Süddeutsche Zeitung

Absage an Junge Union:Kneift Söder?

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Die Absage kommt überraschend: CSU-Chef Söder fährt nicht zum Deutschlandtag der Jungen Union. Was steckt dahinter? Es gibt ganz verschiedene Theorien.

Von Andreas Glas, München

Markus Söder ist keiner, der die Bühne scheut. Keiner, den man lange bitten muss, seinen Machtanspruch zu zeigen. Aber jetzt ist da diese Absage, kurzfristig und überraschend. Der CSU-Chef, heißt es aus der Parteizentrale, könne nicht zum Deutschlandtag der Jungen Union (JU) kommen, der am Wochenende in Münster stattfindet. Man muss wissen: Das Treffen der Parteijugend von CDU und CSU gilt als Stimmungstest für die künftigen Machtverhältnisse in der Union, die sich gerade neu sortieren. Ralph Brinkhaus wird da sein beim Kräftemessen, Jens Spahn, Friedrich Merz. Nur Söder nicht. Was steckt dahinter?

Zuerst die offizielle Begründung: Söder bleibe daheim, um am Samstag an einer CSU-Basiskonferenz in Oberfranken teilzunehmen. So viel zu Söders Prioritäten nach der Bundestagswahl, die nicht nur für die CDU verheerend war, auch für die CSU, 31,7 Prozent in Bayern. Während Söder vor allem Unionskanzlerkandidat Armin Laschet verantwortlich macht, sehen in der Rest-CSU viele eine Mitschuld bei Söder, nicht zuletzt wegen seiner gern als "Sticheleien" bezeichneten Aussagen in Richtung Laschet. Zuletzt musste sich Söder heftige Kritik der CSU-Jugend anhören, beim Treffen der JU Bayern am vergangenen Samstag in Deggendorf. Er bekam den Auftrag, mehr auf die Parteibasis zu hören, um die CSU wieder erfolgreich zu machen. Durchaus glaubhaft also, sollte hinter Söders Absage für den Deutschlandtag die Absicht stehen, sich lieber um die eigene Partei zu kümmern und die CSU-Basis zu befrieden.

Allerdings gibt es noch andere Lesarten, die in der CSU kursieren. Eine für Söder freundliche Deutung kommt von JU-Bayern-Chef Christian Doleschal. Er sagt: "Es geht um die Zukunft der CDU." Wenn sich nun die potenziellen Nachfolger für CDU-Chef Laschet in Stellung bringen, dann sei es doch "ganz gut, dass wir als CSU sagen: An diesem Schaulaufen beteiligen wir uns nicht." Frei übersetzt: Söder bleibt aus höflicher Rücksichtnahme zu Hause, um gar nicht erst in die Versuchung zu kommen, sich auf der JU-Bühne zu neuerlichen Schuldzuweisungen in Richtung CDU hinreißen zu lassen - oder durch seine bloße Anwesenheit den inneren Dialog der Schwesterpartei zu stören.

"Markus Söder stellt sich immer gern der Debatte"

Die wesentlich unfreundlichere Lesart, die in der Union ebenfalls kursiert: Söder kneift. Wenn ihm, wie in Deggendorf, schon die Wut der eigenen Parteijugend entgegenschlägt, was würde ihm erst in Münster drohen, beim CDU-Nachwuchs? Hat Söder abgesagt, weil er sich fürchtet? Nein, sagt JU-Landeschef Doleschal, "Markus Söder stellt sich immer gern der Debatte." Bei Tilman Kuban, JU-Bundeschef, klingt dagegen Kneifverdacht durch. Die JU habe Söder als Kanzlerkandidat gewollt, "von daher wäre es richtig gewesen", hätte er sich der "Diskussion über die Gründe für den schlechten Ausgang bei der Bundestagswahl und die Differenzen im Umgang zwischen den beiden Parteien gestellt", so Kuban zur Rheinischen Post.

Dass der Deutschlandtag trotzdem nicht ohne kraftvollen Beitrag aus Bayern auskommen muss, dafür hat JU-Bayern-Chef Doleschal schon gesorgt. Im Spiegel hat er Wolfgang Schäuble (CDU) zum Rückzug aus dem Parlament gedrängt, als "Dienst für eine Erneuerung der Union". Musste Doleschal damit Abbitte leisten bei seinem Parteichef für die JU-Frechheiten gegen Söder? Jeder weiß ja, dass Söder Schäuble nachträgt, dass er Laschet als Kanzlerkandidaten durchboxte - gegen ihn. Abbitte? Schmarrn, sagt Doleschal. Er habe "nur zum Nachdenken angeregt". Ob also auch ältere CSU-Abgeordneten nachdenken müssten, Platz zu machen? Nun, Schäuble habe schon eine "besondere Verantwortung" für das Wahlergebnis, findet Doleschal.

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