Süddeutsche Zeitung

Nordkorea:Kim Jong-un will wieder telefonieren

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Der Diktator des bitterarmen Landes sendet ein Signal der Entspannung: Nordkorea wolle die Kommunikation mit Südkorea wiederherstellen. Die Feindschaft mit den USA betont Kim jedoch.

Von Thomas Hahn, Tokio

Am Mittwoch hielt Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un wieder eine dieser Reden, mit denen er in der westlichen Welt verlässlich Schlagzeilen macht. Er sprach am zweiten Tag der Obersten Volksversammlung, einem Pseudoparlament der Parteidiktatur. Laut Parteizeitung Rodong Sinmun sagte er, dass sein Regime wieder mit dem freiheitlichen Bruderstaat Südkorea telefonieren wolle.

Kim habe "die Absicht" geäußert, "die zwischenkoreanischen Kommunikationsverbindungen ab Anfang Oktober wiederherzustellen", schreibt die Zeitung. Außerdem habe er gesagt, Nordkorea wolle Südkorea nichts zuleide tun: "Südkorea sollte sich schnell von dem wilden Traum verabschieden, dass es Nordkoreas Provokationen abwehren muss." Auch "von seiner Opfermentalität" solle sich der südliche Nachbar verabschieden.

Nordkoreas Parteidiktatur hat in den vergangenen Wochen fleißig Waffen getestet. Marschflugkörper, ballistische Raketen, am Dienstag eine Hyperschallrakete, die sich von Raketenabwehrsystemen schwer abfangen lässt. Nie ließ das Regime einen Zweifel daran, dass die Tests mit dem nationalen Atomwaffenprogramm zusammenhängen. Besagte Kommunikationskanäle kappte Nordkorea im August nach kurzer Entspannung aus Wut darüber, dass Südkorea mit den USA Militärübungen unternahm. Verständlich also, dass die Regierung in Seoul zuletzt kein gutes Gefühl hatte. Auf Kims neues Signal reagierte sie zurückhaltend. Das Vereinigungsministerium teilte mit, die Leitungen seien notwendig, um aktuelle Themen der beiden Koreas zu besprechen. Man hoffe auf stabile Kontakte.

Dafür gibt es keine Garantie. Wirtschaftliche Vorteile könnten Nordkorea zwar zugänglicher machen. Aber wegen der UN-Sanktionen und der Bündnispartnerschaft mit den USA kann Südkorea dabei nicht so weit gehen, wie Kim Jong-un das wohl gerne hätte. In seiner Rede klang der Wunsch an, dass sich Südkorea stärker von den USA distanziert.

Die USA sind der ewige Bösewicht

Südkoreas Präsident Moon Jae-in hatte vergangene Woche vorgeschlagen, die beiden Koreas, die USA und vielleicht auch China sollten gemeinsam eine Erklärung ausarbeiten, die den offiziell immer noch schwelenden Koreakrieg beendet. Pjöngjang sah dafür zunächst keine Chance, später aber fand die mächtige Schwester des Diktators, Kim Yo-jong, Moons Idee "bewundernswert" - sofern Südkorea seine "feindliche Politik" stoppe.

Auch ihr Bruder hat nun nachgesetzt: Voraussetzung für einen echten Frieden sei gegenseitiger Respekt und eine Abkehr von "der voreingenommenen Perspektive, der unfairen dualistischen Haltung sowie der feindlichen Sichtweise und Politik", sagte er in der Parteizeitung mit Blick auf den ewigen Bösewicht USA. Seit Joe Biden US-Präsident sei, habe es "überhaupt keine Veränderung der militärischen Bedrohung durch die Amerikaner gegeben, stattdessen sind ihre Ausdrucksweisen und Methoden gerissener geworden", beschwerte sich Kim.

Dabei hat Washington jüngst wiederholt für einen Dialog geworben. Kim hält das für einen "billigen Trick". Der Glaube, sich ständiger Provokationen erwehren zu müssen, ist tief verwurzelt.

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