Süddeutsche Zeitung

CDU, CSU und SPD:Schicksalstage für die große Koalition

Lesezeit: 2 min

Von Nico Fried und Wolfgang Wittl, Berlin

Etwas mehr als 100 Tage nach ihrer Neuauflage ringt die große Koalition um ihren Fortbestand. Belastet vom unionsinternen Streit über die Migration, aber auch von Konflikten um milliardenschwere Zusagen aus dem Koalitionsvertrag, kommen am Dienstagabend die Spitzen von CDU, SPD und CSU zusammen. An dem Treffen im Kanzleramt werden die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Andrea Nahles (SPD) und Horst Seehofer (CSU) teilnehmen. Hinzu stoßen Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU), CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der Chef des Kanzleramts, Helge Braun (CDU).

Im Mittelpunkt dürfte der Konflikt um etwaige Abweisungen von Asylbewerbern an der deutschen Grenze stehen. Obwohl ein erstes Treffen mit 15 Regierungschefs aus EU-Staaten noch keine konkreten Fortschritte erbracht hat, kann sich Kanzlerin Merkel in ihren Bemühungen um eine europäische Lösung vorerst auf die Unterstützung der CDU-Spitze verlassen.

Seehofer will Merkel kein Ultimatum gestellt haben

Das Präsidium habe ihr den Rücken gestärkt, sagte Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Führende CDU-Politiker wie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet und EU-Kommissar Günther Oettinger forderten öffentlich, Merkel im Zweifel auch mehr Zeit für die Verhandlungen einzuräumen.

CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer, der mit der Abweisung von Asylbewerbern droht, die bereits in einem anderen EU-Staat einen Antrag gestellt haben, hofft nach eigenen Worten "ehrlich, dass eine europäische Lösung gelingt". Allerdings könne man "von der Hoffnung allein nicht leben", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Es sei zudem nicht die CSU gewesen, die Merkel ein Ultimatum gestellt habe. "Die Kanzlerin hat um 14 Tage Zeit für eine europäische Lösung gebeten, daran halten wir uns", sagte Seehofer.

Der Koalitionsausschuss wird sich auch mit den deutsch-französischen Beschlüssen für die Weiterentwicklung der Euro-Zone befassen. Die CSU hatte nach dem Treffen von Merkel und Präsident Emmanuel Macron vergangene Woche Kritik an möglichen Mehrausgaben durch einen Investivhaushalt geübt.

Merkel und die CDU vertreten die Position, dass die Vereinbarungen dem entsprechen, was in der Unions-Fraktion besprochen worden sei. Seehofer zeigte sich in diesem Punkt moderat: "Wir wollen nicht, dass die Deutschen die großen Zahlmeister in Europa werden. Wenn das ausgeschlossen ist, sind wir zufrieden."

Ebenfalls im Koalitionsausschuss muss der Konflikt um die explodierenden Kosten für das Baukindergeld gelöst werden. Die CDU-Spitze lehnt einen Wegfall der Zuwendung ab einer bestimmten Quadratmeterzahl der Wohnfläche strikt ab. Einen entsprechenden Kompromiss hatten Finanzminister Olaf Scholz und Bauminister Seehofer zur Kostendämpfung verabredet, wie am Wochenende bekannt geworden war. CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer verwies jedoch auf einen gemeinsamen Beschluss der Fraktionsspitzen, wonach es für das Baukindergeld neben der Einkommensbeschränkung keine weitere Begrenzung geben solle.

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Quelle:
SZ vom 26.06.2018
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