessions zurück. Er soll sich in einem Schreiben an den Präsidenten dafür ausgesprochen haben, dass die Bundesbehörde einen "frischen Start" brauche. Der FBI-Direktor müsse jemand sein, der "treu den Regeln und Prinzipien" des Justizministeriums folge. Der Nachfolger Comeys müsse zudem ein gutes Vorbild für Angestellte des Ministeriums sein. In dem Brief unterstützt Sessions die Entlassung Comeys.

Trump rief vor seiner Entscheidung offenbar zwei Mitglieder des Justizausschusses des US-Senats an: den republikanischen Senator Lindsey Graham und die demokratische Senatorin Dianne Feinstein. Graham ist der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur mutmaßlichen Einmischung Russlands in die amerikanische Präsidentschaftswahl. Keiner der beiden Senatoren habe die Entlassung Comeys kritisiert, hieß es.

Comeys Rolle im Wahlkampf 2016

Comey hatte rund um die US-Wahl 2016 eine umstrittene Rolle gespielt. Erst in der vergangenen Woche hatte er seine Entscheidung verteidigt, kurz vor der Wahl im November vergangenen Jahres neue Entwicklungen in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton öffentlich gemacht zu haben. Bei einer Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats sagte er: "Es war eine harte Entscheidung, aber ich glaube im Rückblick, dass es die richtige Entscheidung war."

Unmittelbar vor der Entlasssung Comeys am Dienstag erklärte dann jedoch seine eigene Behörde, dass Comeys Aussagen im Ausschuss über Clintons Topberaterin Huma Abedin falsch gewesen sei. Comey hatte behauptet, dass im Oktober 2016 auf dem Laptop von Abedins Ehemann, dem früheren Abgeordneten Anthony Weiner, "Hunderte und Tausende" weitergeleitete E-Mails seiner Frau gefunden worden seien. Er sei damals zu dem Schluss gekommen, dass ein Verheimlichen dieser Entwicklung katastrophal gewesen wäre, so Comey. Jetzt teilte jedoch das FBI mit, dass lediglich ein kleiner Teil von Abedins E-Mails weitergeleitet worden sei. Die meisten E-Mails mit als geheim eingestuften Inhalten seien nicht weiter versendet worden.

Comey hatte am 27. Oktober 2016 in einem Brief an Senatoren erklärt, er wolle die Ermittlungen in Clintons E-Mail-Affäre wieder aufnehmen, weil weitere Nachrichten aufgetaucht seien. Mehrere Tage später teilte Comey zwar mit, auch mit den neu entdeckten E-Mails gebe es keinen Anlass dafür, ein Strafverfahren gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin einzuleiten. Die Entwicklungen schadeten Clinton aber im Wahlkampf gegen den späteren Sieger Donald Trump sehr.

Comey ist ein Republikaner, der sich in Washington auch als unabhängige Stimme einen Namen gemacht hat. Er führte eine Behörde mit mehreren zehntausend Mitarbeitern und galt als einer der begabtesten und höchst respektierten Experten im Bereich Sicherheit und Strafverfolgung.

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