Süddeutsche Zeitung

Null Acht Neun:Eine Ehrentafel für Kobold Markus

Lesezeit: 1 min

Die großen Münchner Künstler haben fast alle einen ehrenvollen Platz gefunden in der Stadt. Nun setzt der Ministerpräsident in aller Bescheidenheit ganz neue Maßstäbe, was die Erinnerungskultur angeht.

Glosse von Christian Mayer

Wie die beiden da so sitzen, der eine melancholisch und in sich versunken, der andere den schönen Dingen des Lebens zugewandt, mit Blick aufs Café Münchner Freiheit und die Frauen, die hier täglich vorbeigehen: Sie sind schon ein seltsames Paar, in dieser Doppelskulptur. Helmut Dietl kippelt gefährlich mit dem Tisch, den er mit der Fußspitze anhebt, während der Schauspieler Helmut Fischer ganz in der Rolle des Monaco Franze aufgeht. Ein bisserl was geht immer, auch wenn das Leichte manchmal besonders schwer ist, wie der Regisseur Helmut Dietl wusste. Seit vergangenem Sommer sind die beiden nun wieder vereint, als ewige Kaffeehausgäste mitten in Schwabing.

Die großen Münchner Künstler haben fast alle einen ehrenvollen Platz gefunden in der Stadt, allerdings sind die wenigsten Erinnerungsorte so verspielt wie das Denkmal an der Münchner Freiheit. An Wolfgang Amadeus Mozart, der einige Monate in einem Haus in der Burgstraße wohnte und komponierte, erinnert eine schlichte Tafel mit einem etwas verzopften Porträtkopf. Karl Valentin hat es besser erwischt, sein Geburtshaus in der Zeppelinstraße steht noch wie eh und je und verweist darauf, dass hier "Münchens grosser Volkssänger" geboren wurde. Selbst die Schriftstellerin Franziska zu Reventlow, einst gefeiert und geschmäht für ihren freigeistigen Lebensstil, hat in der Leopoldstraße nach zäher Suche eine persönliche Würdigung erhalten, allerdings nur an der Seitenwand eines Kaufhauses.

Insofern wurde es langsam mal Zeit, dass auch der Volksschauspieler Gustl Bayrhammer zu Ehren kommt, natürlich in seiner Paraderolle als Meister Eder, wobei der Pumuckl nicht fehlen darf. In der Widenmayerstraße 2, dem Drehort der legendären Fernsehserie, haben der Ministerpräsident und der Oberbürgermeister in dieser Woche eine Gedenktafel eingeweiht, Fotografen waren ausdrücklich erwünscht. Und damit bloß keiner vergisst, wer der größte Pumuckl-Versteher im Land ist, hat sich Markus Söder in seiner unendlichen Bescheidenheit gleich selbst mit auf die Platte eingravieren lassen, mit Namen, Doktortitel und bayerischem Staatswappen.

Das ist jetzt schon sehr lustig, geradezu aberwitzig. Eine Ehrentafel für den großen Kobold Markus, und das schon zu seinen Lebzeiten? Setzt in München ganz neue Maßstäbe, was die Erinnerungskultur angeht. Vielleicht könnte man im Gegenzug auch ein Schild an der Staatskanzlei anbringen mit dem Pumuckl-Ausspruch: "Pünktlich wird Radau gemacht: von morgens sieben bis halb acht." Das wäre dann zumindest konsequent.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5826762
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.