Süddeutsche Zeitung

Spielart Theaterfestival 2023:Gucken aufs Guggenheim

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Das Spielart-Festival wird dieses Jahr wieder sehr präsent sein in der Stadt. Ende Oktober werden 16 Tage lang Performances aus aller Welt zu sehen sein. Auch direkt vor der Oper.

Von Yvonne Poppek

Im Oktober wird sich an entscheidender Stelle etwas ändern. Nämlich auf dem Max-Joseph-Platz. Auf jener Fläche vor der Oper also, die noch weiter auf eine grüne Gestaltung warten soll, wird es für 16 Tage etwas Attraktiveres als die Garagenzufahrt geben: ein kleines Guggenheim-Museum. "GGGNHM", so heißt die Erfindung des Wiener Kollektivs "God's Entertainment", eine begehbare Skulptur, groß wie ein Mehrfamilienhaus. Das aufblasbare, nun ja, Gebäude, wurde schon in anderen Städten ausprobiert, nun kommt es zum Festival "Spielart" nach München als ein Kunstort für Begegnungen.

Es ist wunderbar, dass das Performancefestival diese Präsenz in der Stadt bekommt. "Spielart" gibt es alle zwei Jahre, es ist eine einmalige Chance, internationale Produktionen in dieser Dichte zu sehen, verschiedene Formen der Auseinandersetzung mit Gesellschaft, Gegenwart, Kunst. Das kann eigentümlich sein, berührend, klug, unverständlich, irgendetwas, meistens jedoch den Horizont erweiternd. Vergangenes Jahr durfte Julian Warner mit einer Parade tief in den Stadtraum eingreifen, jetzt kommt die Guggenheim-Skulptur, darin die Ausstellung "Deutschkurs oder Goethe in 15 Tagen" und ein Programm, das sich mit der internationalen Münchner Stadtgesellschaft auseinandersetzt. Die Kunst, das Festival bekommt also einen großen öffentlichen Raum - und das ist schön.

Vom 20. Oktober bis zum 4. November wird "Spielart" dieses Jahr stattfinden. Die künstlerische Leitung und Festivalleitung liegt wieder bei Sophie Becker, die mit ihrem Team das Programm soeben vorgestellt hat. Knapp 40 Produktionen soll es geben, davon zehn Uraufführungen, Karten gibt es vom 15. September an, Spielorte sind unter anderem Fat Cat, Werkraum, Volkstheater, Muffatwerk, Einstein Kultur, Kreativquartier.

Der Blick geht dabei wieder weit in die Welt hinaus, ohne sich zu entfremden. Vieles greift ins Politische und bleibt dabei persönlich, gefühlsmäßig vertraut. So kommt etwa die schweizerisch-deutsche-kongolesische Produktion "The Ghosts Are Returning". In ihr geht es um Knochen, die einst zu Forschungszwecken im Kongo exhumiert wurden und in der Schweiz landeten. Die "Group 50:50" setzte sich nun kunst-aktivistisch dafür ein, dass die Knochen zurückkehren, befragte aber auch die Nachfahren, was das bedeute, wie eine Rückkehr überhaupt möglich sei. Ein hartes Thema, das in einem "heilsamen" Abend umgesetzt sei, sagt Becker. Diese Kombination soll prägend für das Festival sein.

Julian Warner wird bei Spielart auch wieder dabei sein. Gemeinsam mit Veronika Maurer lässt er mit professionellen Wrestlern die Stadtkonflikte austragen - eine Idee, die er beim Augsburger Brechtfestival schon ausprobiert hat. Der Titel: "Kampf um die Stadt". Ko-Kuratorin Betty Yi-Chun Chen sucht mit der Reihe "When Memories Meet" nach dem Verbindenden zwischen Kulturen, holt dafür Produktionen aus Asien. Mit jenem von Eva Neklyaeva kuratierten Festival-Teil fließt thematisch der Krieg in der Ukraine ein. Und im Kreativquartier entsteht das Programm "Nothing to Declare" von Boyzie Cekwana, ein Saatbeet für zukunftsweisende Kunstideen - 16 Tage lang.

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