Süddeutsche Zeitung

Verdacht der Steuerhinterziehung:Wiesnwirt Krätz wird angeklagt

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Er soll im Promizelt Hippodrom mit illegalen Tricks Steuern gespart haben: Wiesnwirt Sepp Krätz muss sich vermutlich vor Gericht verantworten. Seine Zukunft als Gastronom hängt davon ab, wie hoch die Richter die Steuerschuld einstufen. Ähnlich wie im Fall Hoeneß geht es nun offenbar darum, ob es Krätz gelingt, die Schuld unter eine Million Euro zu drücken.

Von Bernd Kastner, Dominik Hutter und Peter Fahrenholz

Wiesnwirt Sepp Krätz muss sich wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung vermutlich vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen ihn beim Landgericht München I erhoben. Ein Sprecher der Behörde bestätigte entsprechende Informationen der Süddeutschen Zeitung, äußerte sich aber mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht näher dazu. Krätz wird vorgeworfen, im Oktoberfestzelt Hippodrom und in seinem Restaurant "Andechser am Dom" mit illegalen Tricks Steuern "gespart" zu haben. Ob und wann die vierte Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Jutta Zeilinger die Anklage zulässt, steht noch nicht fest. Eine Ablehnung gilt jedoch als äußerst unwahrscheinlich.

Offen ist bislang, welche Summe Krätz hinterzogen haben soll. Nach SZ-Informationen soll es sich anfangs um einen Betrag in der Größenordnung zwischen drei und vier Millionen Euro gehandelt haben, der sich im Laufe der Ermittlungen erheblich reduziert haben soll. Offenbar geht es, ähnlich wie im Fall Uli Hoeneß, inzwischen darum, ob es Krätz und seinen Anwälten gelingt, die Steuerschuld unter die Grenze von einer Million Euro zu drücken. Wird dieser Betrag in einem rechtskräftigen Schuldspruch überschritten, ist laut Bundesgerichtshof keine Bewährungsstrafe mehr möglich. Dann droht Krätz Gefängnis. Krätz soll bereits eine größere Summe bezahlt haben, um seinen Willen zur Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden zu dokumentieren. "Es sind sämtliche Steuern und auch die Zinsen bis auf den letzten Cent bezahlt worden", sagte Krätz' Anwalt Hans-Georg Jatzek.

Mit der Anklage ist Krätz' Zulassung für das Oktoberfest gefährdet. Die Stadt hatte vor Monaten bereits angekündigt, im Falle einer Anklage den Status als Wiesnwirt zu überdenken. Was freilich keinen Automatismus bedeutet, beteuerte Wirtschaftsreferent Dieter Reiter (SPD) am Freitag. Man werde die Vorwürfe sorgfältig abwägen und natürlich auch Krätz selbst anhören, wie es in einem Rechtsstaat üblich sei. Zunächst werde man "in aller Ruhe abwarten, was in der Anklageschrift steht". Denn die liege der Stadt noch nicht vor.

Allerdings kann man im Falle eines Rauswurfs nicht einfach einen neuen Wirt einsetzen. Denn das Hippodrom, das Krätz betreibt, gehört ihm selbst und nicht einer der Münchner Brauereien. Womöglich muss Krätz auch um seine Gaststättenkonzession bangen. Die ist nicht an ein Lokal gebunden, sondern an die Person des Wirts. Hat das Kreisverwaltungsreferat Zweifel an seiner Zuverlässigkeit, kann sie ihm die Lizenz entziehen. Krätz betreibt auch die Waldwirtschaft in Großhesselohe.

Im Fokus der Steuerermittlungen stehen die Freischankfläche des "Andechser am Dom" und die Sektbar im Hippodrom. Dort soll es nach Ansicht der Staatsanwaltschaft zu den illegalen Tricksereien gekommen sein. Zweieinhalb Jahre lang zogen sich die Ermittlungen hin. Die Fahnder mussten in mühsamer Kleinarbeit die offenbar fehlende Buchhaltung in beiden Bereichen aufarbeiten. Angefangen hatte alles mit einer anonymen Anzeige im Herbst 2010. Es muss ein Insider gewesen sein, der die Stadt über angebliche Unregelmäßigkeiten bei Krätz informierte. Wirtschaftsreferent Reiter leitete den Brief an die Staatsanwaltschaft weiter. Weil sich die Vorwürfe auf eine angeblich schwarze Kasse im Freischankbereich des "Andechser" bezogen, warteten die Fahnder bis Sommer 2011, ehe sie dort vorstellig wurden.

In der Vergangenheit hatten schon andere Wiesnwirte Ärger mit der Justiz: 2003 wurden Toni und Marianne Weinfurtner, die ebenfalls das Hippodrom betrieben, wegen Steuerhinterziehung verurteilt, was ihr Wiesn-Aus bedeutete. Bekanntester Fall ist aber Richard Süßmeier. Er flog 1984 während der Wiesn wegen Beschäftigung von Schwarzarbeitern aus dem Armbrustschützenzelt. Pikanterweise war es der damalige Kreisverwaltungsreferent Peter Gauweiler, der den Rauswurf exekutierte. Dessen Kanzlei vertritt heute Krätz.

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Quelle:
SZ vom 16.11.2013
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