Süddeutsche Zeitung

Fitzroy:Hoch über der Stadt, mit viel Luft nach oben

Lesezeit: 3 min

Das Fitzroy im Werksviertel ist das einzige australische Restaurant der Stadt und macht ziemlich viel her. Was die Küche angeht, lässt sich aber noch manches verbessern.

Von Marcelinus Sturm

Das Werksviertel hinter dem Ostbahnhof ist ein untypisches, dafür umso erfreulicheres Stück München. Wo sonst Investorenbauweise vorherrscht, die sich vor allem rechnen soll, angesichts horrender Bodenpreise, kommen im Werksviertel unterschiedlichste Architekten zum Zuge, die sich kreativ verwirklichen dürfen. Das Ergebnis gefällt manchmal sogar jenen Architekturkritikern, die alle Münchner von Haus aus für einen Haufen hoffnungslos zurückgebliebener Deppen halten, die schon von ihrer Genetik her niemals nicht in der Lage sein können, etwas Schönes zu bauen. Im Werksviertel ist jedenfalls etwas Großstädtisches entstanden, das man öfter mal vermisst in der Stadt.

Ob das auch für die Kulinarik gilt? Ja und nein. Es geht da überwiegend sehr jugendlich und international zu, sogar in guter bis hoher Qualität. Klassische Restaurants findet man hingegen, außer als Pop-ups, noch nicht. So durfte man gespannt sein, als vor einigen Monaten im nagelneuen Adina-Hotel auch ein australisches Restaurant namens Fitzroy eröffnete. Passt zu der großen Hotelkette aus Down Under, und Fitzroy ist ein hippes Ausgehviertel in Melbourne.

Das Restaurant im 14. Stock ist vom Ambiente her spektakulär und weltstädtisch, da kann man sich schon mal in Canberra, Sydney oder Melbourne wähnen. Die Ausstattung edel, die Beleuchtung dezent, alles wirkt großzügig, hier fühlt man sich wohl. Die Aperitifs waren vielversprechend, etwa der Sydney Margarita (12,00 Euro), dem der Jalapeño-Sirup eine raffinierte Schärfe gab, oder der Pfeiffer (12,00), ein erstaunlich milder Mix aus Gin, Sake, Moosbeere und Verjus. Hübsch auch der Gruß aus der Küche, ein kleiner Arancino, also ein frittiertes Reisbällchen, verziert mit fermentiertem schwarzem Knoblauch. Letzteres eine Beigabe, die im Fitzroy gerne verwendet wird. Bei den Vorspeisen halte man sich an die Dumplings (alle 11,00 je Portion), wahlweise als japanische Gyoza oder traditionell chinesisch (Shao Mai) und kantonesisch (Har Kao). Die sind genau der richtige Auftakt für ein gelungenes Mahl. Weder der gebeizte Lachs (16,00) - ein viel zu kaltes Stück Fisch in Riegelform - konnte da mithalten, noch das Rindertatar (17,00) in Medaillonform mit etwas Chichi aus Enoki-Pilz, Miso-Ketchup und Thai-Basilikum obendrauf. Überhaupt entpuppen sich die in der Karte genannten, exotischen Zutaten auf dem Teller dann als kaum erkennbare Tupfer, die zum Geschmackserlebnis wenig beitragen.

Keine Klagen gab es beim Filetsteak vom Angusrind (36,00) mit den Beilagen Okraschote und fermentierter Knoblauch. Auch die Entenbrust (26,00) mit Radicchio und Orangen-Teriyaki mundete, wenngleich wir den versprochenen Granatapfelstaub anscheinend achtlos einfach so weggeputzt hatten, ohne ihn zu bemerken. Doch nun zum Fisch. Die Hiramasa-Makrele (28,00) war leider so trocken, als hätte sie die letzten Tage ihres Lebens in der Großen Viktoria-Wüste verbracht, wo es bis zu 50 Grad heiß werden kann. Das ist doch erstaunlich bei dieser recht fetthaltigen Fischart, die man in Australien vor allem in den nördlicheren Küstenregionen findet. Selbst jene Exemplare, die in Münchner Biergärten als Steckerlfisch vom Holzkohlengrill kommen, geraten meist saftig. Anders im Fitzroy. Immerhin war die Haut schön knusprig, und der Meeresspargel als Beilage knackig, wie er sein soll. Überhaupt hält der Poissonier im Fitzroy offenbar viel vom Durchgaren. Auch der gedünstete Saibling (23,00) mit grünem Apfel, Fenchel, geräuchertem Kaviar und Fingerlimette war bei unserem Besuch sehr trocken. Der gegrillte Oktopus (26,00) geriet einmal schön knusprig und zart zugleich, das andere Mal recht zäh - der Unterschied liegt darin, wie lange man ihn kocht, bevor er auf den Grill kommt.

Sodann zum süßen Ende. Die Pavlova (9,00) ist eine legendäre Nationalnachspeise, um deren Erfindung sich Australier und Neuseeländer seit jeher streiten: eine Baisertorte, gefüllt mit sehr viel Sahne, Passionsfrucht und Beeren, benannt nach einer russischen Balletttänzerin, die vor 100 Jahren in beiden Ländern gefeiert wurde. Im Fitzroy kam die süße Huldigung leicht dekonstruiert auf den Tisch und erinnerte deshalb lustigerweise an ein berühmtes Dessert des italienischen Spitzenkochs Massimo Bottura mit dem Namen: "Ups, mir ist der Zitronenkuchen runtergefallen!" Es hätten auch ein bisschen mehr Beeren sein dürfen - aber gut, es ist Winter, und man will sich ja saisonal ernähren.

Apropos Zitronenkuchen: Der Yuzu-Cheesecake mit gesalzenem Karamell (9,00) war tadellos, davon hätten wir gern noch mehr gepackt. Das lässt sich auch von der kleinen, aber feinen Auswahl australischer Weine sagen, die man sonst in München selten findet. Im Schnitt 14,00 Euro für 0,2 Liter ist allerdings nicht günstig. Zu loben ist übrigens der Service - sehr freundlich und hilfreich bei der Weinkarte, auch für den Tipp: "Bei diesem Gericht brauchen Sie nicht unbedingt eine Beilage", waren wir dankbar.

So lässt sich zusammenfassen: Die Preise haben das oberste Level schon erreicht, aber in der Fitzroy-Küche ist noch Luft nach oben.

Restaurant Fitzroy, Atelierstraße 22, Telefon 089-25 55 51 96 60, www.fitzroy-munich.de , Öffnungszeiten: täglich 14-22 Uhr. Alle Kostproben finden Sie unter sz.de/thema/Restaurants

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