Süddeutsche Zeitung

CDU-Vorsitzende:Die Herausforderungen der AKK

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Von Robert Roßmann, Berlin

Umfragen sind zwar keine Ergebnisse, aber sie erleichtern einem das politische Geschäft - zumindest dann, wenn sie gut ausfallen. Und so haben sich in der CDU am Montag viele über die neuen Zahlen von Forsa gefreut. 32 Prozent weisen die Meinungsforscher jetzt für die Union aus, Ende Oktober waren es noch 26.

Die Daten wurden nach der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Parteichefin erhoben, sie deuten also tatsächlich auf einen positiven AKK-Effekt hin. Dazu passen auch die restlichen Zahlen: 62 Prozent der CDU-Anhänger halten Kramp-Karrenbauer für eine gute Wahl, lediglich 28 Prozent trauern Friedrich Merz nach. Die Umfrage ist für die neue Parteichefin also wohltuend. An den Problemen, vor denen Kramp-Karrenbauer jetzt steht, ändert sich aber nichts.

2019 stehen allein im Osten drei Wahlen an - und das mit lauter Wessis an der Parteispitze

Der neuen CDU-Chefin muss es gelingen, die enttäuschten Anhänger von Merz zu beruhigen. Bisher ist von der befürchteten Austrittswelle zwar noch nichts zu spüren. Sogar im Kreisverband Hochsauerland, aus dem Merz stammt, wollen bisher nur wenige Mitglieder die Partei verlassen. Auch im restlichen Nordrhein-Westfalen gebe es keine Anzeichen dafür, dass reihenweise enttäuschte Mitglieder austreten, sagte eine CDU-Sprecherin. Und in Baden-Württemberg, dem zweitgrößten Landesverband, liegen erst 13 Austrittserklärungen vor. Aber das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Frust der Merz-Anhänger gewaltig ist.

Kramp-Karrenbauer hat deshalb bereits ein Gespräch mit dem Ex-Unionsfraktionschef vereinbart, bei dem sie ergründen möchte, auf welche Weise Merz sich in der CDU engagieren will. Nach seiner Niederlage gegen Kramp-Karrenbauer hatte er weder für den stellvertretenden Bundesvorsitz noch für das Präsidium kandidieren wollen. Vor allem der Wirtschaftsflügel und die ostdeutschen Landesverbände wünschen sich aber eine wichtige Rolle von Merz. Sie glauben, dass der 63-Jährige in der Auseinandersetzung mit der FDP - und vor allem mit der AfD - eine große Hilfe sein könnte.

Im kommenden Jahr wird in Brandenburg, Sachsen und Thüringen gewählt. In den Umfragen steht die AfD dort zwischen 22 und 24 Prozent. Ostdeutsche CDU-Politiker wie der brandenburgische Landesvorsitzende Ingo Senftleben hatten deshalb gehofft, dass Kramp-Karrenbauer einen Ostdeutschen zu ihrem Generalsekretär machen werde.

Neben anderen war Marco Wanderwitz für das Amt gehandelt worden. Der 43-jährige Rechtsanwalt sitzt seit 2002 für einen sächsischen Wahlkreis im Bundestag. Seit März ist er auch parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium von Horst Seehofer. Aber Kramp-Karrenbauer hat sich für Paul Ziemiak entschieden, der - wie sie selbst - aus dem tiefen Westen der Republik kommt.

Anschließend bemühte man sich zwar um Schadensbegrenzung. Kramp-Karrenbauer kündigte an, dass sie sich ganz besonders um den Osten kümmern wolle. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass auf dem Parteitag Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und der Thüringer Landesvorsitzende Mike Mohring - und damit zwei Ostdeutsche - neu ins Präsidium gewählt worden seien. Allerdings haben in Angela Merkel und Thomas de Maizière auch zwei Vertreter der ostdeutschen Landesverbände das Präsidium verlassen.

Es ist also schon jetzt klar, dass die Wahlen im Osten für Kramp-Karrenbauer und Ziemiak eine besondere Herausforderung werden. Außerdem stehen 2019 die Europawahl und die Wahl in Bremen auf der Tagesordnung. Da Kramp-Karrenbauer und Ziemiak beide neu in ihren Ämtern sind, dürfte bei der Organisation der Wahlkämpfe Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler noch eine bedeutendere Rolle als bisher spielen. Er ist seit 2007 im Amt und entsprechend erfahren.

Rechnungsprüferin vom Naturschutzbund, Ortsgruppe Köllertal, will sie bleiben

Am kommenden Montag wird sich das CDU-Präsidium zum ersten Mal nach dem Parteitag treffen. Für Mitte Januar ist eine Klausur des Bundesvorstands in Erfurt geplant. Dabei wird es dann auch um eine Kursbestimmung gehen. Zuvor müssen aber auch noch jede Menge organisatorische Dinge geklärt werden.

Das beginnt mit der Entlohnung der Parteichefin. Der CDU-Vorsitz ist eigentlich ein Ehrenamt. Merkel war gleichzeitig auch Kanzlerin und Abgeordnete, sie hatte also unabhängig vom Parteivorsitz ein Einkommen. Kramp-Karrenbauer hat dagegen sowohl ihre Funktionen als saarländische Ministerpräsidentin und Landtagsabgeordnete, wie auch den Generalsekretärsposten abgegeben. Und ins Bundeskabinett strebt sie, zumindest derzeit, nicht.

Rechnungsprüferin der Ortsgruppe Köllertal des Naturschutzbundes will Kramp-Karrenbauer zwar bleiben, aber auch das ist ein Ehrenamt. Seit ihrer Wahl zur Parteichefin ist sie also ohne eigenes Einkommen. In der CDU laufen deshalb bereits Gespräche darüber, wie man sie entlohnen kann.

Auch zu Hause hat Kramp-Karrenbauer ein Problem. Bisher steht ihre Nummer frei im Telefonbuch. Eigentlich wolle sie das auch weiterhin so halten, sagte die CDU-Chefin der Saarbrücker Zeitung. Aber die Zahl der Anrufe, "die die Grenze des guten Umgangs und Geschmacks" verletzten, habe stark zugenommen. Da sie selbst nur noch selten zu Hause sei, treffe das vor allem ihren Mann. Und so wird der Eintrag "Karrenbauer Helmut u. Kramp-Karrenbauer Annegret" wohl bald aus dem Telefonbuch verschwinden.

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Quelle:
SZ vom 11.12.2018
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