Süddeutsche Zeitung

US-Wahl 2020:De Blasio: "Ich weiß schon lange, dass Trump ein Fiesling ist"

Lesezeit: 2 min

Von Christian Zaschke, New York

Er hat sich lange geziert, er hat kokettiert, er hat die Lage sondiert, und jetzt hat er es schließlich getan: New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio hat am Donnerstag erklärt, dass er gern der 46. Präsident der Vereinigten Staaten werden würde. Am frühen Morgen veröffentlichte er ein dreiminütiges Video auf den sozialen Medien, in dem er verspricht, sich besonders für die arbeitende Bevölkerung einsetzen zu wollen. "Working People First" lautet der Titel des kurzen Films. Später am Morgen trat er gemeinsam mit seiner Ehefrau Chirlane McCray beim Fernsehsender ABC auf und bekräftige seine Absicht, ins Weiße Haus einziehen zu wollen.

De Blasio ist damit der 23. Bewerber der Demokraten, und es ist immer noch davon auszugehen, dass weitere Kandidaten ins Rennen einsteigen. Der Bürgermeister mühte sich darum, gleich die Aufmerksamkeit von Präsident Donald Trump zu erregen. In dem Video sagt er: "Ich bin ein New Yorker, ich weiß schon lange, dass Trump ein Fiesling ist." Später nannte er ihn "Con Don", Betrüger-Don. Trump ist bekannt dafür, herabwürdigende Spitznamen für seine Gegner zu finden. Den ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden nennt er zum Beispiel konsequent "Sleepy Joe", schläfriger Joe. De Blasio hat sich offenbar überlegt, dem Präsidenten mit gleichen Mitteln gegenüberzutreten.

Trump: De Blasio ist der schlechteste Bürgermeister der USA

Es dauerte in der Tat nicht lange, bis Trump reagierte. Erwartungsgemäß wählte er sein Lieblingsmedium Twitter für den Gegenangriff. De Blasio sei "der schlechteste Bürgermeister der USA", schrieb Trump, und überdies hasse New York ihn. Tatsächlich ist de Blasio in New York nicht sonderlich beliebt, allerdings bei weitem nicht so unpopulär wie Donald Trump. Der Präsident ist in seiner Heimatstadt sagenhaft unbeliebt, was ihn dem Vernehmen nach beständig wurmt.

De Blasio ist 2013 erstmals zum Bürgermeister von New York gewählt worden. Er trat das Amt im Januar 2014 als Nachfolger von Michael Bloomberg an. 2017 wurde er für weitere vier Jahre gewählt. Damals hatte er versprochen, seine Amtszeit auf jeden Fall zu erfüllen. Sollte er tatsächlich demokratischer Präsidentschaftskandidat werden, müsste er das Versprechen brechen.

Nach seiner Wiederwahl hatte de Blasio gesagt, dass seine Zeit als Bürgermeister jetzt erst richtig losgehe. Damit gestand er indirekt ein, dass er in seiner ersten Amtszeit nicht allzu viel erreicht hatte. Zwar gibt es nun ein kostenloses Kindergartenjahr, was als sein bisher größter Erfolg gilt, und die Kriminalitätsrate ist gesunken, aber seine wichtigsten Versprechen konnte de Blasio nicht halten: bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Zahl der Obdachlosen zu verringern. Es gibt jetzt sogar mehr Obdachlose in New York als bei seinem Amtsantritt. Rund 63 000 Menschen in Amerikas größter Stadt haben keine feste Bleibe.

Mancher Konkurrent hat schon viel mehr Geld für den Wahlkampf gesammelt

Noch nie ist in der amerikanischen Geschichte ein amtierender Bürgermeister zum Präsidenten gewählt worden, und auch de Blasio werden keine allzu großen Chancen eingeräumt. Eine Umfrage im vergangenen Monat ergab, dass 24 Prozent der Befragten eine positive Meinung von ihm hatten und 24 Prozent eine negative. Dem Rest war er egal.

De Blasios Vorteil ist, dass er als Bürgermeister von New York über die Stadtgrenzen hinaus einigermaßen bekannt ist. Sein Nachteil ist, dass andere Kandidaten wie Kamala Harris, Elizabeth Warren oder Joe Biden nicht nur populärer bei der demokratischen Basis sind, sondern dass sie auch schon wesentlich mehr Geld für den Wahlkampf eingesammelt haben.

De Blasio ficht das nach eigener Aussage nicht an. Er sei schon oft in Umfragen weit abgeschlagen gewesen, sagte er. Wenn er darauf etwas gäbe, wäre er nie Bürgermeister geworden. "Es kommt nicht darauf an, wo man am Anfang steht", sagte er, "sondern darauf, wo man am Ende steht".

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Quelle:
SZ vom 17.05.2019
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