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Streit ums Bürgergeld:SPD und FDP lehnen Merz' Vorschlag ab

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Die Hartz-IV-Sätze erhöhen, aber ansonsten alles beim Alten lassen, das ist der Kompromissvorschlag des CDU-Chefs. Die Ampelkoalition besteht auf einen Systemwechsel, braucht jedoch die Zustimmung der Union im Bundesrat.

Im Streit über das von der Ampelregierung geplante Bürgergeld haben SPD und FDP einen Vorschlag von Unionschef Friedrich Merz zurückgewiesen. Merz hatte vorgeschlagen, statt einer großen Reform zunächst im bisherigen System zu bleiben und die Hartz-IV-Regelsätze anzuheben. "Ich will vielleicht mal ein bisschen die Schärfe aus dieser Diskussion herausnehmen", sagte der CDU-Vorsitzende in den ARD-"Tagesthemen". Gegen eine Erhöhung der Sätze habe die Union nichts, gegen die Einführung des Bürgergeldes und die damit verbundenen Änderungen im System jedoch schon.

Die Bundesregierung will Hartz IV mit Beginn des neuen Jahres ablösen und durch das Bürgergeld ersetzen. Ziel ist es, Betroffene in die Lage zu versetzen, sich stärker auf Weiterbildung und Arbeitssuche konzentrieren zu können. Sie sollen dafür vom Jobcenter weniger unter Druck gesetzt werden. Die Regelsätze der Grundsicherung sollen steigen, für Alleinstehende etwa von derzeit 449 auf 502 Euro.

"Das Argument von Herrn Merz verwundert mich ein bisschen", sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). In den vergangenen Tagen habe sich die Union immer beklagt, dass der Abstand zwischen Bürgergeld und Löhnen nicht groß genug sei. Jetzt wechsele sie die Argumentation und wolle den Leistungsbeziehern mehr zahlen, ohne sonst etwas zu ändern. "Das wäre arbeitsmarktpolitisch zu kurz gesprungen. Deshalb werben wir für eine große Reform", sagte Heil.

Experten bezweifeln Umsetzung schon nächstes Jahr

Man habe keine Zeit "für parteitaktische Spielchen", so der Arbeitsminister. Die Bundesregierung sei auf zahlreiche Änderungswünsche der Bundesländer eingegangen. "Die Hand ist also ausgestreckt", sagte Heil. Sollte es zwischen Bundestag und Bundesrat ein Vermittlungsverfahren geben, müsse man zu Lösungen kommen, so dass das Bürgergeld am 1. Januar in Kraft treten könne.

Dass das in diesem Falle gelingt, bezweifeln Fachleute jedoch. Eine rechtzeitige Auszahlung der erhöhten Bezüge ist laut Bundesagentur für Arbeit fraglich, wenn es erst im Dezember zu einer Einigung kommt.

Auch FDP-Vorsitzender Vogel widerspricht Merz

CDU und CSU bemängeln "falsche Anreize" bei der Sozialreform. Diese, so die Argumentation von Merz, würden auch durch die Veränderungen, die die Bundesregierung jetzt vorgeschlagen habe, nicht korrigiert. Nach anhaltender Kritik soll es beim Bürgergeld nun einige Verschärfungen geben, etwa bei den Heizkosten. Sie sollen nur noch in angemessener Höhe und nicht mehr in vollem Umfang übernommen werden. Zudem sollen Empfänger künftig eine Selbstauskunft zu ihrem Vermögen beifügen. So soll Leistungsmissbrauch beim Bürgergeld verhindert werden.

Auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Johannes Vogel widersprach Merz und verteidigte die Regierungspläne: Mehr Geld für Transferempfänger müsse zwingend mit besseren Hinzuverdienstmöglichkeiten und mehr Möglichkeiten zur Qualifikation einhergehen. "Nur so wird der Grundsatz gestärkt: Wer arbeitet, soll mehr haben als der, der nicht arbeitet", sagte Vogel. Merz gehe es "offenbar gar nicht um Arbeitsanreize, sondern nur um die eigene Wahrnehmung in der Debatte". Man müsse dafür sorgen, dass sich Anstrengung im Sozialstaat endlich stärker lohne und mehr Menschen als bisher Schritt für Schritt aus der Grundsicherung herauswachsen könnten. "Deshalb gehen wir endlich die Zuverdienstregeln an, das ist ein Kern der Bürgergeldreform. Für die FDP sind diese Dinge nicht zu trennen."

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