Süddeutsche Zeitung

CSU-Klausur:Söder sucht Schulterschluss mit Kramp-Karrenbauer

Lesezeit: 3 min

Auch die CDU-Vorsitzende habe schon Vorschläge gemacht, ohne sich vorher abzustimmen, sagt Söder. Wie der CSU-Chef selbst auch, als er eine Kabinettsumbildung forderte. Wird ihn Kramp-Karrenbauer jetzt unterstützen?

Von Nico Fried, Seeon und Robert Roßmann, Berlin, Seeon/Berlin

Markus Söder versteht es, noch in das schönste Lob für andere einen Hinweis zu seinen Gunsten einzuflechten. Annegret Kramp-Karrenbauer ist gerade zu Gast bei der CSU in Kloster Seeon. Und der CSU-Chef würdigt ihre Arbeit als Verteidigungsministerin. Kramp-Karrenbauer zeige einerseits Geschick und Empathie, andererseits aber auch Mut, sagt Söder. Damit meint er ihre Vorstöße für mehr deutsches Engagement in Nordsyrien und in der Sahel-Zone. Er finde es gut, dass die Ministerin da "klare Position" bezogen habe - auch wenn es "die eine oder andere Diskussion gegeben hat: War das jetzt abgestimmt oder nicht."

Genau das ist ja jetzt auch die Diskussion nach Söders Vorstoß für eine Kabinettsumbildung in der großen Koalition. Am Sonntag hatte der CSU-Chef via Interview Erneuerung und Verjüngung unter den Ministern gefordert, dabei aber vor allem Ressorts ins Visier genommen, die von CDU-Politikern geführt werden. Am Montag gab er dann zu, dass er darüber erst hinterher mit Kramp-Karrenbauer gesprochen habe. Und am Dienstag geht es nun darum, die ganze Sache etwas herunterzuspielen. Nach der Devise: Hat sie doch auch schon gemacht. Wird die CDU-Vorsitzende das Spiel mitmachen?

Teilweise. "Wir beide bilden eine Achse", sagt Kramp-Karrenbauer über ihr Verhältnis zu Markus Söder. Man rede "sehr viel miteinander, manchmal bevor wir mit Ideen an die Öffentlichkeit gehen und manchmal, nachdem wir an die Öffentlichkeit gegangen sind". Söder sieht das rettende Ufer und ruft dazwischen: "Aber wir reden immer!" Die CDU-Vorsitzende verweist darauf, dass sie ein Digitalministerium gefordert habe. "Das war vorher auch nicht abgestimmt." Einer guten Zusammenarbeit tue das keinen Abbruch.

Aber wie sieht sie Söders Vorstoß in der Sache? Kramp-Karrenbauer holt ein bisschen aus. Man stehe nun in einem neuen Jahrzehnt, "das auch große politische Antworten braucht", sagt die CDU-Chefin. Sie wolle 2030 "ein Deutschland, das innovativ, das wirtschaftsstark, digital, sicher und klimafreundlich" sein solle. Dafür arbeite man schon in der bestehenden Regierung. "Wo wir unsere Ministerinnen und Minister dabei unterstützen können, das noch besser zu tun für die Zukunft, werden wir das sicherlich machen." Das ist nicht ungeschickt. Kramp-Karrenbauer räumt Defizite ein, zieht aber einen Teil der Verantwortung auch zu den Parteien und ihren Chefs.

Gleichzeitig, so Kramp-Karrenbauer weiter, brauche man "einen Aufbruch mit Augenmaß für die Zeit nach dieser Legislaturperiode". Sie wolle, dass die Union gemeinsam Ende des Jahres "ein klares Zukunftsprogramm" habe, "eine Organisations- und Kampagnenstruktur, die sich auf der Höhe der Zeit befindet" - und "ein Team von Köpfen, die für diese Ziele und diese Zukunft auch glaubhaft stehen". Diesen Dreiklang brauche man für ein erfolgreiches Wahljahr.

Kramp-Karrenbauer steht eher für Erneuerung. Die CDU-Zentrale hat sie bereits umgebaut.

Als Kramp-Karrenbauer konkret nach einer Kabinettsumbildung gefragt wird, sagt sie, das sei "eine Möglichkeit, die Markus Söder ins Spiel gebracht hat". Sie wolle eine Aufstellung, an der die Wähler sehen könnten: "Dafür stehen wir inhaltlich, und das sind die Frauen und Männer, die für diese Punkte stehen". Es klingt mehr nach Schattenkabinett als nach Kabinettsumbildung. Das dürfte aber auch daran liegen, dass Kramp-Karrenbauer mehr Rücksicht nimmt auf eine Person, deren Name an diesem Tag überhaupt nicht fällt: Angela Merkel. Es liegt ja vor allem an der Kanzlerin, dass es im Kabinett so wenig Bewegung gibt. Merkel ist nicht gerade dafür bekannt, Minister vorschnell auszutauschen.

Kramp-Karrenbauer steht da schon eher für die Erneuerung und Verjüngung, die Söder jetzt einfordert. In der CDU-Zentrale, und damit in dem Bereich, in dem sie frei agieren kann, hat sie das bereits bewiesen. Die CDU-Chefin ist erst seit einem guten Jahr im Amt, aber das Konrad-Adenauer-Haus hat sie schon fast vollständig umgebaut. Statt des Merkel-Vertrauten Klaus Schüler ist jetzt der 16 Jahre jüngere Stefan Hennewig Bundesgeschäftsführer.

Außerdem hat Kramp-Karrenbauer den 35-jährigen Stefan Gruhner in die Parteizentrale geholt. Der ehemalige Thüringer Landtagsabgeordnete leitet künftig die Stabsstelle "Zukunft der Volkspartei, Bund-Länder-Koordination und internationale Parteienbeziehungen" - und soll die geplante Parteireform vorantreiben. Gruhner war bei der Wahl des JU-Chefs dem hemdsärmelig auftretenden Tilman Kuban unterlegen, seine Berufung wird auch als Zeichen Kramp-Karrenbauers gewertet, mit Kubans Kurs nicht so viel anfangen zu können. Außerdem berief die CDU-Chefin die 36-jährige Isabelle Hass zur Leiterin der Abteilung "Kampagne und Marketing" und die 42-jährige Simone Großner zur Leiterin der Stabsstelle "Strategie und Planung"; die beiden Frauen genießen in der CDU-Zentrale hohe Anerkennung.

Im Adenauer-Haus war die Atmosphäre lange eher schlecht, nun berichten Mitarbeiter von einer Aufbruchstimmung, die sich breit mache - das Haus funktioniere wieder. Ähnliches erhofft sich Söder jetzt von einer Kabinettsumbildung. Aber der Umbau einer Regierung ist halt schwieriger als der einer Parteizentrale - vor allem, wenn die Kanzlerin bremst.

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Quelle:
SZ vom 08.01.2020
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