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Gaspipeline Nord Stream 2:US-Botschafter Grenell nennt Sanktionen "pro-europäische Entscheidung"

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Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, hat die Kritik der Bundesregierung an den US-Sanktionen gegen den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 zurückgewiesen. "15 europäische Länder, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament haben allesamt ihre Bedenken an dem Projekt angemeldet", sagte Grenell der Bild am Sonntag. "Seit langem hören wir von unseren europäischen Partnern, dass die Vereinigten Staaten sie bei ihren Bemühungen unterstützen sollen. Darum handelt es sich bei den Sanktionen um eine sehr pro-europäische Entscheidung." Viele europäische Diplomaten hätten sich bedankt, dass die amerikanische Regierung Maßnahmen ergriffen habe, sagte Grenell.

Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung Polens und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Während die Bundesregierung hinter dem Gasprojekt steht, lehnen es die USA und mehrere EU-Staaten vehement ab. Sie kritisieren, Deutschland und die Europäer begäben sich in Abhängigkeit von Russland. Die USA haben trotz deutschen Widerstands Sanktionen gegen beteiligte Firmen erlassen. Kritiker vermuten, dass die Vereinigten Staaten auch ihr - teureres - Flüssiggas verkaufen wollen und deshalb massiven Druck aufgebaut haben.

Die amerikanische Position sei schon von der Vorgängerregierung unter Präsident Barack Obama vertreten worden, betonte Grenell. "Das Ziel ist immer gewesen, für eine Diversifizierung der europäischen Energiequellen zu sorgen und sicherzustellen, dass nicht ein Land oder eine Quelle einen zu starken Einfluss auf Europa mittels Energie aufbauen kann." Die US-Regierung sei erfreut darüber, "dass die beteiligten Firmen bereits reagiert haben". Eine Schweizer Firma, die mit Spezialschiffen die Rohre durch die Ostsee verlegt, hatte umgehend ihre Arbeit an der Pipeline aufgrund der Sanktionen bis auf Weiteres ausgesetzt.

Deutschland verzichtet auf Gegenaktionen

Vizekanzler Olaf Scholz bezeichnete in einem Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio die US-Sanktionen als "schweren Eingriff in die inneren Angelegenheiten Deutschlands und Europas und der eigenen Souveränität". Auf Gegensanktionen will die Bundesregierung nach eigenem Bekunden aber verzichten.

Hinter dem Pipeline-Projekt steht der russische Staatskonzern Gazprom, der die Hälfte der geplanten Gesamtkosten von 9,5 Milliarden Euro stemmen soll. Die andere Hälfte finanzieren fünf europäische Energieunternehmen, wie Wintershall Dea, OMV sowie Uniper, Royal Dutch Shell und Engie.

Aus Sicht des russischen Außenministeriums gefährden die Sanktionen die Fertigstellung von Nord Stream 2 nicht. "Russland hat seine Wirtschaftsprojekte umgesetzt und wird sie weiter umsetzen - unabhängig von irgendwelchen Sanktionen", teilte das Außenministerium am Samstag in Moskau mit. Die USA gingen mit den Strafmaßnahmen vor allem gegen ihre Verbündeten in Europa vor.

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