Süddeutsche Zeitung

Uiguren-Protest in München:Ärger auf Rädern

Lesezeit: 2 Min.

Was braucht es, um eine Supermacht wie China auf die Palme zu bringen? Nur einen Autoanhänger und gutes Timing. Wie uigurische Aktivisten die Mitarbeiter des chinesischen Konsulats in München ärgern.

Von Karoline Meta Beisel

Wie leicht es doch ist, einer Supermacht so richtig auf den Keks zu gehen. Man braucht nicht mehr dazu als einen Autoanhänger und einen Kalender. Der Anhänger steht seit Anfang Dezember vor dem chinesischen Konsulat in der Romanstraße in Nymphenburg. Der Mann mit dem Kalender ist Enver Can. "Alle paar Tage gehe ich hin und parke den Anhänger um. Er steht immer abwechselnd direkt vor oder an der Seite des Konsulats", sagt er.

Enver Can ist einer der Gründer des Uigurischen Weltkongresses. Die Gemeinschaft mit Sitz in München ist eine Art Dachverband der Exil-Uiguren. In München leben etwa 700 Angehörige des turksprachigen Volkes, es ist die größte Gemeinschaft in Westeuropa. Die Uiguren leben als ethnische Minderheit im Nordwesten Chinas in der Provinz Xinjiang. Dort geraten Uiguren und Chinesen immer wieder aneinander.

Die Machthaber in China halten den Weltkongress für eine Terrorgruppe. Man munkelt sogar, das Münchner Konsulat habe vor allem deshalb so viele Mitarbeiter, um die Vereinigung besser bespitzeln zu können. Die Chinesen werfen dem Weltkongress vor, aus der Ferne die Unruhen in Xinjiang zu orchestrieren.

Der Kongress wiederum wirft den Chinesen zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vor. Bei Mahnwachen, in Schriften - und eben auf der Plane des unscheinbaren Anhängers, der jetzt vor dem Konsulat steht. Einmal in der Woche bauen Enver Can und seine Mitstreiter außerdem einen Pavillon dort auf, um über den Konflikt zu informieren.

Den Mitarbeitern des Konsulat stinkt's

Den Mitarbeitern des Konsulats stinkt das. Für eine Stellungnahme waren sie nicht zu erreichen. Die Polizei bestätigt jedoch, dass sich das Konsulat an die Beamten gewandt hat. Aber Enver Can ist clever. Er weiß, dass der Anhänger nach der Straßenverkehrsordnung nie länger als 14 Tage an einem Platz stehen darf - darum das ständige Umparken. Im Polizeipräsidium prüft man nun, ob das Straßen- und Wegegesetz den Chinesen weiterhelfen könnte. Bisher aber ohne Ergebnis.

Weil Enver Can es sich mit der Polizei nicht verscherzen will, kommt er einer Bitte der Beamten nach: Zu den Feiern zum chinesischen Neujahrsfest an diesem Wochenende will er den Anhänger außer Sichtweite parken. Spätestens am 5. Februar soll er aber wieder zurück vor das Konsulat: "Das ist der Jahrestag von Ghulja."

Ghulja, so heißt eine Stadt in der Provinz Xinjiang, dort gab es vor 17 Jahren heftige Proteste, die von den der chinesischen Armee niedergeschlagen wurden. Der Streit zwischen Uiguren und Chinesen, er wird auch in Nymphenburg ausgetragen.

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Quelle:
SZ vom 01.02.2014
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