Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Bester Dinge":Fischiges Phishing

Lesezeit: 1 min

Wie es den Siamesischen Kampffischen eines japanischen Youtubers gelang, vom Aquarium aus mit dessen Kreditkarte online einzukaufen.

Von Veronika Wulf

Zu den dümmsten Ausreden zählt wohl: Mein Goldfisch hat die Hausaufgaben gegessen. Nun ist der genaue Wortlaut nicht bekannt, aber es muss ungefähr folgendermaßen geklungen haben, als ein Japaner sich kürzlich an den Videospiele-Hersteller Nintendo wendete: "Könnten Sie meine jüngste Kreditkartenbuchung bitte rückgängig machen? Das war mein Fisch."

Der Youtuber, der sich Mutekimaru nennt, wagte nämlich ein Experiment: Er ließ seine Siamesischen Kampffische ein Pokémon-Spiel auf der Nintendo Switch spielen. Da sich Controller nur schwer mit Flossen bedienen lassen, entwickelte er eine Steuerung per Webcam. Je nachdem, wohin die Fische im Aquarium schwimmen, wird ein bestimmter Befehl ausgelöst. Auf diese Art hatten die Tiere schon mehrere Pokémon-Spiele durchgezockt, live übertragen auf Youtube. Und ja, es gibt Leute, die sich das anschauen, obwohl es Fische offenbar ungefähr 100 Mal langsamer spielen als Menschen.

Kürzlich stürzte das Spiel ab. Die Fische erdreisteten sich jedoch, trotzdem weiterzuschwimmen, also Knöpfe zu drücken. Sie landeten im Home-Menü der Switch, änderten den Benutzernamen von Mutekimaru zu Rowawawa und kauften dann mit den gespeicherten Kreditkartendaten des Youtubers im E-Shop Guthaben im Wert von 500 Yen (etwa 3,50 Euro). All das war live auf Youtube zu sehen, Mutekimaru merkte es aber erst sieben Stunden später. Medienberichten zufolge bekam er die 3,50 Euro von Nintendo zurück.

Und die Moral von der Geschicht': Überlasse Fischen deine Kreditkarte nicht? Nicht unbedingt. Der US-Youtuber Michael Reeves ließ vergangenes Jahr seinen Goldfisch Aktien im Wert von 50 000 Dollar kaufen. Nach drei Monaten übertraf er den Nasdaq um etwa 14 Prozent.

Dem Normalmensch ohne Finanzhai bleibt auch eine gute Nachricht: "Mein Goldfisch hat meinen Computer gehackt" dürfte künftig eine völlig legitime Ausrede für sämtliche Verfehlungen sein.

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