Luanda Leaks:Deutsches Geld für die reichste Frau Afrikas
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Von Bernd Dörries, Luanda, Nicolas Richter und Tobias Zick, Luanda/München
Neue, bislang unveröffentlichte Dokumente zeigen, wie die reichste Frau Afrikas, Isabel dos Santos, ihr Vermögen auf dubiose Weise gemehrt hat. Dos Santos ist die Tochter des früheren Staatspräsidenten von Angola, José Eduardo dos Santos, der das Land fast vier Jahrzehnte lang autokratisch regierte. Das Vermögen von Isabel dos Santos wird auf mehr als zwei Milliarden Dollar geschätzt. Die mehr als 715 000 Dokumente erhärten den Verdacht, dass sie erheblich von der Hilfe ihres Vaters während dessen Präsidentschaft in einem der ärmsten und korruptesten Länder der Welt profitiert hat. Hinzu kam Unterstützung aus dem Ausland, unter anderem ein Darlehen in Höhe von rund 50 Millionen Euro, das eine Tochterfirma der staatlichen deutschen Förderbank KfW im Jahr 2015 vergeben hat. Dos Santos bestreitet jedes Fehlverhalten.
Die neuen Erkenntnisse stammen aus einem Aktenkonvolut, das der afrikanischen Whistleblower-Plattform PPLAAF zugespielt wurde; diese teilte es mit dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) in Washington, das bereits an den Panama Papers gearbeitet hat und die weitere Recherche koordinierte. An dem Projekt, das unter dem Titel "Luanda Leaks" veröffentlicht wird, arbeiten mehr als 120 Journalistinnen und Journalisten aus 20 Ländern; in Deutschland sind Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR beteiligt.
Die Dokumente gewähren Einblick in das Firmen-Imperium von Isabel dos Santos. Zu diesem undurchsichtigen Netzwerk zählen mehr als 400 Unternehmen weltweit. Dos Santos bedient sich dabei auch der Hilfe von europäischen Anwälten und Wirtschaftsberatern. In den vergangenen Jahren war sie häufig zu Gast bei internationalen Kongressen. In dieser Woche sollte sie eigentlich beim Weltwirtschaftsforum in Davos auftreten, das zum 50. Mal stattfindet. Ihr Auftritt wurde aber abgesagt, nachdem Teile ihres Vermögens Ende Dezember von der angolanischen Justiz eingefroren worden waren. Dies geschah kurz nachdem das ICIJ der Regierung in Luanda, Angolas Hauptstadt, Fragen zu dos Santos geschickt hatte. Die Justiz erklärte, dos Santos habe sich auf Staatskosten um mehr als eine Milliarde Dollar bereichert. Angolas Generalstaatsanwalt Hélder Pitta Grós sagte, es gebe bei Isabel dos Santos den Anfangsverdacht von kriminellem Verhalten.
Deutsche Förderbank finanzierte Verkauf von Brauereianlagen nach Angola
Isabel dos Santos, 46, hat oft beteuert, sie habe ihren Erfolg nur sich selbst zu verdanken. Die Luanda Leaks erhärten aber den Verdacht, dass sie stark vom Einfluss ihres Vaters profitierte. Dessen Regierung gewährte einer Firma, die seine Tochter gegründet hatte, eine Mobilfunklizenz. Im Jahr 2016 beförderte die angolanische Regierung sie an die Spitze des staatlichen Ölkonzerns Sonangol. Anderthalb Jahre später, nachdem ihr Vater als Staatspräsident abgetreten war, wurde Isabel dos Santos vom Chefposten abberufen. Ihr Nachfolger bei Sonangol hat ihr vorgeworfen, sie habe Millionen Dollar aus der Firmenkasse an eine Firma in Dubai überweisen lassen. Dos Santos erklärt, es habe sich um legitime Beraterhonorare gehandelt.
Fragen wirft zudem ein Geschäft mit deutscher Beteiligung auf. Im Jahr 2015 kaufte die angolanische Brauerei Sodiba, die von Isabel des Santos geführt wurde, Industrieanlagen bei der Krones AG mit Sitz in der Oberpfalz. Finanziert wurden die Brauerei- und Abfüllanlagen mit einem Darlehen in Höhe von rund 50 Millionen Euro, das die KfW Ipex-Bank gewährt hatte, die zur staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gehört. Die KfW Ipex-Bank, die deutsche Exporte fördert, lieh das Geld einer staatseigenen angolanischen Bank, die damit wiederum der Brauerei der Präsidententochter ein Darlehen gewährte.
Überschattet wurde das Geschäft von einem Interessenkonflikt, der im damaligen Angola typisch war: Der autokratische Präsident nutzte seine Stellung, um ein Unternehmen seiner Tochter zu fördern. Per Dekret hatte er das Brauereiprojekt genehmigt; eine Regierungsbehörde erklärte das Vorhaben für strategisch bedeutend und sagte der Brauerei weitreichende Steuervorteile zu. Ein solches Geschäft, von dem eine Angehörige des mächtigsten Politikers im Land profitiert, würde in vielen Ländern mindestens als anrüchig gelten.
Die Unterstützung für das Brauereiprojekt von dos Santos durch Angolas Regierung war bekannt
Der Sodiba-Deal offenbart, wie nachlässig die deutsche Exportwirtschaft und deren Geldgeber mit Vetternwirtschaft in Entwicklungsländern umgehen. Als die KfW Ipex-Bank das Darlehen im Jahr 2015 vergab, war es längst kein Geheimnis mehr, dass Angolas Regierung das Brauereiprojekt von Isabel dos Santos unter anderem mit Steuererleichterungen unterstützte - dies hatte bereits 2013 im Diário da República gestanden, dem angolanischen Bundesanzeiger. Auch hatte die Zeitschrift Forbes bereits ausführlich über mögliche Interessenkonflikte in der Präsidentenfamilie berichtet. Die KfW Ipex-Bank erklärt, sie habe damals nur die angolanische Partnerbank überprüfen müssen, nicht die Brauerei oder deren Anteilseigner. Die Anlagenherstellerin Krones AG erklärt, sie habe damals nicht gewusst, dass Isabel dos Santos in das Geschäft eingebunden war - dies habe sie erst 2017 erfahren. Ein Anwalt von Isabel dos Santos bestreitet auf Anfrage, dass es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Die Brauerei sei ausschließlich durch private Investitionen und Bankkredite finanziert worden und habe kein Geld vom Staat erhalten, erklärte er.
Isabel dos Santos verteidigt sich gegen jegliche Vorwürfe aus den Luanda Leaks vehement. Diese seien haltlos. Sie selbst sei das Opfer einer "orchestrierten Attacke der aktuellen Regierung". Sie und ihr Mann würden zu "Sündenböcken" gemacht, sagte sie in einem Interview der BBC. Ihre prominente Rolle in der angolanischen Wirtschaft sei unter anderem damit zu erklären, dass sie zu den wenigen Angolanern mit internationaler Geschäftserfahrung gehöre. Dagegen nennt der britische Autor Oliver Bullough Angola eine "perfekte Fallstudie für Kleptokratie", da die einst herrschende Familie dos Santos Entscheidungen getroffen habe, die ihr selbst genützt hätten.