Süddeutsche Zeitung

Protest vor Hofbräukeller:120 Polizisten sichern Veranstaltung pro und contra AfD

Lesezeit: 3 min

Von Jakob Wetzel

Von der Aufregung draußen ist im Festsaal des Hofbräukellers wenig zu spüren. Im Freien, vor der Gaststätte, protestieren die Teilnehmer von zwei Demonstrationen, die einen gegen die Alternative für Deutschland (AfD), die anderen gegen deren Gegner. 120 Polizisten trennen die verfeindeten Gruppen. Drinnen, im ersten Obergeschoss, hat der AfD-Kreisverband München-Ost Frauke Petry für 19 Uhr zur Kundgebung eingeladen. Es hat Gerüchte gegeben, Demonstranten wollten sich womöglich einschmuggeln und die Kundgebung stören. Am Vorabend ist Petry in Neuburg an der Donau aufgetreten, dort hatten sich tatsächlich einzelne Demonstranten in den Saal geschmuggelt. Doch in München bleibt alles ruhig.

Etwas verspätet beginnt Petry ihre Rede zehn Minuten vor 20 Uhr. Sie spricht über den zurückliegenden Parteitag der AfD in Stuttgart, über die CSU und darüber, dass es der Wunsch ihrer Partei sei, den Menschen zuzuhören und niemandem nach dem Mund reden zu müssen - von Störern ist im Festsaal nichts zu sehen. Probleme macht allenfalls vorübergehend die Mikrofontechnik, die Stimmung ist gut.

Draußen, auf dem Wiener Platz, haben sich an diesem Freitagnachmittag schon Stunden zuvor die ersten Demonstranten versammelt. 20 Personen aus dem Umfeld der rechtspopulistischen Pegida-Bewegung waren von 16 Uhr an für eine Pro-AfD-Kundgebung angekündigt, lediglich fünf sind letzten Endes gekommen. Sie haben eine Flüstertüte dabei und Transparente, auf denen Sprüche stehen wie "Versager sind bunt, Bayern ist frei, auch in Gaststätten und Hotels". Sie stehen an der Nordseite des Wiener Platzes, umringt von einer Polizei-Absperrung - und nach kurzer Zeit auch von etwa 40 meist jugendlichen, laut tönenden Gegendemonstranten - und kommen nicht zu Wort.

Um 18 Uhr beginnt der Einlass in den Hofbräukeller; kurz vorher sind die AfD-Gegner bereits auf die andere Seite des Platzes gewandert, zum Haupteingang. Etwa 80 Protestierer wollen die Teilnehmer an der Kundgebung und Frauke Petry selbst mit Transparenten wie "Angebot für Dumme" und "Nazis raus" empfangen; aber zumindest auf die AfD-Frontfrau warten sie vergeblich, sie umgeht die Demonstration. Petry betritt den Hofbräukeller offenbar über die Tiefgarage.

Um kurz vor halb acht tritt sie in den Saal. Sie läuft durch die Tischreihen, aus den Lautsprechern klingt der bayerische Defiliermarsch, hinter ihr geht Iris Wassill, die stellvertretende Vorsitzende des AfD-Kreisverbandes, und schwenkt die bayerische Fahne über Petrys Kopf, die Menschen stehen auf und klatschen. Der Festsaal des Hofbräukellers ist mehr als gefüllt, 370 Personen passen hinein, mehrere Zuhörer müssen stehen. Viele sind zum ersten Mal zu einer Veranstaltung der AfD gekommen. Gegner der Partei aber sind nicht unter ihnen. Und ganz hinten steht Ricky Steinberg, der Wirt des Hofbräukellers, und schaut zu. Er kann sich zunehmend entspannen.

"Ich habe mich selber schon auch blöd angestellt", sagt der Wirt

Steinberg hatte die AfD ursprünglich als Gäste akzeptiert, die Partei dann aber eine Woche vor der Kundgebung wieder ausgeladen, weil er um den Ruf und die Sicherheit des Hofbräukellers fürchtete, wie er sagte. Die AfD zog daraufhin vor das Münchner Landgericht, und dieses erzwang erst am Vortag per einstweiliger Verfügung, dass die Kundgebung doch im Festsaal stattfinden konnte. Die Klage hätte es in ihren Augen nicht gebraucht, sagt Wassill nun vorne am Mikrofon. "Ein Wort zum Hofbräukeller." Den Ärger habe man nicht gewollt. "Wir hoffen nur, dass jetzt von Seiten der Wirte ein Umdenken stattfindet. Wir sind nämlich eine grundgesetztreue Partei." Später bekommen noch die beiden Anwälte Applaus, die vor dem Landgericht für die AfD Erfolg hatten.

Sie sei überrascht gewesen über den Wirbel wegen der Kundgebung, sagt Frauke Petry. Warum die Partei sich den Hofbräukeller ausgesucht habe? "Weil er viel Platz bietet und nicht, weil hier irgendjemand schon mal gesprochen hat", sagt sie. Aber der Wirbel habe der AfD im Zweifel wohl eher genutzt.

"Ich habe mich selber schon auch blöd angestellt", hat Wirt Ricky Steinberg am Freitagnachmittag gesagt, draußen vor der Gaststätte, als er den beiden Demonstrationen am Wiener Platz zusah. Aber er sei dann doch zuversichtlich, dass es ruhig bleibe. "Es ist viel Polizei da", sagt Steinberg, "und wir sind ja in München." Tatsächlich löst sich die Demonstration der AfD-Gegner kurz nach Beginn der Kundgebung wieder auf. Vielleicht treibt die Demonstranten auch der Regen davon. Die Polizei meldet einen vergleichsweise ruhigen Abend: Bis auf Wortgefechte sei nichts vorgefallen.

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Quelle:
SZ vom 14.05.2016
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