Süddeutsche Zeitung

Brasilien:Bolsonaro und Trump - zwei Brüder im Geiste

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Der neue brasilianische Präsident und sein US-Amtskollege haben sehr verschiedene Biografien. Die Macht aber haben sie mit ähnlichen Methoden erobert. Nun verfolgen sie gefährliche Pläne.

Von Benedikt Peters, München

Die feierliche Zeremonie in Brasília lief noch, als US-Präsident Donald Trump einen Tweet absetzte. "Glückwunsch an Präsident Jair Bolsonaro, der gerade eine großartige Rede zur Amtseinführung gehalten hat - die USA sind bei Ihnen!", schrieb Trump am Neujahrstag. Der gerade Vereidigte bedankte sich prompt für die "ermutigenden Worte" aus Washington. Bolsonaro schickte seine Antwort zwar an einen falschen Account namens "@realDonalTrump", der bloß ein paar Tausend Follower hat. Seine Botschaft dürfte den eigentlichen Adressaten aber trotzdem erreicht haben.

Hinter dem kurzen Wortwechsel steckt mehr als nur bloße Höflichkeit. Der Populist Donald Trump und der Rechtsextreme Jair Bolsonaro gleichen sich in Ton und Stil. Mit ähnlichen Methoden haben sie es geschafft, die höchsten Ämter in Brasilien und den USA zu erobern. Und als Präsidenten der zweit- und der viertgrößten Demokratie der Welt verfolgen sie ähnliche Projekte, die zum Teil das Zeug haben könnten, eben diese Demokratie in Gefahr zu bringen.

Trump und Bolsonaro, beide wurden zunächst in geradezu grotesker Weise unterschätzt. Als ihre Ambitionen auf das Präsidentenamt publik wurden, galten sie als Politclowns, die nicht ernst zu nehmen seien. Als sie dann in den Umfragen zulegten, hieß es, allerspätestens in der Stichwahl sei Schluss. Dabei entging vielen Beobachtern, dass es Trump und Bolsonaro gelang, eine Stimmung anzufachen, die sie bis ins Präsidentenamt trug. Beide inszenierten sich als Outsider, die verkrustete politische Strukturen aufbrechen, mit Korruption und Stillstand Schluss machen und die Wirtschaft wieder ankurbeln - sie galten als welche, die endlich liefern würden.

Bolsonaro kopiert Trumps Medien-Fehde - und sein Sohn trifft einen alten Bekannten

Wobei natürlich nicht in gleichem Maße für alle geliefert werden soll. Der 63-jährige Bolsonaro huldigt wie der neun Jahre ältere Trump dem Nationalismus. "Brasilien kann kein Land offener Grenzen sein", sagte Bolsonaro angesichts der vielen Flüchtlinge aus Venezuela und klang damit ganz ähnlich wie Trump, als er über die Migranten an der US-Südgrenze sprach. Bolsonaro beleidigte Schwarze und Indigene, und er äußerte sich, wie Trump, abfällig über Frauen. Über seinem Regierungsprogramm steht "Brasil acima de tudo" - Brasilien über alles. Das ist nichts anderes als eine Abwandlung von "America First".

Trump und Bolsonaro haben im Kern die gleiche Erzählung gesponnen, obwohl sie völlig unterschiedliche Biografien aufweisen: Dort der Unternehmer aus New York, der tatsächlich noch kein politisches Amt innehatte, hier der im Bundesstaat São Paulo aufgewachsene ehemalige Fallschirmjäger, der schon seit Anfang der 1990er-Jahre als Hinterbänkler im brasilianischen Parlament sitzt. Ihre Erzählung haben beide unabhängig von etablierten Medien über soziale Netzwerke verbreitet. Während Trump bis heute eifrig twittert, nutzt Bolsonaro kurze Videos, die sein Team auf seine Facebook-Seite stellt.

Eine weitere Gemeinsamkeit: Sowohl Trump als auch Bolsonaro wurden im Wahlkampf offenbar auf illegale Weise unterstützt. Die sogenannte Russlandaffäre in den USA findet ihre brasilianische Entsprechung in einem Skandal um den Nachrichtenanbieter Whatsapp. Wie die Zeitung Folha de S. Paulo enthüllte, haben mehrere Unternehmen heimlich eine Verleumdungskampagne gegen Bolsonaros Gegner in der Stichwahl mitfinanziert. Millionen Falschnachrichten wurden verschickt.

Wobei in der Weltanschauung der beiden Präsidenten die etablierten Medien für sogenannte Fake News zuständig sind. Trump attackiert bevorzugt den Nachrichtensender CNN, die Washington Post und die New York Times, der er schon mehrmals ihr "Scheitern" in Aussicht gestellt hat. Bolsonaro verfährt nun ähnlich mit der Folha de S. Paulo, eben jener Zeitung, die den Whatsapp-Skandal ans Licht brachte. Er bezeichnete das Blatt als "größte Fake-News-Quelle Brasiliens" und deutete an, dass die Regierung keine Anzeigen mehr bei kritischen Blättern schalten werde. In einem Interview sagte er über die Folha: "Mit dieser Zeitung ist es aus."

Der Nationalismus der beiden Präsidenten, die insgesamt 530 Millionen Menschen vertreten, findet sich auch in ihren außenpolitischen Programmen wieder. Wie Trump hat Bolsonaro wenig übrig für internationale Zusammenarbeit. Die UN bezeichnete er als "Treffpunkt von Kommunisten" und blaffte, sein Land werde die Organisation verlassen. Später sagte er, genau genommen plane er den Rückzug aus dem UN-Menschenrechtsrat. Dem zu seiner Amtseinführung angereisten US-Außenminister Mike Pompeo versprach er, Brasilien werde die Zustimmung zum UN-Migrationspakt widerrufen, den die Trump-Regierung nicht unterzeichnete.

Weitere außenpolitische Gemeinsamkeiten: Nach Trump verlegt auch Bolsonaro die Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem. Beide wollen den Einfluss Chinas zurückzudrängen und stärker gegen Kuba und Venezuela vorgehen. Dem Klimaschutz können sie umso weniger abgewinnen. Die USA sind aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen, Bolsonaro will die Abholzung im arg geschundenen Amazonas-Regenwald beschleunigen.

Bei all den Gemeinsamkeiten verwundert es nicht, dass Eduardo Bolsonaro, Sohn und Mitstreiter des neuen Präsidenten, im August ein Foto aus Manhattan twitterte. Es zeigt ihn mit Stephen Bannon, dem Rassisten und früheren Einflüsterer Trumps. Es sei ihm ein Vergnügen gewesen, schrieb er dazu, "wir hatten ein tolles Gespräch und wir teilen die gleiche Weltanschauung".

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Quelle:
SZ vom 04.01.2019
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