Süddeutsche Zeitung

Folgen des Ukraine-Kriegs:Die Kosten der Weizen-Krise

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Indien verhängt ein Exportverbot für das Getreide, um die eigenen Verbraucher zu schützen. Damit wird das Problem auf andere Länder in Afrika und Asien verlagert.

Von David Pfeifer, München

Indien leidet derzeit unter einer unbarmherzigen Hitzewelle. In Delhi kann man tagsüber kaum auf die Straße gehen, die Luft scheint zu flackern bei 45 Grad Celsius. Auf dem Land arbeiten die Bauern am frühen Morgen und am späten Abend, wenn die Sonne nicht hoch steht, und kämpfen gegen große Trockenheit an. Doch das ist nicht allein der Grund, weshalb die indische Regierung am Samstag einen Exportstopp für Weizen verhängt hat. Hauptgrund sind die globalisierten Lieferketten und die Preisentwicklung, aufgrund des Kriegs in der Ukraine, die den Export von etwa 25 Millionen Tonnen Weizen aus der Schwarzmeerregion unmöglich macht.

Eigentlich wollte Indien von dieser Knappheit profitieren. Der zweitgrößte Weizenproduzent der Welt hatte für 2022 eine Gesamtausfuhr von zehn Millionen Tonnen angestrebt. Noch im April wurden 1,4 Millionen Tonnen zu guten Preise exportiert. Im Februar rechnete die Regierung allerdings noch mit einer Jahres-Produktion von 111,32 Millionen Tonnen und damit mit der sechsten Rekordernte in Folge. Diese Prognose musste im Mai auf 105 Millionen Tonnen reduziert werden. Aufgrund der anhaltend hohen Temperaturen könnte sie noch kleiner ausfallen.

Die Preise für das Getreide sind auf Rekordhöhe gestiegen

Indien produziert weiterhin vorwiegend für den eigenen Markt, mehr als 1,3 Milliarden Menschen, von denen viele nach zwei Jahren Pandemie ohnehin schon an Armut und Hunger leiden. Der Exportstopp soll jetzt also vor allem die eigenen Verbraucher vor einem Preisanstieg schützen - zulasten anderer Länder, die auf günstigen Weizen angewiesen sind.

Die Weizenpreise waren in Indien zuletzt auf ein Rekordhoch gestiegen und erreichten bis zu 25 000 Rupien (310 Euro) pro Tonne, was deutlich über dem festgelegten Stützpreis von 20 150 Rupien liegt. Steigende Lebensmittel- und Energiepreise haben die Inflation gleichzeitig auf ein Acht-Jahres-Hoch getrieben. Die Regierung erklärte, sie werde weiterhin "Ausfuhren zulassen, die durch bereits ausgestellte Akkreditive gedeckt sind und an Länder gehen, die Lieferungen zur Deckung ihres Bedarfs an Nahrungsmittelsicherheit" anfordern. Auch das Ausfuhrverbot könne jederzeit revidiert werden. Doch erst mal ist ein weiterer Anstieg der weltweiten Weizenpreise zu erwarten, der vor allem die armen Länder in Asien und Afrika treffen wird.

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