Süddeutsche Zeitung

Benzinpreise:"Das rettet mir doch gleich mal den Tag!"

Lesezeit: 3 min

An vielen Tankstellen in München ist das Benzin deutlich günstiger als am Vortag, der Andrang hält sich aber in Grenzen. Wie der Morgen nach der angekündigten Steuersenkung auf Sprit ablief.

Von Philipp Crone

Am Ende wird es dann an der Effnerstraße in Oberföhring doch noch emotional. Bis dahin allerdings geht es an den Münchner Tankstellen am Mittwochmorgen ziemlich routiniert zu. Eine Frage war ja: Wie wirkt sich die an diesem Tag in Kraft tretende Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe auf Preise und den Andrang an den Zapfsäulen aus?

Auf den Andrang um 7.48 Uhr an der Aral-Tankstelle in der Kapuzinerstraße jedenfalls noch nicht besonders. Da steht Markus Pausch, 44, neben seinem Auto an einer leeren Tankstelle und sagt: "Ich habe gar nicht an die Senkung gedacht, ich musste einfach tanken." So formulieren das viele an diesem Morgen. Bemerkt hat Pausch es dann allerdings schon. Am Dienstagabend stand die Anzeige für Super-Benzin noch bei 2,16 Euro, nun bei 1,93. Bis zu 30 Cent günstiger ist Benzin an diesem Morgen, aber das ändert am gewohnten Ablauf der Tankstellen nicht viel. "Es war in der Nacht und heute in der Früh schon etwas mehr los", sagt der Aral-Tankwart. Eine Mitarbeiterin kommt rein und fragt ihn verwundert: "Ist das Benzin heute billiger geworden?"

Das ist es, und zwar deutschlandweit. Die Steuerlast sinkt in den kommenden drei Monaten pro Liter Benzin um 35,2 Cent, bei Diesel sind es 16,7 Cent. Und die Frage, ob diese Reduzierung an die Autofahrer weitergegeben wird, kann am Mittwoch zunächst mit einem deutlichen Ja beantwortet werden. Die Senkung der Energiesteuer hat zu deutlich niedrigeren Spritpreisen an vielen Tankstellen geführt, heißt es von der Deutschen Presse-Agentur (DPA). Das zeige eine Schnellauswertung der Preise an rund 400 Tankstellen in München, Berlin und Hamburg im Zeitraum zwischen sechs und sieben Uhr mithilfe der Spritpreis-Daten des ADAC am Mittwoch. Zwar hätten nicht alle Tankstellen ihre Preise stark gesenkt, bei der überwiegenden Mehrheit ergab sich allerdings bereits wenige Stunden nach der Steuersenkung ein klarer Unterschied. Auch der Bundesverband freier Tankstellen geht davon aus, dass die Steuersenkung bei den Kunden ankommt. "Die Maßnahme scheint auf den ersten Blick weitestgehend weitergegeben worden zu sein", sagte der Geschäftsführer des Verbandes, Stephan Zieger.

Für Markus Pausch an der Tankstelle in der Kapuzinerstraße in München, der nach Haar zur Arbeit pendelt, ist Benzin allerdings ohnehin "immer teuer", wie er mit einem Lächeln sagt. "Viel zu billig" findet es hingegen die 33-jährige Frau Kleinschmidt eine Zapfsäule weiter. Auch sie kam wegen akuter Tank-Leere gerade angefahren, denn sie muss in die Arbeit "Richtung Augsburg", sonst arbeite sie aber meistens "umweltfreundlich im Homeoffice". Kleinschmidt rollt weg, ein SUV rollt an, die acht Zapfsäulen sind im Einsatz, aber Warteschlangen gibt es keine. Aus dem SUV steigt eine 48-jährige Frau, auch sie hat den Zeitpunkt nicht abgepasst, sondern wurde von der Warnlampe auf einen nötigen Tankstopp aufmerksam gemacht.

Das gleiche Bild eine Viertelstunde später an der Jet-Tankstelle in der Landsberger Straße hinter der Donnersbergerbrücke. Am Dienstag kostete der Liter Diesel noch 1,99 Euro, nun sind es sechs Cent weniger. Super-Benzin liegt bei 1,91 Euro und ist somit 27 Cent günstiger als am Vortag. An dem erlebte Jet-Tankwart Christian Hofmeister eine ruhige Schicht. "Gestern war natürlich keiner da", sagt der 64-Jährige. Eine Warteschlange gibt es an diesem Morgen bei ihm auch nur an der Kasse und nicht an den zwölf Säulen. Es sei zwar am Morgen mehr losgewesen als sonst, "aber die große Flut kommt erst noch am Nachmittag, am Morgen sind wir eher Coffee-Shop als Tankstelle". So ist das auch an der Shell-Tankstelle am Hirschgarten in Laim (Super: 1,92 Euro, Diesel 1,94). Maria Savova, 34, stellt ihren Smart ab und tankt, auch sie gehört zur Not-Halt-Fraktion. "Dass es günstiger wird, habe ich gar nicht gewusst, ich musste schlicht tanken." Das Bild ändert sich an weiteren Stationen dieser München-Rundfahrt nicht.

In der Total-Tankstelle an der Moosacher Straße ist zwar eine Warteschlange, allerdings vor der Waschstraße. Und auch sonst geht es recht ruhig zu, gerade auf dem Frankfurter Ring, auf dem sich Auto-Geschäfte und Tankstellen recht regelmäßig abwechseln. Shell hat in der Filiale an der Knorrstraße die Preise ein paar Minuten später schon wieder verändert, Diesel und Benzin kosten nun 1,94 Euro. Und aus diesem Grund kommt es dann in der Esso-Tankstelle an der Effnerstraße in Oberföhring auch zu einem kleinen freudigen Aufschrei.

Da hat Susanne Leitl aus Freising um exakt 9.16 Uhr ihren Wagen abgestellt und Benzin getankt. Als sie um 9.18 Uhr vom Zahlen zurückkommt, erklärt sie zunächst als routinierte Autofahrerin ("Bei uns auf dem Land fährt acht Mal am Tag ein Bus"), dass der Benzinpreis abends immer höher ist als morgens, was sich mit den Erfahrungen des Jet-Tankwarts Hofmeister an der Landsberger Straße deckt. Dann schaut Leitl noch einmal kurz rüber zur digitalen Preisanzeige, ruft: "Ha!" und deutet auf ihre Zapfsäule. Gerade ist der Preis für Super um acht Cent nach oben gesprungen, allerdings noch nicht bei ihr. "Das rettet mir doch gleich mal den Tag!" Diesen ungewöhnlichen Tag, der erste mit stark reduzierter Energiesteuer auf Benzin, und vielleicht auch nur der erste von vielen, an denen die Preise ziemlich stark schwanken.

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