Süddeutsche Zeitung

Heizungsgesetz:"Der Höhepunkt eines indiskutablen Gesetzgebungsverfahrens"

Lesezeit: 2 min

Die Union fordert einen Neustart für das Heizungsgesetz. In einem hitzigen Schlagabtausch debattierten die Abgeordneten zum letzten Mal vor der Sommerpause.

Von Nadja Lissok

Am letzten Tag vor der Sommerpause befassen sich die Abgeordneten noch einmal mit dem Thema, das schon seit Wochen die Gemüter im politischen Berlin erhitzt: dem Heizungsgesetz. Beziehungsweise mit der letzten dramatischen Wendung: dem Stopp des Gesetzgebungsverfahrens durch das Bundesverfassungsgericht.

Bevor der erwartete Schlagabtausch zwischen Ampel-Fraktionen und Opposition losgehen kann, will die CDU/CSU-Fraktion Bundeswirtschaftsminister Habeck herbeizitieren. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), stellt den Geschäftsordnungsantrag. Er begründet das Anliegen damit, dass man am "Höhepunkt eines indiskutablen Gesetzgebungsverfahrens" angelangt und Habeck der zuständige Minister sei.

Weil das Bundestagspräsidium uneinig und das Abstimmungsverhalten unübersichtlich ist, verkündet Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) den Hammelsprung. Dabei verlassen die Abgeordneten den Plenarsaal und betreten ihn dann wieder durch eine von drei Türen, die jeweils für Ja, Nein oder Enthaltung stehen. Die Mehrheit der Abgeordneten entschied sich für Nein. Habeck sei ohnehin im Bundesrat, um dort eine Rede zu halten, entschuldigte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, den Minister.

"Respektlosigkeit und Ignoranz"

Unionsfraktionschef Merz machte den Parteien der Ampelkoalition in seiner Rede schwere Vorwürfe. SPD, Grüne und FDP hätten seit der Regierungsübernahme das Parlament zu einem "Ort der Debattenverweigerung und zu einem Ort des Durchpeitschens von Gesetzen" gemacht. Zu oft würden Gesetze mit Fristverkürzungen beschlossen. Außerdem kritisierte Merz, dass die Ampel das Gesetz in unveränderter Form auf die Tagesordnung im September setzen wolle. Das sei ein "weiterer Ausdruck von Respektlosigkeit und Ignoranz" im Bundestag.

Die Vertreter der Ampelkoalition dagegen blieben bei ihrer Aussage, es solle keine inhaltlichen Änderungen mehr am Gesetz geben. Das Bundesverfassungsgericht hätte nicht über den Inhalt des Gesetzes, sondern nur über die Beratungszeit entschieden. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte das scharf: "Das ist wieder eine Missachtung des Verfassungsgerichts", sagte er. Es könne doch sein, dass aus der Opposition noch sinnvolle Vorschläge kämen, gab Bartsch zu Bedenken.

Union will Neustart des Gesetzes

Die Union fordert vor der Sitzung einen Neustart beim Heizungsgesetz. In einem kurzfristig eingereichten Antrag schreibt die Union, die Gerichtsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei "ein Ausrufezeichen für das Recht der Abgeordneten" auf eine gründliche Beratung von Gesetzen. Sie zeige zudem, dass Klimaschutz nicht mit der Brechstange gelingen könne. In dem Antrag heißt es weiter: "Der schwere Schlag aus Karlsruhe für die Ampel darf nicht zum dauerhaften Rückschlag für Klimaschutz werden. Deshalb reicht es nicht, nun in einem neuen Verfahren einfach dasselbe Gesetz durchzudrücken." Man brauche einen "grundlegenden neuen Anlauf in der Sache".

Eigentlich wollte die Ampelkoalition das Gesetz an diesem Freitag im Bundestag beschließen, doch das Bundesverfassungsgericht stoppte das Vorhaben in einem Eilverfahren. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann hatte einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt, weil er sein Recht auf Mitsprache als Abgeordneter nicht gewahrt sah.

Millionen von Hausbesitzern und Mietern müssen nun bis Anfang September auf Klarheit warten, dann wollen SPD, Grüne und FDP die Maßnahme für mehr Klimaschutz beschließen. Nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG), wie das Gesetz offiziell heißt, sollen künftig nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die auf die Dauer zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können.

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