Süddeutsche Zeitung

FDP-Parteitag:Endlich wieder Schatzmeister

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Der neue Herr über die FDP-Finanzen, Michael Link, hat ein Vermögen zu verwalten, wo sich vor nicht allzu langer Zeit noch ein Berg von Schulden türmte.

Von Paul-Anton Krüger und Henrike Roßbach, Berlin

Dass Geld keine Rolle spielt, ist schon im normalen Leben nicht mehr als ein flotter Spruch, und auch auf die Politik trifft er nicht zu. Ohne Geld sind Parteien nicht handlungsfähig. Gerade die FDP hat in der jüngeren Vergangenheit erlebt, wie sehr die finanzielle Lage die Beinfreiheit einer Partei bestimmt. Nachdem die Liberalen 2013 aus dem Bundestag geflogen waren, musste der kurz darauf zum Parteichef gewählte Christian Lindner feststellen, dass die FDP nicht nur politisch abgewirtschaftet hatte. Auch finanziell waren die Liberalen am Boden.

9,3 Millionen Euro Schulden fand Hermann Otto Solms damals vor; Lindner hatte ihn noch in der aus FDP-Sicht desaströsen Wahlnacht für sein Projekt Wiederaufbau als Bundesschatzmeister rekrutiert. Ausgerechnet die FDP, die politisch seit jeher solide Haushaltsführung predigt, hatte die Zeiten guter Wahlergebnisse und entsprechend hoher staatlicher Zuwendungen aus der Wahlkampfkostenerstattung nicht zum Abbau ihrer Verbindlichkeiten genutzt. Wenn eine Partei insolvent werden könnte, was aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen ist, "wären wir der Insolvenzverschleppung beschuldigt worden", schreibt Solms, heute Ehrenvorsitzender der Liberalen, in seinen Memoiren. Nicht einmal eine Tasse Kaffee hätte er bei näherem Hinsehen noch bezahlen können.

Insgesamt war Solms mit Unterbrechungen ein gutes Vierteljahrhundert Schatzmeister der FDP. Sein Nachfolger, der Ex-Sozialdemokrat und Unternehmer Harald Christ, hatte das Amt dagegen nur gut eineinhalb Jahre inne, vom Herbst 2020 bis zum Parteitag am Wochenende. Allerdings waren es ziemlich goldene eineinhalb Jahre. Das Jahr 2020 könne man "guten Gewissens" als das "für die Finanzen der Gesamtpartei bedeutsamste der letzten gut zwei Jahrzehnte bezeichnen", sagte Christ am Samstag. Mit einem Vermögen von knapp 23,6 Millionen Euro stand die Partei damit vor dem Bundestagswahljahr 2021 so gut da wie zuletzt 1993. Im Wahljahr selbst sammelte die FDP dann mit knapp 10,5 Millionen Euro so viele Spenden ein wie nie zuvor. Mit dem Geldsegen wird sich von nun an Michael Link befassen dürfen, den der Parteitag zum Nachfolger von Christ gewählt hat und der zuvor 16 Jahre lang Landesschatzmeister der FDP Baden-Württemberg war.

Christ hatte den Parteigremien Ende März mitgeteilt, dass er aufhören wolle, um wieder mehr Zeit für seine Unternehmertätigkeit zu haben. Parteichef Lindner sagte am Wochenende, dass er Christ 2020 gebeten habe, "für das Projekt Bundestagswahl 2021 als Bundesschatzmeister zu wirken, mit seinem Netzwerk". Allerdings sei Bundesschatzmeister nahezu ein Fulltimejob und mit einem Beruf außerhalb der Politik kaum zu verwirklichen.

Leicht falle ihm der Schlussstrich nicht, sagte Christ in seiner Abschiedsrede, aber es sei schlicht nicht mehr möglich gewesen, Unternehmer zu sein "und gleichzeitig aufgrund der zugenommenen Komplexität Bundeschatzmeister einer Regierungspartei". In der Öffentlichkeit werde nicht unterschieden zwischen ehrenamtlichem Engagement und berufspolitischer exekutiver Verantwortung, sagte Christ. Deshalb sei dieser Parteitag sein "letzter Auftritt".

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