Ermittlungen gegen Mappus in EnBW-Affäre:Ich, Stefan der Größte
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Mit seinem vermeintlichen EnBW-Coup wollte sich Stefan Mappus als zupackender Wirtschaftspolitiker in Szene setzen. Zum Retter der CDU, die sich so sehr nach kernigen Politikern sehnte, hatte der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg aber nicht das Zeug. Höchstens zum Totengräber.
Roman Deininger, Stuttgart
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte lange gezögert, trotz mehrerer Anzeigen. Man beobachte die Arbeit des EnBW-Untersuchungsausschusses interessiert, hieß es über Monate. Man werte auch die Presse zum Thema aus. Aber man habe eben keinen Anfangsverdacht.
Jetzt hat sich das geändert: Mit dem Bericht des Landesrechnungshofs zum EnBW-Deal haben die Vorwürfe gegen Stefan Mappus eine neue Qualität bekommen. Amtlich beglaubigt steht nun ein ungeheuerlicher Verdacht im Raum: dass sich ein Ministerpräsident zum Schaden seines Landes strafbar gemacht hat. Weil er nur das eigene Wohl im Blick hatte.
Die Staatsanwaltschaft hat gegen den ehemaligen Regierungschef von Baden-Württemberg Ermittlungen wegen Untreue aufgenommen, er soll freiwillig zu viel bezahlt haben für den 45-Prozent-Anteil an dem Karlsruher Energiekonzern, den er im Dezember 2010 in Landeshand holte.
Es kann durchaus sein, dass es am Ende dieser Ermittlungen für eine Anklage nicht reicht. Es ist aber auf jeden Fall gut, dass ermittelt wird - genauso wie es gut ist, dass sich auch Landtag, Rechnungshof, Staatsgerichtshof, Gutachter und die internationale Handelskammer mit dem EnBW-Geschäft befassen oder befasst haben.
Alle kamen sie bislang zu Ergebnissen, die für Mappus mehr oder minder vernichtend sind. Alle tragen sie dazu bei, endlich Licht in eine düstere Stunde zu bringen. Belegt ist bereits, dass Mappus die Verfassung brach, als er das Parlament missachtete; dass er sich zur Marionette eines Investmentbankers machte; dass er es auch sonst an der Verantwortung fehlen ließ, die sein Amt und die politische Kultur geboten hätten.
Mit seinem vermeintlichen EnBW-Coup wollte sich Mappus im Wahlkampf als zupackender Wirtschaftspolitiker in Szene setzen. Die Menschen in Baden-Württemberg haben das wohl durchschaut. Sie haben ihren Beitrag zur politischen Hygiene geleistet, indem sie ihn im März 2011 aus dem Amt wählten.
Sicher, die Bürger haben damals protestiert gegen die schwarz-gelbe Politik bei Stuttgart 21 und der Kernenergie. Aber im Grunde haben sie vor allem gegen den Stil protestiert, mit dem Mappus diese Politik betrieb: selbstgerecht und rauflustig, "autokratisch", das räumt inzwischen selbst der CDU-Fraktionschef im Landtag ein. Die einst stolze Südwest-CDU muss sich fragen lassen, wie sie die Abgründe des Stefan Mappus übersehen konnte, wie sie ihm das Amt anvertrauen konnte, in dem ihm Kurt Georg Kiesinger, Lothar Späth oder Erwin Teufel vorausgingen. Vielleicht hat sich die Partei, auch Teufel selbst, einfach verführen lassen von der Sehnsucht nach einem kernigen Politikertypus, der angeblich mit Franz Josef Strauß ausgestorben ist - einem, der seine Leidenschaft nicht erstickt in politischer Korrektheit.
Tatsächlich hatte Mappus ein bisschen was mit Strauß gemein, die körperliche Wucht, eine eigentümliche Verbindung von Aggressivität und Verletzlichkeit, den Pilotenschein. Aber Mappus war nicht der konservative Erneuerer, als der er sich gerne sah. Dafür bediente er zu gerne aus dem Bauch heraus Ressentiments, dafür fehlte ihm der Kopf mit echten Überzeugungen und einem Programm, das über das eigene Fortkommen hinaus reichte.
Mit 23 Jahren Gemeinderat, mit 32 Staatssekretär, mit 43 Ministerpräsident: Da hat sich einer, der übrigens sehr nett sein kann, wenn man sich mit ihm über den FC Bayern unterhält, selbst verführen lassen von der Geschwindigkeit seines Aufstiegs. Hat eine Hybris entwickelt, die letztlich auch seinen Sturz beschleunigte. Der EnBW-Deal führt das alles im Brennglas vor: Sachliche Überforderung verbarg er hinter rhetorischer Schärfe. Zum Retter der CDU hatte dieser Stefan Mappus nicht das Zeug. Höchstens zum Totengräber.