Süddeutsche Zeitung

EU-Gipfel:EU droht Russland mit neuen Sanktionen wegen Syrien

Lesezeit: 2 min

Von Stefan Braun und Daniel Brössler, Berlin/Brüssel

Die Europäische Union verschärft im Syrien-Konflikt den Ton gegenüber Russland und droht dem Land erstmals mit Sanktionen. "Die EU zieht alle Optionen in Erwägung, sollten die Gräuel andauern", hieß es beim Brüsseler EU-Gipfel im Entwurf der Abschlusserklärung. Dies schließe weitere Sanktionen "gegen Einzelpersonen und Entitäten, die das syrische Regime unterstützen", ein.

EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach sich dafür aus, "alle Optionen offenzuhalten, einschließlich Sanktionen, wenn die Verbrechen andauern". Dafür hatten sich vor Gipfelbeginn auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien starkgemacht.

Die Staats- und Regierungschefs sprachen am Donnerstagabend ausführlich über das Verhältnis zu Moskau, das Treffen dauerte bis in die Nacht. Bisher hat die EU nur Sanktionen wegen des russischen Vorgehens gegen die Ukraine verhängt.

Angela Merkel kritisiert das russische Vorgehen als "völlig unmenschlich"

Im Entwurf der Abschlusserklärung wird Russland ausdrücklich scharf wegen seiner Beteiligung an Angriffen auf Zivilisten in Aleppo kritisiert. Das syrische Regime und Russland werden aufgefordert, die "Gräueltaten zu beenden und dringend Schritte einzuleiten, um humanitärer Hilfe den ungehinderten Zugang zu Aleppo und anderen Teilen des Landes sicherzustellen". Kriegsverbrecher müssten zur Verantwortung gezogen werden.

Was in Aleppo mit russischer Unterstützung geschehe, sei "völlig unmenschlich", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hatte am Vorabend zusammen mit dem französischen Präsidenten François Hollande Kremlchef Wladimir Putin in Berlin empfangen. Es gehe nicht um das "Reden um des Redens willen", sondern darum, eine Haltung zu zeigen, sagte sie. Das erwarte sie auch vom Gipfel.

Nach Sanktionen gefragt, hatte sie nach dem Treffen mit Putin klargestellt, man werde sich dieser "Option nicht berauben". Trotzdem solle aus ihrer Sicht in Brüssel "zunächst" die Frage im Vordergrund stehen, was die EU leisten könne, um akut und schnell die miserable humanitäre Lage in Aleppo und anderen Städten zu verbessern.

Bis Samstag sollen die Waffen täglich elf Stunden lang ruhen

Zugleich betonte Merkel, welch große Verantwortung Russland mittlerweile für alle Entwicklungen in Syrien trage - Entwicklungen, die nach den Regeln des allgemeinen Völkerrechts längst als Verbrechen gewertet werden müssten. Man werde "Optionen eröffnen", sagte auch Hollande. Das gelte vor allem für jene, die verantwortlich seien für die in Syrien begangenen Kriegsverbrechen.

Russland will nach UN-Angaben die Feuerpause in Aleppo bis Samstag einhalten. Dies teilte das UN-Büro für humanitäre Hilfe mit. Zuvor hatte bereits die syrische Armee angekündigt, die Waffenruhe von jeweils elf Stunden pro Tag bis Samstag zu verlängern.

An diesem Freitag wollen die UN versuchen, erstmals Verwundete und Kranke aus dem belagerten Osten Aleppos abzuholen. Die Sicherheitsgarantien für humanitäre Helfer seien endlich von allen Konfliktgegnern zugesagt worden, teilte der UN-Koordinator für Syrien, Jan Egeland, in Genf mit. Die Feuerpause sei aber zu kurz, kritisierte er.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2016
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