Süddeutsche Zeitung

E-Mail-Affäre:Hillary Clintons Postfach ist leergeräumt

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Neuer Ärger um Clintons privaten E-Mail-Account

"Die Öffentlichkeit soll meine E-Mails sehen", hatte Hillary Clinton Anfang März über Twitter versprochen, als die Kritik an der Nutzung ihres privaten E-Mail-Accounts für Regierungsgeschäfte ihr eine mögliche Präsidentschaftskandidatur zu verhageln drohte. Doch welche Mails die Amerikaner lesen können, hat Clinton sich wohl gut überlegt - denn ihr Postfach ist inzwischen vollständig geleert.

Zwischen 2009 und 2013 war Hillary Clinton Außenministerin der Vereinigten Staaten, doch offenbar besaß sie nie eine offizielle E-Mail-Adresse der US-Regierung. Sie führte ihre Amtsgeschäfte ausschließlich über den privaten Account hdr22@clintonemail.com. Clinton erklärte ihr Verhalten mit "Bequemlichkeit". Sie habe nicht ständig zwei Mobiltelefone bei sich tragen wollen.

Eigentlich müssen alle Regierungsmitglieder in den USA offizielle Mail-Accounts verwenden. Das dient erstens der Sicherheit und sorgt zweitens dafür, dass die Korrespondenz automatisch archiviert werden kann. Auf Grundlage des "Freedom of Information Act" haben Bürger das Recht auf Einblick in die Regierungskommunikation. In Clintons Amtszeit galt zwar noch eine schwammigere Anweisung, die nur ein angemessenes Archivierungssystem forderte.

Details über Yogapositionen und die Hochzeit der Tochter

Schon im vergangenen Herbst forderte das Außenministerium Clinton auf, ihre dienstliche Korrespondenz weiterzuleiten. Vor allem die kongressgeführte Untersuchungskommission zum Anschlag auf das US-Konsulat im libyschen Begasi 2012, bei dem vier Menschen starben, verspricht sich weitere Erkenntnisse durch Clintons E-Mail-Verkehr. Die oppositionellen Republikaner wittern dadurch auch eine Chance, Clinton im Rennen ums Weiße Haus zu schwächen.

Clintons Mitarbeiter gingen daraufhin die 62 320 E-Mails durch und identifizierten 30 490 Nachrichten mit arbeitsrelevantem Bezug. Dieses Material sei auf 55 000 ausgedruckten Seiten am 5. Dezember dem Außenministerium übergeben worden, machte Clintons Anwalt David Kendall nun erneut deutlich. Dort sollen sie für eine Publikation aufbereitet werden.

Die anderen knapp 30 000 E-Mails seien ausschließlich privater Natur gewesen, versicherte Clinton schon Anfang März. Darin sei es etwa um Yogapositionen, die Beerdigung ihrer Mutter und die Hochzeit ihrer Tochter gegangen. Sie bat um Verständnis, dass diese Nachrichten privat bleiben sollten und von ihren Mitarbeitern daher gelöscht wurden.

Die Republikaner wurmt der geleerte Server mächtig

Der Bengasi-Kommission unter der Leitung des Republikaners Trey Gowdy reicht das nicht aus. Clinton solle alle E-Mails für eine objektive Untersuchung zur Verfügung stellen und vor allem ihren privaten E-Mail-Account zugänglich machen, fordert Gowdy. Dafür hat er ihr eine Deadline bis zum 3. April gesetzt.

"Sinnlos", kommentierte David Kendall, "da sich keine Emails mehr auf dem Server oder irgendeinem Backup-System befinden." Das Postfach sei inzwischen vollständig gelöscht. Die vorher gesicherten Nachrichten mit Regierungsbezug dürften außerdem nur nach Freigabe des Außenministeriums an die Begasi-Kommission übergeben werden.

Wäre Clinton Präsidentin, hätte sie die Emails wohl nicht löschen lassen dürfen. Die Frage ist, ob eine Ministerin darf, was dem Barack Obama nicht erlaubt ist ( hier mehr dazu).

Die Öffentlichkeit hat noch keine Clinton-Nachricht zu lesen bekommen

Während Gowdy Clinton mangelnde Kooperationsbereitschaft vorwirft und Kritiker es seltsam finden, dass Emails nach zwei Jahren kurz vor einer Untersuchung gelöscht werden, fordern führende Demokraten wie Elijah Cumming eine Ende "dieser politischen Scharade." Jetzt habe sich nur bestätigt, was ohnehin schon alle wussten: "Dass die Ministerin Clinton ihre offizielle Korrespondenz an das Außenministerium weitergeleitet hat, dass sie ihre persönlichen Mails gelöscht hat und dass die Kommission bereits alle Mails mit Bezug zu Bengasi erhalten hat."

Nur Clintons Versprechen an die Öffentlichkeit wurde bisher nicht eingelöst und keine Nachricht veröffentlicht. Sie habe das Außenministerium schon darum gebeten, sagte ihr Anwalt. Dort prüfe man aber derzeit noch, ob sensibles Material die nationale Sicherheit gefährden könne.

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