Süddeutsche Zeitung

Asterix und Obelix:Warum Asterix eine "Ente" fährt

Lesezeit: 3 min

Citroën entwirft für den neuen Gallier-Film eine antike Version des Kult-Autos 2CV. Die Bauteile: Kampfschild-Räder, Glühwürmchen-Scheinwerfer. Und wofür könnten Wildschweinmägen gut sein?

Von Martin Zips

Gerade in der Kunst ist es wichtig, zwischen wahrer Inspiration und reiner Vermarktung zu unterscheiden, also zwischen dem ehrlichen Ansatz des Kunsttreibenden und dem Geschäft dahinter. Die Asterix-Comic-Reihe wurde von, das kann man sagen, zwei echten Künstlern ins Leben gerufen. Freilich auch zum Gelderwerb, denn Albert Uderzo und René Goscinny waren damals, als sie sich im Jahr 1959 auf einem Balkon im Pariser Vorort Bobigny Gedanken über neue Bildergeschichten für die Zeitschrift Pilote machten, alles andere als reich.

Mittlerweile ist aus ihren Ideen ein Millionengeschäft geworden, mit viel Merchandising, einem Freizeitpark und Kino-Blockbustern. Der neueste Asterix-Film - er basiert nicht auf einem klassischen Album - ist vor allem für den chinesischen Markt konzipiert. Er wird im Februar Premiere feiern. Es gilt, neue Märkte zu erschließen. Und so, wie etwa auch die James-Bond-Filme seit Jahren schon ein fröhliches Tummelfeld des Product-Placements von Luxusuhren und Automarken sind, scheint sich nun auch Citroën ein bisschen mehr asiatische Aufmerksamkeit zu erhoffen. Für den Film "Asterix und Obelix: Das Reich der Mitte", in dem es um eine nach Gallien verirrte chinesische Kaisertochter geht, wurde von Citroën-Spezialisten eigens ein römischer Streitwagen im Stile des Kultautos 2CV gebaut. Nur dass, anders als bei der Original-"Ente", die Federung durch Wildschweinmägen erfolgt und die Scheinwerfer von Glühwürmchen erleuchtet werden. Wir befinden uns im Jahr 50 vor Christus!

Die Original-"Ente" bietet Platz für "zwei Bauern in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln"

Der PR-Coup für Citroën jedenfalls ist da. Weltweit berichten nicht nur Automobil-Zeitungen, sondern auch Wirtschafts- und Feuilletonredaktionen über die Sache. Ein lustig gemachtes PR-Video wird eifrig geteilt. Kein Wunder, ist der zwischen 1949 und 1990 produzierte 2CV doch immer noch für viele ein Sehnsuchtsauto, günstig in der Herstellung und im Verbrauch, sehr speziell im Design und politisch deutlich weniger belastet als etwa der deutsche Volkswagen. Ein Auto, das laut den Vorgaben des einstigen Citroën-Direktors Pierre-Jules Boulanger an seinen Konstrukteur André Lefèbvre "Platz für zwei Bauern in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln oder ein Fässchen Wein" bieten müsse und so gut gefedert sein solle, dass "ein Korb voll mit Eiern eine Fahrt über holprige Feldwege unbeschädigt übersteht".

Von Louis de Funès bis Roger Moore durften schon viele Stars die Ente über die Kinoleinwand lenken, nun sind auch Asterix und Obelix dran. Schon in den klassischen Gallier-Comics wurde immer wieder mal auf Automarken angespielt (etwa in den Alben "Asterix und die Normannen" und "Asterix in Italien"). Eine französische Marke ist neben dem 2CV auch der Schauspieler Gérard Depardieu, welcher zuletzt Obelix verkörperte. Wegen einiger politischer und sexistischer Auffälligkeiten stockt seine internationale Vermarktbarkeit allerdings, weshalb für den neuen Film sein Kollege Gilles Lellouche von den Produzenten den Hinkelstein aufgedrückt bekommt. Asterix-Darsteller ist diesmal Guillaume Canet, der einst mit Diane Kruger liiert war und jetzt mit Marion Cotillard zusammen ist. Der schwedische Fußballspieler Zlatan Ibrahimovic übernimmt die Rolle des Römers Caius Antivirus.

Noch ein Wechsel ist zu vermelden: Nach fünf Asterix-Alben, die er gemeinsam mit dem Zeichner Didier Conrad schuf, übernimmt nach Jean-Yves Ferri der französische Comic-Shootingstar Fabrice Caro alias Fabcaro, 49, als neuer Szenarist die Arbeit am 40. Asterix-Abenteuer, das im Oktober kommenden Jahres erscheinen soll. Ein Eingeständnis an die Märkte in Asien? Wer weiß.

Ferri jedenfalls sagt der SZ: "Es handelt sich um meine eigene Entscheidung. Schon vor einiger Zeit habe ich versucht, mich ein bisschen herauszunehmen, um ein eigenes Projekt, ein Album über General Charles de Gaulle, umzusetzen." Der Verlag betont, damit seien alle zufrieden. Auch verweist man auf eine für Ende 2023 geplante Gallier-Ausstellung im Pariser Museum La Cité de l'Économie, welche sich mit den Parallelen der Asterix-Welt und der Wirtschaft befassen werde: "Auf dem Programm stehen Tauschgeschäfte, Handel und der Verkauf von nicht mehr ganz frischem Fisch."

Das gallische Dorf, das zeigen all diese Neuigkeiten, ist längst zum Global Player geworden, an dem viele mitverdienen möchten. Da kann es einem, wenn man nicht aufpasst, freilich auch mal so gehen, wie Lionel Messi bei der WM-Pokalübergabe, und das blau-weiße Trikot ist plötzlich unter dem Bischt gar nicht mehr zu sehen. Aber, das ist schon sehr beruhigend: Obelix' Hose leuchtet sowohl im Film wie auf den ersten Zeichnungen zum neuen Band noch immer: blau-weiß. Solange sich Fisch gut verkauft, darf er eben ruhig auch alt sein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5719920
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.