Süddeutsche Zeitung

OpenLux-Recherche:Luxemburg lockt weiterhin Steuervermeider

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Allen Beteuerungen zum Trotz bleibt das Großherzogtum eine Steueroase. Unternehmen, Kriminelle und Millionäre gründen dort nach wie vor Briefkastenfirmen. Deutschland entgehen so Steuern in Milliardenhöhe.

Von Mauritius Much, Frederik Obermaier und Ralf Wiegand, München

Trotz aller Skandale und Ermittlungen zieht die Steueroase Luxemburg weiterhin internationale Konzerne und vermögende Personen an und macht es diesen leicht. Allein 2020 wurden in dem Großherzogtum 10 713 Firmen gegründet. Ein öffentliches Register, mit dem Luxemburgs Behörden nach jahrzehntelangem Mauern die wahren Eigentümer von Briefkastenfirmen offenbaren wollten, erweist sich als weitgehend wirkungslos. Die Angaben sind oft fehlerhaft, bei fast der Hälfte aller Firmen fehlen sie gleich ganz, wie eine Recherche von Süddeutscher Zeitung, Le Monde, dem Miami Herald und weiteren Partnern zeigt. Tausende derartiger Fälle wurden zuletzt von Luxemburgs Finanzbehörden an die Staatsanwaltschaft weitergegeben.

Bei jenen Firmen, deren wahre Eigentümer vor den Behörden offengelegt sind, zeigt sich ein klarer Trend: Das Geld kommt aus dem Ausland, etwa drei Viertel der Firmeneigentümer stammen aus aller Welt statt aus dem Großherzogtum selbst. Allein aus Deutschland besitzen rund 4600 Männer und Frauen eine Luxemburg-Firma.

Die internationalen Recherchen mit dem Titel "OpenLux" zeigen auch, dass Luxemburg nach wie vor nicht nur die Reichen und Prominenten anzieht, sondern auch fragwürdige Gestalten: einen Waffenhändler etwa, der im Zentrum eines großen Korruptionsskandals in Frankreich steht; den Anführer einer der größten russischen Mafiaorganisationen; einen der Schwiegersöhne des tunesischen Ex-Diktators Ben Ali, gegen den wegen Korruption in seinem Land ermittelt wird. Und Menschen mit Verbindungen zur italienischen Mafiaorganisation 'Ndrangheta.

Erst der Lux-Leaks-Skandal, nun OpenLux

Luxemburg ist eine der bekanntesten Steueroasen der Europäischen Union. Durch vorteilhafte Steuerdeals mit den dortigen Behörden konnten multinationale Unternehmen wie Ikea oder Amazon ihre Abgaben auf nahezu null drücken. Bereits im Jahr 2014 gelangten Hunderte dieser geheimen Vereinbarungen durch zwei Whistleblower an die Öffentlichkeit, dies wurde damals von der SZ und anderen Medien unter dem Titel "Lux-Leaks" aufgedeckt. Die Dokumente zeigten, dass einige Konzerne ihre Steuersätze mithilfe der luxemburgischen Behörden auf unter ein Prozent gedrückt haben. Das EU-Parlament setzte daraufhin einen Sonderausschuss ein, der sich auch kritisch mit der Rolle des damaligen EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker auseinandersetzte. Er gilt als einer der Architekten der Steueroase Luxemburg, er war lange dort Premierminister.

Die Regierung des Großherzogtums gelobte nach dem Lux-Leaks-Skandal Besserung. Es gebe heute "keine schädlichen Steuerpraktiken", sagt Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna. Und das luxemburgische Justizministerium weist darauf hin, dass sein Land heutzutage transparenter sei als andere EU-Staaten.

Unabhängige Experten halten Luxemburg indes nach wie vor für eine Steueroase. Laut einer Studie der Ökonomen Ludvig Wier, Gabriel Zucman und Thomas Tørsløv entgehen allein der Bundesrepublik Deutschland wegen der luxemburgischen Steuergesetzgebung jährlich rund fünf Milliarden Euro an Steuereinnahmen.

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