Süddeutsche Zeitung

NSA-Affäre:Obama verspricht Reform der Überwachung

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Die Arbeit der Geheimdienste soll transparenter werden: US-Präsident Obama kündigt an, für Aufklärung bei der Internet-Überwachung zu sorgen - und der Sammelwut der Geheimdienste Grenzen zu setzen. Den nach Moskau geflohenen Whistleblower Snowden fordert er auf, sich zu stellen. Snowdens Flucht beeinträchtigt das Verhältnis zu Russland weiterhin.

Die Überwachungstätigkeit der US-Geheimdienste soll nach dem Willen von Präsident Barack Obama eingegrenzt werden. Die USA könnten es sich leisten, das Sammeln von Metadaten einzuschränken, sagte Obama am Freitag in Washington und kündigte Verhandlungen mit dem Kongress an. "Wir können und müssen transparenter werden", forderte er als Konsequenz aus den Enthüllungen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden. Gemeinsam mit dem Kongress wolle er die gesetzlichen Regelungen für das Sammeln von Telefondaten ändern. Die USA seien nicht daran interessiert, einfache Bürger auszuforschen. Das Sammeln von Daten solle ausschließlich der Sicherheit der USA und ihrer Verbündeten dienen.

Obama kündigte konkrete Schritte an, um in Zusammenarbeit mit dem Kongress die Gesetze zu reformieren. Die Behörden sollen so viele Informationen wie möglich bekannt machen. Überprüft werden soll unter anderem die Regelung zum Sammeln von Telefondaten. Der Geheimdienst NSA soll einen Bereich einrichten, der sich mit Bürgerrechten und Datenschutz befasst. Zudem sollen Experten außerhalb der Regierung die Überwachungsprogramme bewerten.

Die Aufdeckung des Ausmaßes der globalen Internetüberwachung durch die NSA hatte international, aber auch in den USA große Besorgnis hervorgerufen. Bei vielen Internet-Nutzern entstand der Eindruck, dass der Abhördienst nach Belieben persönliche Daten sammeln kann. Am Vorabend der Pressekonferenz hatte Obama mit Spitzenvertretern von Internet-Größen wie Google und Apple Konsequenzen aus den Enthüllungen erörtert. Das Treffen am Donnerstag sei Teil eines Dialogs, mit dem Obama ausloten wolle, wie Privatsphäre und nationale Sicherheit vereinbart werden könnten, sagte ein Sprecher des Präsidialamtes am Freitag, ohne inhaltliche Details zu nennen.

"Ich denke nicht, dass Mr. Snowden ein Patriot ist"

Im US-Repräsentantenhaus war eine parteiübergreifende Initiative zur Einschränkung der Geheimdienstschnüffelei nur knapp gescheitert. Obama hatte das Vorgehen der NSA bisher stets als legal und wichtig für die Sicherheit der Bevölkerung im Kampf gegen den Terrorismus verteidigt.

Den Whistleblower Snowden forderte Obama auf, sich der Justiz in den USA zu stellen, wenn er denke, dass seine Handlungen legal gewesen seien. "Ich denke nicht, dass Mr. Snowden ein Patriot ist", sagte Obama. Aber nun, da die Enthüllungen geschehen seien, müsse die Politik sich mit der Kritik an den Überwachungsprogrammen beschäftigen. "Ich glaube, die Menschen haben Fragen über diese Programme." Es sei keine Frage, dass Snowdens Enthüllungen die Diskussion beschleunigt hätten. Dabei sei aber die Sicherheit des Landes gefährdet worden.

Snowden hat in Russland für ein Jahr politisches Asyl erhalten, was die Beziehungen zwischen beiden Ländern belastet. Obama hatte deshalb ein Treffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin im September abgesagt.

Zum Verhältnis der USA zu Russland sagte Obama, seit der Rückkehr Putins ins Präsidentenamt habe sich antiamerikanische Rhetorik in Moskau verstärkt. Er habe Putin ermutigt, vorwärts zu denken, aber "mit gemischtem Erfolg". Der jüngste Vorfall, nämlich die Gewährung des vorläufigen Asyls für Snowden, sei nur ein jüngstes Beispiel in einer Reihe von Problemen. Es sei nun "angemessen", dass die USA eine Pause einlegten und neu einschätzten, "wohin Russland geht". Einen Boykott der Olympischen Winterspiele in Sotschi lehnte Obama zu diesem Zeitpunkt ab.

Außenminister wollen sich erneut Ende August treffen

Trotz der Verstimmungen haben die USA und Russland am Freitag gemeinsame Anstrengungen zur Bewältigung von Krisen wie der in Syrien angekündigt. Die Außenminister beider Länder bekräftigten bei einem Treffen in Washington das Ziel einer politischen Lösung des Bürgerkriegs in dem Land. Damit solle verhindert werden, dass der Nahost-Staat im Chaos versinke, sagte Gastgeber, US-Außenminister John Kerry.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow ergänzte: "Wir haben dasselbe Ziel." So schnell wie möglich solle eine Friedenskonferenz für Syrien in Genf organisiert werden. Zur Vorbereitung wollten sich die Minister erneut Ende August treffen.

Wie Kerry forderte Lawrow direkte Gespräche zwischen der syrischen Regierung und den Rebellen. Die Verteidigungsminister Chuck Hagel und Sergej Schoigu kündigten parallel den Ausbau der militärischen Zusammenarbeit an. Kerry sagte, beide Länder hätten gemeinsame Interessen, auch wenn sie gelegentlich aneinandergerieten. "Natürlich haben wir Differenzen", sagte Lawrow. Darüber werde in aller Ruhe und Freundlichkeit geredet. Die Beziehungen stünden auf einer guten Grundlage.

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SZ vom 10.08.2013
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