Süddeutsche Zeitung

Nähe zu Wladimir Putin:Schröder will Entzug seiner Büros nicht ungeprüft hinnehmen

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Der Anwalt des Altkanzlers verlangt vom Haushaltsausschuss des Bundestags deshalb einen "prüffähigen" Bescheid - und bittet um ein Gespräch mit Ausschuss-Chef Helge Braun. Doch der lehnt ab.

Von Robert Roßmann, Berlin

Altkanzler Gerhard Schröder will die Streichung von Privilegien durch den Haushaltsausschuss des Bundestags nicht ungeprüft hinnehmen. Sein Anwalt hat sich deshalb an den Vorsitzenden des Ausschusses, den ehemaligen Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), gewandt. Das Schreiben des Anwalts liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Darin geht es um "die Entziehung der Büros und des Personals von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder" durch den Ausschuss.

Der Anwalt schreibt, Schröder habe "über die Medien erfahren, dass der Haushaltsausschuss beschlossen hat, dass sein Büro ,ruhend gestellt' wird und die dem Büro zugeordneten Stellen ,abgewickelt' werden". Grundlage dieser Entscheidung sei die Feststellung des Ausschusses, dass Schröder keine "fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt" mehr wahrnehme. Den "Gazetten" sei aber nicht zu entnehmen, was der Haushaltsauschuss unter den "fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt" verstehe.

Schröders Anwalt fragt deshalb: "Welche Tätigkeiten bzw. Verpflichtungen sind konkret notwendig festzustellen, um davon sprechen zu können, dass ein Bundeskanzler a.D. seinen nachwirkenden Dienstpflichten nach bzw. nicht nachkommt?"

"Evident rechts- und verfassungswidrig"

Der Anwalt verweist dann auf einen Beschluss des Haushaltsausschusses vom 8. November 2012, demzufolge Schröders Büros in den Räumlichkeiten des Bundestags sowie die personelle Ausstattung "bedarfsunabhängig und nicht aufgabenbezogen" auf "Lebenszeit festgeschrieben" worden seien. Und er stellt fest, dass sich in den Medienberichten keine Angaben "zu etwaigen Gründen, die eine Aufhebung dieser ,Festschreibung'" rechtfertigen könnten, finden würden.

Der Anwalt fordert Ausschuss-Chef Helge Braun deshalb auf, dem Altkanzler "einen prüffähigen und damit rechtsmittelfähigen Bescheid" zuzustellen. Denn "ein wie den Medien zu entnehmender Beschluss des Haushaltsausschusses ist evident rechts- und verfassungswidrig".

Gleichzeitig bittet Schröders Anwalt Braun um ein Gespräch, um "eine für alle Seiten annehmbare Regelung 'auf Augenhöhe' erreichen zu können". Doch der lehnt das ab. "Die Beschlüsse des Haushaltsausschusses sind mit breiter Mehrheit gefasst worden und sind nun von der Bundesregierung umzusetzen", schrieb Braun am Donnerstag in einer Stellungnahme. Zu diesen "sachlich gebotenen Maßgaben bedarf es meinerseits keiner Gespräche, schon gar nicht mit Personen, die über Rechtsanwaltsschreiben mit mir kommunizieren". Er empfinde den ganzen Vorgang als "würdelos".

Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler. Er steht wegen seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und seiner langjährigen Tätigkeit als Lobbyist für russische Energiekonzerne in der Kritik. Diese hat sich mit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine noch einmal verstärkt. Aufforderungen, aus der SPD auszutreten, hat er bisher aber ignoriert.

Eine gerichtliche Klärung steht für Schröder nicht "an vorderster Front"

Schröders Anwalt schreibt in seinem Brief an Helge Braun, eine gerichtliche Klärung des Streits um die Büros stehe für den Altkanzler "trotz der mittlerweile nicht mehr hinnehmbaren öffentlichen ,Hetzjagd'" nicht "an vorderster Front".

Im Bundestag haben einige Abgeordnete aber die Befürchtung, Schröders Anwalt gehe es nur vordergründig um eine einvernehmliche Lösung. Eigentlich wolle er durch sein Schreiben zu Dokumenten kommen, die ihm bei einer Klage helfen könnten.

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase, sagte der SZ, er sehe den Brief des Anwaltes trotzdem "ganz gelassen". Man werde sich "jetzt mit den anderen Fraktionen zum weiteren Vorgehen abstimmen". Der Haushaltsausschuss hatte die Streichung der Büros nicht mit Schröders Nähe zu Putin und seiner Lobbytätigkeit begründet - offensichtlich auch, um sich rechtlich nicht angreifbar zu machen.

Allein für das Personal in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr Ausgaben von mehr als 400.000 Euro angefallen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der frühere Bundeskanzler weiterhin.

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