Süddeutsche Zeitung

Militärparade in Moskau:Russland feiert sich und seine Superpanzer

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Mit einer Zurschaustellung seiner Militärmacht feiert Russland den 70. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland. Seinen Gästen präsentiert Präsident Wladimir Putin eine gigantische Parade. 16 000 Soldaten marschieren über den roten Platz, begleitet von 200 Militärfahrzeugen wie Panzer und Raketenträger. Zum Finale sollen 140 Flugzeuge eine Show am Himmel aufführen, für diese Zeit ist der Luftraum über der Stadt gesperrt.

Auf der Parade präsentierte das Militär erstmals auch mehrere Exemplare des neuen "Superpanzers" T-14 Armata. Er erreicht ein Tempo von bis zu 90 Stundenkilometern sowie etwa 500 Kilometern Reichweite mit einer Tankfüllung. Als wichtigste Neuerung im Vergleich zu herkömmlichen Panzern gilt eine mit speziellem Material geschützte Kapsel für die zweiköpfige Besatzung im vorderen Fahrzeugbereich: ein "Panzer im Panzer", wie Experten sagen.

Putin fordert Ende militärischer Blöcke

Die Parade dient dem Selbstverständnis Russlands als Großmacht, und soll auch an die Verbundenheit mit den ehemaligen Sowjetrepubliken erinnern. Die Sowjetunion verlor im Zweiten Weltkrieg mehr als 20 Millionen Menschen, mehr als jedes andere Land. Wladimir Putin hat den Tag zum wichtigsten russischen Feiertag erklärt.

Am Jahrestag sprach sich Putin für ein weltweites Sicherheitssystem ohne militärische Blöcke aus. Die Prinzipien der Nachkriegsordnung seien in den vergangenen Jahrzehnten immer häufiger verletzt worden, sagte er in seiner Rede auf dem Roten Platz. In Anspielung auf die Außenpolitik der Vereinigten Staaten kritisierte er "Versuche, eine unipolare Welt zu schaffen".

Westliche Staatschefs boykottieren Parade

Eigentlich soll es an diesem Tag um die glorreiche Vergangenheit gehen, um die Rettung Europas vor den deutschen Massenmördern. Doch dafür ist die Gegenwart zu explosiv. Mehr über die aktuelle Politik als die Soldaten und Panzer auf den Straßen Moskaus erzählt die Zahl der anwesenden Staats- und Regierungschefs. Statt der eingeladenen 68 haben nicht einmal die Hälfte zugesagt.

Denn in der Ukraine und anderen Staaten, die zum kommunistischen Block unter Führung der Sowjetunion gehörten, löst die Zurschaustellung russischer Militärmacht Ängste aus. Auch Kanzlerin Merkel nimmt mit Rücksicht auf die ukrainische Regierung nicht an der Feier teil. Sie wird einen Tag später mit Putin einen Kranz am Grabmal des Unbekannten Soldaten niederlegen.

Die Staats- und Regierungschefs von Polen, den baltischen Staaten und - besonders schmerzlich für den Kreml - US-Präsident Barack Obama sind nicht gekommen. Die Botschafter der westlichen Staaten, darunter auch der deutsche, kamen aber zur Parade.

Ärger hatte es wegen Tschechiens Präsident Miloš Zeman gegeben. Er war einer der EU-Politiker, der zur Parade reisen und sich mit Putin auf die Ehrentribüne setzen wollte. Auch auf Druck der USA hin hatte er seine Reisepläne aber geändert: Auch er legt nun lediglich einen Gedenkkranz nieder. Putin hatte vor kurzem erklärt, manche europäische Politiker wollten kommen, würden aber von "Washingtoner Apparatschiks" zurückgehalten.

2010 hatte Merkel noch an der Parade zum 65-jährigen Jahrestag des Sieges über Deutschland teilgenommen. Gerhard Schröder war 2005 als erster deutscher Bundeskanzler anlässlich der Feierlichkeiten nach Moskau gereist.

In China ist die Parade Chefsache

Das Fehlen westlicher Spitzenpolitiker auf der Ehrentribüne, von der aus Putin mit seinen Gästen den Aufmarsch der Soldaten und Panzer beobachtet, zeigen auch, wie weit Russland und der Westen sich wegen der Ukraine-Krise voneinander entfernt haben. Die Anwesenheit westlicher Spitzenpolitiker wie George W. Bush hatte auch immer an die Allianz zwischen West und Ost erinnert, die Deutschland im Zweiten Weltkrieg besiegte.

So ist es statt eines Gedenktages der Europäer, von Siegern wie Besiegten des Weltkriegs, eher ein Treffen von Russlands aktuellen Verbündeten und Partnern geworden. Chinas Präsident Xi Jinping und saß neben Putin auf der Tribüne. Auch die Präsidenten moskaufreundlicher europäischer Staaten wie Serbien und Zypern sind gekommen, dazu Kubas Präsident Raul Castro und die Staatschefs ehemaliger Sowjetrepubliken wie Kasachstan.

Die Waffenschau ist nicht auf Moskau beschränkt. Insgesamt finden im ganzen Land 28 Paraden statt - auch auf der ukrainischen Halbinsel Krim, die Russland 2014 annektiert hatte.

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