Süddeutsche Zeitung

Türkei:Lindner vergleicht Erdoğans Vorgehen mit Machtergreifung der Nazis

"Wir erleben einen Staatsputsch von oben wie nach Reichstagsbrand": FDP-Chef Lindner erinnert die Lage in der Türkei an Deutschland im Jahr 1933.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat das Vorgehen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan mit den Verfolgungs-Maßnahmen der Nationalsozialisten im Jahr 1933 verglichen. "Wir erleben einen Staatsputsch von oben wie 1933 nach dem Reichstagsbrand: Er baut ein autoritäres Regime auf, zugeschnitten allein auf seine Person", sagte Linder der Bild am Sonntag.

Der Reichstag in Berlin wurde 1933 kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Brand gesetzt. Die Nazis machten die Kommunisten dafür verantwortlich und nahmen das zum Anlass, mit brutaler Härte gegen politische Gegner vorzugehen und Grundrechte außer Kraft zu setzen.

Lindner forderte, Erdoğans Handeln müsse direkte Auswirkungen auf die Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit Ankara haben. "Es empört mich, dass die EU-Beitrittsgespräche nicht längst beendet sind. Aber Frau Merkel mahnt nur ganz vorsichtig 'Verhältnismäßigkeit' an." Lindner warf der Bundesregierung eine "windelweiche Haltung" gegenüber Erdoğan vor. "Weil Recht und Freiheit des Einzelnen keine Rolle mehr spielen, kann er kein Partner für Europa sein."

Außerdem kritisierte er die Flüchtlings- und Migrationspolitik der Regierungsparteien. "Merkel lullt uns seit Monaten ein", sagte Lindner. Er wolle Deutschland nicht abschotten, wie es Seehofer fordere. "Die Aussage, dass der Islam zu Deutschland gehört, ist mir zu pauschal." Beim Thema Islam fühle er sich Cem Özdemir von den Grünen näher als Merkel. Özdemir habe eine kritische Haltung zum Islam und zur Türkei. "Wir dürfen von Muslimen erwarten, dass sie ihren Glauben so modernisieren, dass er zu den Werten des Grundgesetzes passt", sagte Lindner.

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