Süddeutsche Zeitung

Konzert in München:Charlotte Knobloch: "Roger Waters ist hier nicht willkommen"

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Vor der Münchner Olympiahalle kommt es zu einer Kundgebung gegen den britischen Musiker. Der war Stunden vor seinem ohnehin schon umstrittenen Auftritt mit einem antisemitischen Beitrag in den sozialen Netzwerken aufgefallen.

Von Isabel Bernstein und Michael Zirnstein

Etwa 100 Demonstranten haben am Sonntagabend neben dem Eingang zur Olympiahalle gegen das Konzert von Roger Waters demonstriert. Der Auftritt des britischen Musikers steht wegen dessen Nähe zur antisemitischen Israel-Boykott-Bewegung BDS und Russland-Propaganda seit Monaten in der Kritik. Allen voran bezeichnete Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Waters als "antisemitischen Brandstifter". Sie hatte eine deutliche Botschaft: "Er ist hier nicht willkommen."

Sie kritisierte aber auch die Politik, der es seit Oktober 2022 nicht gelungen sei, das Konzert zu verhindern. Es frustriere sie: "Seit vielen Jahren hören wir markige Worte aus der Politik. Und seit ebenso vielen Jahren ändert sich wenig." Und weiter: "Der Antisemitismus hat ganz offensichtlich einen Platz in diesem Land", sagte sie, "dieser Platz ist heute die Olympiahalle".

Knobloch legte sich persönlich mit einem Fan an, der in ihre Rede brüllte: "Waters ist geil." - "Hör auf", rief sie ihm entgegen. "Geh' halt rein, wenn du ihn so liebst." Einige Gäste diskutierten mit Demonstranten, einige palästinensische Unterstützer demonstrierten an der U-Bahn und verteilten selbst Handzettel ("Roger Waters ist kein Anti-Semit"), aber es blieb friedlich.

Ähnlich wie Knobloch äußerte sich auf der Kundgebung, zu der die Allianz "München ist bunt" aufgerufen hatte, der Antisemitismusbeauftragte der Staatsregierung Ludwig Spaenle: "Rogers Waters darf aus juristischen Gründen in dieser Halle spielen. Er ist hier nicht erwünscht." Judenhass dürfe nicht unwidersprochen bleiben. Viele Demonstranten hielten Schilder hoch, auf denen "We don't need your education" oder "We don't need Roger Waters" in Anlehnung an die berühmte Zeile seines Pink Floyd-Songs "The Wall" stand, aber auch: "Keine Bühne für Putin-Propaganda."

Waters selbst hatte Stunden vor seinem umstrittenen Konzert in der Olympiahalle noch einmal im Streit um die Antisemitismus-Vorwürfe gegen ihn nachgelegt und eine Botschaft in den sozialen Netzwerken verbreitet, in der er Israel als "tyrannisches, rassistisches Regime" bezeichnete. Den Kampf der als antisemitisch eingestuften BDS-Bewegung sieht er in der Tradition der Weißen Rose. Dazu veröffentlichte er ein Video, das ihn und seine Frau Kamilah Chavis am Grab von Hans und Sophie Scholl im Friedhof am Perlacher Forst zeigt, wo er weiße Rosen niedergelegt haben will.

Die "Weiße Rose" habe friedlich gegen ein tyrannisches Regime gekämpft, das die jüdischen Brüder und Schwestern ermordete, schreibt Waters. Heute seien diese Brüder und Schwestern die Palästinenser. Die Resolution des Deutschen Bundestags, die 2019 die zum kompletten Israel-Boykott aufrufende BDS-Bewegung als antisemitisch eingestuft hat, lasse die Deutschen "still und gleichgültig" der institutionalisierten Ermordung des palästinensischen Volks zuschauen.

Einige Mächtige und die israelische Lobby hätten ihn zu Unrecht beschuldigt, ein Antisemit zu sein. Seit er in München ist, fühle er sich, als würde ihn "Big Brother" beobachten. Er sei stolz auf alle Brüder und Schwestern, ob BDS oder nicht, die für Menschenrechte eintreten. "Ihr alle tragt die Fackel von Sophie und Hans Scholl und dem Rest der Weiße-Rose-Bewegung", so Waters zu seinen Fans.

Versammlungsleiterin Micky Wenngatz von der SPD richtete sich auf der Kundgebung bewusst an die wartenden Fans: Nicht alle Konzertbesucher seien Antisemiten, aber gerade ihnen müsse man erklären, welche antisemitischen Codes Roger Waters für seine Verschwörungstheorien und seinen Judenhass benutze. "Widersprechen Sie ihm auch in der Halle."

Drinnen erwartete die Fans ebenso eine aufklärende Botschaft: Die Olympiapark GmbH stellte auf 50 Monitoren bis zum Konzertbeginn klar, dass sie sich ausdrücklich von den politischen Ansichten des Sängers distanziert, und dass Menschen aus aller Welt willkommen seien.

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