Süddeutsche Zeitung

Myanmar:"Ihre Tage als freie Frau sind vorbei"

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Ein Gericht in Myanmar verurteilt die ehemalige Staatschefin Aung San Suu Kyi zu fünf Jahren Haft - und viele weitere Prozesse stehen noch an. Geht es nach dem Militär, soll die 76-Jährige nie wieder freikommen.

Von David Pfeifer, Bangkok

Zu fünf Jahren Gefängnis hat ein Gericht Aung San Suu Kyi verurteilt, wie am Mittwoch bekannt wurde. Es ist nicht das erste Urteil in einer Reihe von Verfahren, die das Militär nach dem Putsch gegen Myanmars ehemalige De-facto-Regierungschefin angestrengt hat - und es wird nicht das letzte sein. In diesem Fall ging es um Korruption: Die Politikerin wurde beschuldigt, 11,4 Kilogramm Goldbarren und 600 000 US-Dollar vom Regierungschef der Region Yangon angenommen zu haben.

Seit die Militärjunta in der Nacht zum 1. Februar 2021 die Macht an sich riss, wurden 18 Anklagen gegen Aung San Suu Kyi erhoben. Alle wirken konstruiert, wie es aussieht, soll die 76-Jährige für immer weggesperrt werden. Wo Aung San Suu Kyi, die bereits viele Jahre unter Hausarrest stand, festgehalten wird, ist nicht bekannt. Seit dem Militärputsch wurde sie nicht mehr gesehen, die Prozesse fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, ihre Anwälte dürfen nicht mit Medienvertretern sprechen.

Der Widerstand gegen die Militärjunta wächst weiter

Das unabhängige Magazin Frontier Myanmar berichtete am vergangenen Freitag auf Basis einer anonymen, der Politikerin nahestehenden Quelle, sie habe das Volk dazu aufgerufen, "vereint zu sein". Danach wurde vor allem in den sozialen Medien diskutiert, wie das wohl gemeint war. "Es ist bemerkenswert, dass vage, kurze Kommentare von Aung San Suu Kyi das Internet in Myanmar dazu veranlassen, Teeblätter zu lesen", kommentierte Frontier Myanmar.

Als Symbolfigur verfügt die Friedensnobelpreisträgerin weiter über großen Einfluss, doch "die Tage, an denen Aung San Suu Kyi eine freie Frau war, sind tatsächlich vorbei," sagte Phil Robertson, Vizedirektor von Human Rights Watch Asien. Der Widerstand gegen die Junta wächst aber auch ohne ihre tatsächliche Präsenz weiter. Immer mehr Menschen fliehen in Gebiete, die sich weitgehend der Kontrolle des Militärs entziehen. Viele greifen zur Waffe. Die benachbarten Asean-Staaten haben den Generälen die Teilnahme an Gipfeltreffen verweigert, wenn sie keinen zivilen Vertreter benennen. Und wenn sie keinem unabhängigen Beobachter Zugang zu Aung San Suu Kyi gewähren.

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