Süddeutsche Zeitung

Syrien-Konflikt:Westen will neue Syrien-Resolution vorlegen

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Einen Tag nach den gemeinsamen Angriffen in Syrien sollen die USA, Frankreich und Großbritannien dem UN-Sicherheitsrat in New York den Entwurf für eine neue Resolution zu dem Bürgerkriegsland vorgelegt haben. Die von Frankreich verfasste Vorlage schlägt die Schaffung eines neuen Gremiums, eines "unabhängigen Mechanismus", für die Untersuchung des mutmaßlichen Chemiewaffenangriffs in der einstigen Rebellenhochburg Duma vor. Dadurch soll auch die Verantwortlichkeit für den Angriff geklärt werden, heißt es.

Zudem wurde die syrische Regierung von Machthaber Baschar al-Assad in dem Papier zur vollständigen Zusammenarbeit mit der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) aufgefordert. OPCW-Experten wollten am Samstag mit den Ermittlungen in Duma beginnen, der in dem Resolutionsentwurf scharf verurteilt wurde. Die OPCW soll dem Entwurf zufolge zudem innerhalb von 30 Tagen darlegen, ob Syrien seine Bestände an Chemiewaffen vollständig offen gelegt hat.

Außerdem forderte der Entwurf einen "humanitären Zugang ohne Einschränkungen" in ganz Syrien. Die Regierung solle "ohne Vorbedingungen" und "konstruktiv" Verhandlungen mit den Rebellen aufnehmen. Der Entwurf solle eine nachhaltige Lösung im Syrien-Konflikt bringen, sagte der französische UN-Botschafter François Delattre. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian forderte Russland auf, Druck auf die syrische Regierung aufzubauen, um einen politischen Prozess in Gang zu bringen.

Die Gespräche im Sicherheitsrat über den französischen Entwurf sollen nach Angaben aus Diplomatenkreisen am Montag beginnen. Wann über den Entwurf abgestimmt werden soll, blieb hingegen offen. Paris wolle Zeit für "echte Verhandlungen" lassen, hieß es.

Russland signalisiert Ablehnung

Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja signalisierte bereits seine Ablehnung gegenüber dem Vorstoß. Die aktuelle Atmosphäre sei "jedweder Annäherung nicht gerade zuträglich", sagte er. Zunächst müsse die "politische und gefährliche militärische Situation" geklärt werden, "in der wir gerade stecken". Damit nahm Nebensja Bezug auf die jüngsten Luftangriffe der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf Ziele in Syrien. Die Aktion war eine Vergeltung für den mutmaßlichen Giftgaseinsatz vergangene Woche in Duma, für den die Westmächte die Assad-Regierung verantwortlich machen.

Wenige Stunden vor dem Publikwerden des westlichen Resolutionsentwurfs war Russland in einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats damit gescheitert, die Luftangriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens auf Syrien als "Aggression" zu verurteilen. Nebensja bezeichnet die Militäraktion als "Rowdytum". Der Westen macht die syrische Führung unter Machthaber Assad für einen mutmaßlichen Chemiewaffenangriff in Duma verantwortlich, bei dem am 7. April nach Angaben örtlicher Ärzten und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehr als 40 Menschen getötet wurden.

Steinmeier warnt vor "gefährlicher Entfremdung"

In Deutschland fiel die Reaktion auf den Raketenbeschuss gemischt aus. Bundeskanzlerin Merkel bezeichnete die Angriffe als "angemessen", Bundespräsident Steinmeier rief die USA und Russland auf, einen neuen Anlauf für eine syrische Friedensinitiative zu starten. "Es geht am Ende nicht ohne die regionalen Nachbarn, aber nichts beginnt ohne USA und Russland", sagte er der Bild am Sonntag.

Gleichzeitig warnte er vor einer weiteren Eskalation des Konflikts. Das gefährlichste sei daran inzwischen das Aufeinandertreffen der Großmächte USA und Russland. "Darum ist dieser Konflikt jetzt noch viel explosiver und gefährlicher als in den ersten Jahren", sagte er.

Steinmeier zeigte sich äußerst besorgt über das zerrüttete Verhältnis zwischen dem Westen und Russland. Es gebe auf beiden Seiten "praktisch keine Vertrauensbasis mehr". Das zeige sich auch in dem Fall des vergifteten Ex-Agenten Skripal im Vereinigten Königreich. Steinmeier appellierte an die Bundesregierung, bei den diplomatischen Bemühungen nicht nachzulassen. "Ganz unabhängig von Putin - wir dürfen nicht Russland insgesamt, das Land und seine Menschen, zum Feind erklären", sagte er. Das Ziel von verantwortlicher Politik müsse es sein, dieser "gefährlichen Entfremdung" entgegenzuwirken.

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