Süddeutsche Zeitung

Corona-Krise:Erster Coronavirus-Toter im Landkreis Starnberg

Lesezeit: 3 min

Ein 96-jähriger Mann stirbt in der Gautinger Lungenklinik. Die Zahl der Infizierten steigt auf 100. Das Klinikum Starnberg ruft Helfer mit medizinischen Kenntnissen dazu auf, sich freiwillig zu melden.

Von Carolin Fries und Jessica Schober, Gauting

Das Coronavirus hat ein erstes Todesopfer im Landkreis Starnberg gefordert: Ein 96-jähriger Patient der Asklepios-Klinik in Gauting ist am Freitag an den Folgen der Krankheit Covid-19 gestorben. Das teilte das Landratsamt Starnberg mit. Nähere Angaben zu dem Mann wollte das bayerische Gesundheitsministerium mit Verweis auf den Persönlichkeitsschutz nicht machen.

Auch Klinik-Sprecherin Beatriz Parente Matschke wollte sich nicht dazu äußern, ob der Mann unter Vorerkrankungen litt und wie lange er schon in der Lungenklinik in Behandlung war. Die Zahl der infizierten Menschen im Landkreis stieg am Freitag noch einmal stärker als am Vortag. Das Landratsamt meldete 19 neue Infektionen und damit 100 seit Beginn der Epidemie.

Etwa 20 Patienten werden aktuell in Krankenhäusern im Landkreis versorgt, acht davon in Starnberg. Am Mittwochabend habe man erstmals Patienten in die Gautinger Asklepios-Klinik verlegt, wie der Leitende Arzt der Kardiologie, Florian Krötz, am Freitag sagte. Die Kliniken im Landkreis bereiteten sich derzeit auf einen "Ansturm wie in Italien" vor, erklärte Krötz. Um italienischen Verhältnissen vorzubeugen, also Ansteckungen innerhalb der Klinik zu vermeiden, habe man im Starnberger Krankenhaus Parallelstrukturen auf allen kritischen Stationen geschaffen. "Wir wollen auch weiterhin die Notfallversorgung sowie die Behandlung aller anderen Erkrankungen garantieren", sagte Krötz.

Eine Coronavirus-Verdächtige bringt ein Kind zur Welt

Patienten, die ausschließlich an Covid-19 leiden, würden deshalb in die Gautinger Asklepios-Klinik gebracht, welche als Pandemiezentrum im Landkreis fungiert. Um wie viele Patienten es sich momentan handelt, wollte Sprecherin Parente Matschke nicht sagen. Nur so viel: Man nehme weiter Covid-19-Patieten auf, auch auf der Intensivstation. Doch auch im Starnberger Klinikum wird es weiterhin Corona-Patienten auf den Stationen geben. Etwa, wenn diese zusätzlich eine zweite Erkrankung aufweisen, beispielsweise eine Dialyse brauchen oder aber Kinder erkranken. Auch Verdachtsfälle werden hier aufgenommen, also Kranke, die in Einzelzimmern separiert werden, bis die Laborergebnisse da sind.

Auf der Intensivstation, in der Kinderklinik, der Notaufnahme, im OP-Bereich, der Infektionsstation sowie in der Geburtshilfe gibt es deshalb von sofort an einen eigenen Bereich für Covid-19-Patienten. "Wir müssen unser Haus sauber halten", erklärt Krötz die Vorkehrungen, die der siebenköpfigen Krisenstab der Klinik beschlossen hat. In der Geburtshilfe hat die Umsetzung bereits geklappt. Ein Raum, der zuletzt für ambulante OPs genutzt wurde, dient jetzt als Kreißsaal. Am Donnerstag hat eine Frau, die als Covid-19-Verdachtsfall gilt, hier ihr Kind zur Welt gebracht - begleitet von entsprechend geschütztem Klinikpersonal. "Alle sind wohlauf und glücklich", sagte Krötz.

Im Klinikum werden Atemschutzmasken knapp

Er betont, dass die medizinische Versorgung weiterhin "tippi-toppi" bleibe, auch wenn im Ersatz-Kreißsaal kein Himmel an die Decke gemalt ist oder bunte Vorhänge auf der improvisierten Kinderstation fehlen. Um die Notaufnahme in einen infektiösen und einen normalen Betrieb zu trennen, hat die Klinik am Freitag Container für einen 24-Stunden-Dienst aufstellen lassen. Gleiches ist bis Mitte kommender Woche für die Herrschinger Klinik geplant. "Das sind aber keine Testzentren für jedermann", erklärt Krötz. Nach wie vor gelte: Notfälle melden sich an der Pforte der Klinik und werden dann weitergeleitet. "Es gilt, die Nichtinfizierten sowie das Personal zu schützen und Ressourcen zu schonen", sagte Krötz.

Zu den knappen Ressourcen im Klinikalltag gehört aktuell neben Personal vor allem Schutzkleidung, insbesondere Schutzmasken werden knapp. "Wir haben große Angst, dass die ausgehen", sagte Krötz. Um ausreichend Personal parat zu haben, gilt bereits eine Urlaubssperre. Zudem arbeiten auch Mitarbeiter aus anderen Bereichen fortan auf den Stationen mit, wenn sie eine medizinische Grundausbildung oder eine entsprechende Schulung absolviert haben.

Sollten darüber hinaus Hilfskräfte benötigt werden, setzt man auf freiwillige Angebote aus der Bevölkerung. Wer über medizinische oder pflegerische Grundkenntnisse verfügt, kann sich online auf der Homepage des Krankenhauses registrieren. "Wenn es soweit ist, müssen wir dann nur noch die Liste zur Hand nehmen und die Leute anrufen", erklärte Krötz. Der Mediziner bittet darum, die Kliniken ausschließlich im Krankheitsfall aufzusuchen - ganz gleich, ob Covid-19-Patient oder nicht. "Wer gesund ist oder sich gesund fühlt, bleibt bitte zu Hause." Nur so sei es möglich, die Kapazitäten der Krankenhäuser für Kranke und Notfälle zu nutzen.

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SZ vom 21.03.2020
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